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13.06.2014 22:20:12
[Lynn] ..und da begann das Leben. (#77509)
IceRayne
[i]Ich muss vermutlich nicht sagen, dass ich ihm am liebsten um den Hals gefallen wäre.... umso mehr überraschte mich, dass er sich an dem Dreck wohl nicht zu stören schien und dennoch... gab ich dem Drang nicht nach. Die Tage, in denen ich fort war, waren ereignisreicher als so mancher Mond den ich hier schon verbrachte. Und manches Mal schienen sie endlos lang zu sein, denn ich fand nur schwer Ruhe; beschwert von Gedanken, die wie Messerstiche waren.

Kaum hatte ich das Schiff bestiegen und das zu dem Zeitpunkt ruhige Gewässer Amdir's verlassen, segelten wir geradewegs in einen Sturm. Jeder musste mit anpacken – zumindest jeder, der gerade nicht damit beschäftigt war sich die Seele aus dem Leib zu speien. Die ganze Nacht über stürmte es, grelle Blitze zuckten vom düsteren, wolkenverhangenen Himmel und der Donner erklang einem wütenden Brüllen gleich, als wolle er uns nicht passieren lassen. Und doch überstanden die meisten den Sturm recht unbeschadet.
Als die Nacht vorüber war, wurde ich von ein paar Sonnenstrahlen geweckt, die sich durch die Wolkendecke bohrten, bis diese schließlich aufriss und wir mit frischem Wind in den Segeln unseren Weg sicher fortsetzen konnten. Erst da bemerkte ich, dass meine Handflächen vom vielen Zerren an den Tauen schmerzten und aufgerissen waren. Solch eine Arbeit ist eben nichts für zarte Elfenhaut. Der Rest der Schiffsreise war nicht sonderlich erwähnenswert. Ich freundete mich mit einem Kartenspieler an, der mir noch so manches Spiel beibrachte und machte mich ansonsten nützlich, wo ich nur konnte. Immerhin musste man die Zeit ja irgendwie abreißen.

Schließlich war ich in Lautwasser angekommen. Durch Artes' Schreiben war der Weg wirklich nicht mehr als ein Katzensprung und die Reise so unbeschwert wie nie. Jedoch kaum dass ich dort ankam, wurden mir abgesehen von einer überaus herzlichen Begrüßung, auch schon schlechte Nachrichten überbracht. Mein ehemaliger Hauptmann lag bereits im Sterben und kämpfte wohl nur mehr mit letzten Kräften gegen den Tod. Irgendwie musste ich schmunzeln, als ich ihn sah. Das pechschwarze lange Haar, war inzwischen schneeweiß geworden, seine grünen Augen waren ein Stück weit ergraut und dennoch sah man ihm noch immer die Stärke an, mit der er mich früher immer zu beeindrucken wusste. Vaughn war ein guter Mann und man konnte sich glücklich schätzen, ihn bei sich zu wissen. Meine Loyalität ihm gegenüber stand nie in Frage und das würde sie auch nie. Dort, wo seine Klinge einschlug, blieb nichts in einem Stück – das hatte ich schon am eigenen Leib erfahren. Jedoch im Zuge eines Unfalls und nicht in böswilliger Absicht. Und nun lag dieser Berg von einem Mann so schwach und zerbrechlich vor mir. [b]„Ich werde weder alt, noch werde ich schwach!“[/b] … waren immer seine Worte und ich hatte ihm immer gesagt, er würde schon noch sehen, dass ihm weiße Haare gut stehen würden.
Wir wechselten einige Worte, die ganze Nacht lang saß ich an seinem Bett und redete mit ihm. Über alte Zeiten, alte Freunde, alte Liebe. Vaughn war immer wie ein Bruder für mich, kaum war jemand fremdes in meiner Nähe, stand er schon neben mir und verscheuchte unliebsame Verehrer, die ihm nicht gepasst hatten. Er hatte ein Gespür für schlechte Menschen.
Als die Nacht vorüber war und die ersten Sonnenstrahlen sein weißes Haar aussehen ließen wie flüssiges Gold, überreichte er mir seine Klinge, einen Brief und sein Amulett...er lächelte mich ein letztes Mal mit diesem verschlagenen Blick an und schloss die Augen um zu schlafen. Für immer....

Wir trugen ihn zu Grabe, als der nächste Abend dämmerte. Es herrschte recht ausgelassene Stimmung, es wurde gelacht, alte Geschichten erzählt und so mancher Scherz über den entschlafenen Hauptmann gemacht. Ganz so, wie er es sich immer gewünscht hatte und eben so, wie er es wünschte, sang ich an seinem Grab. Ich bereue dass ich nicht mehr Zeit bei ihm und der Truppe verbracht habe und doch... führte mich mein Weg eben woanders hin.


Nur wenig später hatte ich Lautwasser wieder verlassen und machte mich auf, um noch einen weiteren Freund zu besuchen. Immerhin hatte ich es ihm versprochen vorbeizukommen, sollte ich in der Nähe sein. Und... wie hätte es auch anders sein können – ich brauchte nicht einmal zu klopfen, da flog mir schon der erste Pfeil um die Ohren. Dieser ausgefuchste Hund! Irgendwann erschießt er wirklich noch jemanden versehentlich! Er stand einfach da und lachte mich aus als ich den Pfeil aus seiner Tür riss um ihn nach ihm zu werfen. So wie er es immer getan hatte. [b]„Na wenn das mal nicht die Kleine mit dem fiesen Tritt is'!“[/b] Bekam ich zu hören. [b]„Was führt Dich denn in dieses verdreckte, trostlose Stück Land, an dem nich' mal 'n alter Mann wie ich seine Ruhe vor spitzohrigen, versoffenen Weibern wie Dir hat?“[/b] ...wie sehr mir doch diese Stimme fehlte. Wie ein dröhnendes Trommeln und doch so samtig und rau, dass man ihr stundenlang lauschen konnte. Das war ganz normal für Gabriel – liebevoll „Gabi“ genannt – das hasste er wie die Pest. Und genau deshalb wurde er von fast allen so genannt. Ich verbrachte ein paar Tage in seiner Gastfreundschaft und schließlich eröffnete er mir, dass er einen Auftrag für mich hätte – ein letztes Mal. Quasi um seine Ehre wiederherzustellen. Immerhin war er inzwischen auch schon in die Jahre gekommen und hatte nicht mehr die Ausdauer, um es selbst zu tun. Ich willigte ein und machte mich bald darauf auf den Weg.

Der Auftrag war schneller beendet als ich dachte. Nicht einmal zwei Tage war ich unterwegs, da konnte ich Gabi auch schon bringen, wonach er begehrte. Und dann fing sein übliches Spiel wieder von vorn an. Jedes Mal, wenn ich ihn besuche, will er mich nicht mehr gehen lassen. Macht mir Geschenke, die ich nicht annehmen kann und ist bereit nahezu alles zu tun, dass ich „nur noch einen Tag länger bleibe“. …. aus dem dann mit einem Mal wieder ein ganzer Mond wird, weil ich schlichtweg irgendwann die Zeit vergesse. Aber es tat gut, ihn wiederzusehen. Ebenso wie meine alte Söldnertruppe. Immerhin waren sie fast alle noch am Leben – das hat schon was zu bedeuten in diesem Geschäft. Und Gabi war... nun... mal war er dabei, mal nicht – und irgendwann zog er sich an einen vollkommen abgelegenen Platz zurück, wo er allein sein konnte. Da hauste er tatsächlich nach all den Jahren noch immer. Als erfahrener Jäger war das für ihn jedoch kein Problem. Gab es etwas, das keiner konnte oder sich keiner traute – brauchte man nur Gabriel zu fragen und es war schon so gut wie erledigt.

Wie immer schaffte es dieser ausgefuchste Charmebolzen natürlich, meine Rückreise zu verzögern. Im einen Moment hatte ich alles zusammengepackt, war im nächsten Augenblick als ich mich umdrehte wieder etwas verschwunden, ohne das ich nicht abreisen konnte. Schließlich aber gab der Blondschopf es auf und ließ mich ziehen. Jedoch nicht ohne mir etwas in mein Gepäck zu schmuggeln, dieser Hund! Ein paar Rabenfedern, an denen ein kleiner, silberner Ring mit blauem Stein hing; dazu die Worte [b]„Wehe Du tanzt nicht auf dem hässlichen Grab meiner hässlichen alten Visage wenn's mal so weit kommen sollte![/b]“ ...tja... was hatte ich von ihm auch anderes erwartet? Ein liebenswerter Kerl, dem man kaum etwas abschlagen konnte. Und so trat ich meine Rückreise an...[/i]