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27.04.2008 15:55:17
Wildes Leben (#9982)
Hrunar
Wild schäumt das Meer, das Schiff scheint in den Himmel gerissen zu werden, nur um wieder in den gierigen Schlund des Meeres zurück zu fallen.
Ihr ausgemergelter Körper war an dem Mast festgebunden. Sie hatte sich selbst daran gefesselt um auch nur ja nicht einen Atemzug der Wildheit dieses Unwetters zu verpassen.
Sie liebte die Elemente, liebte deren Unvorhersehbarkeit, ihre Unergründlichkeit, ihre Unbeherrschbarkeit, ihren Trotz gegen jede Unterwerfung.
Für ihre kleine unbändige Seele waren sie ein treffendes Spiegelbild ihres Seins.
Zeigte sie anderen nur ihren wolkenlosen strahlend blauen Himmel konnten in ihrem Innersten solche Stürme, wie der jetzige gleichzeitig toben, oder ein Flächenbrand alles und jeden hinwegschmelzen, oder ein türkisener Eispanzer legte sich schützend um ihre Gefühle, oder ihre nackten Füsse trieben Wurzeln bis tief in die Erde um deren Wärme und Kraft in sich zu saugen.
Nein, sie war noch nie einfach nur eine kleine Hin.
Verbunden mit vielen Schicksalen, verbunden mit unermesslichem Leid, das die Freuden am Leben doppelt erstrebenswert erscheinen ließen, lebte sie in ihren kurzen Lebensjahren mehr Leben, als ein Elf bis zu seinem gesegneten Sterbebett.
Ihr war das bewusst. Und wie der Blitz grausam und unberechenbar das Land versenkte, oder das Meer zum Kochen brachte, so schlugen für sie auch immer wieder die Schicksale zu, die sie eine neue Identität annehmen und ein neues Leben beginnen ließen.
War sie jemals irgendwohin zurück gekehrt?
Zu Freunden, Bekannten, Familie?
Nein.
Ein neues Leben ließ das nicht zu.
Ein Leben sollte nach vorne gelebt werden, nicht nach hinten.
Wieder wird das Schiff eine Welle hoch gerissen. Der Steuermann kämpft dafür die Welle zu nehmen.
Sie lächelt leicht. Er ist stark und dickköpfig genug, wahrscheinlich war dies nicht sein erster Kampf.
Erinnerungen huschen wie die schwarzen Wolken vor ihrem inneren Auge dahin, wie der Blitz, kurz beleuchtet eine ihr unheimliche Szenerie:
- die Dornenfrau geht einfach durch das Hindorf, ihre eigene Warnung an die Umstehend verklingt ungehört
- die Elfen lassen sich von der Dornenfrau auf offenem Weg bedrohen und lassen sie gehen
- ein Halbdrow und ein Gedankenschinder werden ins Dorf der Gnome geladen
Entsetzten schüttelt sie bei diesen Bildern mehr als der eisige Dauerregen.
Auf dieser Insel geht vieles nicht mit rechten Dingen zu. Ihrem Gefühl nach ist sie so, wie es gerade für sie aussieht, auf dem Weg in den Untergang.
Kurz wägt sie nochmal ab, wohin sie hätte gehen können.
- Mirhaven? Diese Stadt beherbergte keine Halblinge. Ihr Klerus versteckt sich vor einer Nekromantin. Nein, sie brauchte auch starke Gesellschaft nicht nur Feiglinge.
- Hohenbrunn packiert mit dem Bösen. Ausgeschlossen für sie, dort zu bleiben.
- Elboria? Nicht mit den Elfen, die eine offensichtliche Gefahr gehen liess, anstatt sie zumindest festzusetzen.
- Das Dorf der Barbaren? Sie ist eine Leichtfuss, kein Starkherz.
Wieder schüttelt sie den Kopf und sieht dem nächsten Wellentief entgegen.
Adrenalin schiesst durch ihren Kürper.
Sie jauchzt auf.
DAS ist Leben. Immer vorwärts!
Nie nach hinten sehen.
Immer weiter.
Nass bis auf die Haut dreht sich der Steuermann zu ihr um. Seine Augen blitzen voller Leben, voller Wildheit und Entschlossenheit trotz seines harten Kampfes.
Hin und Mann nicken sich zu.
Über den ohrenbetäubenden Sturm klingt ein helles und tiefes herzliches Lachen.
DAS ist Verbundenheit.
Nur für einen Augenblick.
Doch der zählt mehr als 1000 Jahre.