17.03.2013 12:04:05 | [Frauke Sjornold] Ewiges Eis (#68887) |
Varulfen | (([u]OOC-Vorwort:[/u] In diesem Thread wird nach und nach die Hintergrundgeschichte von Frauke Sjornold gepostet. So ziemlich alles davon ist OOC-Wissen und hat im RP nichts zu suchen, außer es kommt von Frauke selbst, was recht unwahrscheinlich ist, da sie auch nicht alles davon weiß. Wer sich jedoch nicht spoilern will, sollte diesen Thread (und dieses Unterforum ;) ) lieber meiden. Noch ein Warnung: Auch wenn ich mich in der Darstellung und Beschreibung von Sex- und Gewaltszenen sehr zurückgehalten habe (imo dürfte da alles noch sehr viel düsterer und böser sein), mag es dem einen oder anderen vielleicht immer noch nicht so gefallen. Wenn ihr lieber von Blümchen und so hören wollt, wendet euch an Sara, nicht an Frauke! Die ganze Geschichte ist bereits geschrieben und ich versuche sie regelmäßig zu posten.)) [u][b]Ewiges Eis[/b][/u] [i][b][u]Teil 1: Sonnenuntergang im Eiswindtal[/u][/b][/i] [b]Kapitel 1.1: Abenddämmerung[/b] Lait’Anar machte die zunehmende Kälte des Eiswindtals nur wenig aus. Sie hatte am Morgen einen Zauber der Energieimmunität gesprochen und genug Komponenten dabei, um dies auch noch einige Male zu wiederholen. Genug hoffentlich, bis sie im Bereich von Zehnstädten angekommen waren. Und dort würde sie neue Komponenten kaufen können, für die weitere Reise. Je weiter sie kamen, desto mehr schien das eisige Klima dem Trupp zuzusetzen. Die Menschen hatten Pferde genutzt, ihre Last zu tragen, aber auf Rat ihres Führers wurden diese vor dem Pass gegen kleinere, aber umso tüchtigere Ponys ausgetauscht, die nun Proviant und Ausrüstung trugen. Lait’Anar trug ihren Teil selbst, dazu war sie sehr wohl in der Lage und sie würde sich vor den Menschen keine Blöße geben. Daheim in Silbrigmond war es einfacher gewesen, dort gab es weniger Vorurteile, weniger Gespött und weitaus mehr Respekt. Diese Menschen aber waren ständig betrunken und grob. Sie hatten sogar Wetten abgeschlossen, wie weit es die Elfe auf ihren eigenen zwei Beinen schaffen würde. Sie zuckte zusammen, als ein sanfter, doch trotzdem irgendwie schmerzhafter Stoß durch ihren Bauch fuhr und schon lagen sanfte Arme um sie, stützten sie und wärmten ihre blaue Haut. Sie wandte den Kopf. „Largo.“, keuchte sie leise. Largo lächelte ihr zu. „Ist alles in Ordnung, meine Liebe?“ Seine Stimme war sanft und tief, beruhigend wie immer. „Es geht schon.“, sprach sie leise, „Es war nur ein kleiner Tritt.“ Seine Hand fuhr über ihren gewölbten Bauch, doch sie rappelte sich schon wieder auf und schritt mit erhobenem Haupt voran. Vor Largo konnte sie es, doch vor den anderen würde sie sich keine Blöße geben! Man hatte sie gewarnt vor den Gefahren und nun verstand sie warum. Lait’Anar blickte zum Höhleneingang, von dem aus kein Licht nach innen zu scheinen vermochte. Zu dicht war die Wand aus Schnee und Eis, die in gewaltigem Tempo vorüber fegte, alles mit sich riss, was die Finger des Windes greifen konnten. Wie zwei der Ponys. Eines davon hatte einen Teil von Largos Ausrüstung getragen. Natürlich waren sie auf sowas vorbereitet gewesen, aber dennoch, es waren teure Geräte, die nun im ewigen Eis verloren waren. Largo stampfte ungeduldig auf den Boden. So war er immer, wenn etwas nicht lief, wie er es geplant hatte. Schon sein Vater war so gewesen und wie sie daran dachte, fiel der Mondelfe wieder auf, wie viel die zwei doch gemeinsam hatten. Schon Vertan, Largos Vater, hatte sie geliebt, als sie noch ein Kind war. Er war ihre erste große Liebe gewesen. Und ihr erster großer Verlust. Nie würde sie die Worte vergessen, die er nach ihrem eilig gehaspelten Geständnis zu ihr sprach und immer noch spürte sie den Stich im Herzen, wenn sie daran dachte. Besonders, wenn sie Largo dabei ansah. „Ich kann dich nicht heiraten, du bist noch ein Kind!“ Drei Tage lang hatte sie geweint, drei Tage lang nicht gegessen und sich geweigert mit irgendwem zu sprechen. Dann hatte sie herausgefunden, dass Vertan eine Freundin hatte. Ein Jahr später hatten sie geheiratet. Drei Jahre später kam Largo zur Welt und dieses Mal würde sie bekommen, was sie wollte. Als sie daran dachte, wie sie als Amme in Vertans Haus gearbeitet hatte, den kleinen Largo fütterte und seine Windeln wechselte, konnte sie das Gewicht des Säuglings noch spüren. „Weinst du?“ Sorge und immer noch ein wenig Zorn schwangen in der dunklen Stimme mit und als sie zu ihm herauf lächelte, spürte Lait’Anar die Träne auf ihrer Wange. „Nein, es ist nur die Kälte.“ Und die Erinnerungen, doch das würde sie vor den anderen nicht aussprechen. Trotz des Feuers war die Träne schon gefroren. Largo wandte sich wieder ab, er diskutierte mit den Männern, schimpfte, als würde das den Schneesturm schneller enden lassen. Ihre Gedanken glitten wieder ab. Sie dachte an ihre Eltern, auf die sie nie gehört hatte. Nicht zu ihrer Hochzeit, als sie sagten, sie wäre noch zu jung, nicht als sie mit Largo zusammen zog, nicht, als sie aufbrach, um ihm bei seiner Feldstudie zu unterstützen. All die Jahre und sie wäre immer noch nicht weiser geworden. Das waren nicht die Worte ihrer Eltern, das waren Vertans. Sie alle waren dagegen gewesen, dass sie diese Reise antrat, dass sie schwanger war, war nur einer der vielen Gründe gewesen, aber keiner wollte ihr glauben, dass sie es konnte. Sie hatte es ausgerechnet, soweit man konnte. Sie wusste, dass das Kind auf keinen Fall kommen würde, bevor sie schon zwei Zehntage in Zehnstädte angekommen waren und von dort aus konnte sie Largo gut genug unterstützen. Wahrscheinlich würde es ohnehin noch länger dauern, sie war vorbereitet! Und sie war erschöpft. Sie fragte sich, ob der Sturm wohl noch lange genug andauern würde, sich der Traumruhe hinzugeben. |
18.03.2013 12:55:51 | Aw: [Frauke Sjornold] Ewiges Eis (#68909) |
Varulfen | [b]Kapitel 1.2: Dunkelheit[/b] Die kurze Suche nach den Ponys und ihrer Last war vergeblich gewesen. Bestimmt waren sie tief unter dem neuen Schnee vergraben, der sie jetzt am Vorankommen hinderte. Die Reise wurde immer beschwerlicher, jeder Schritt fordernder und immer mehr nagte in ihr das Gefühl, dass alle anderen vielleicht recht gehabt hatten. Largo war vorne und versuchte mit seiner Magie zu helfen, den Weg einfacher zu machen. Sie lief hinten, langsam, Schritt für Schritt, hielt sich den Bauch, der immer schwerer zu werden schien. Wie lange noch, bis sie sich selbst eingestehen musste, dass sie Hilfe brauchte? Selbst die Blicke der anderen Männer waren mittlerweile sorgsamer, doch keiner schien es zu wagen, die störrische Mondelfe anzusprechen. Sie wusste nicht, wie lange sie schon unterwegs waren, sie konnte die Sonne hier nicht lesen, zu erschöpft von allem. Der Wind wurde wieder stärker und ihr Führer sprach die deutliche Sorge aus, sie könnten einen weiteren Schneesturm erleben, so hielten sie Ausschau nach einer Höhle oder einem anderen Unterschlupf. Als der Himmel sich wieder verdunkelte, hatten sie schließlich keine Wahl mehr. Die Höhle mochte sie vor dem Sturm gerettet haben, aber Lait’Anar fürchtete, Angararadh hatte sie verlassen. Nicht lange, nachdem sie ein Feuer entzündet hatten, zeigten sich die Eigentümer ihres Unterschlupfes. Gewaltige Schneebären, ihre Pranken so groß wie der Kopf eines Menschen. Grade so konnten sie die erste der Bestien töten, Lait’Anar schaffte es sogar sich genug zusammenzureißen, um ein magisches Geschoss auf das Wesen abzufeuern, das grade seine Pranke gegen Largo erhoben hatte. Dann wurde ihr schwarz vor Augen… Als sie erwachte, spürte sie warme, feuchte Luft über ihrem Gesicht, sie öffnete die Augen, so weit sie konnte und erblickte eine riesige Bärenschnauze. Die Bestie schnaubte noch einmal, dann wandte sie sich ab. Lait’Anar zwang sich still liegen zu bleiben, auch wenn ihr ganzer Körper vor Kälte schmerzte und langsam taub wurde. Der Zauber hatte nachgelassen, stellte sie fast ruhig fest, dann schaffte sie es den Kopf zu drehen. Es war vorbei. Die Seldarine hatten sie verlassen. Sie alle waren tot! Auch Largo. Mit jeden Schlag schmerzte ihr Herz mehr, mit jedem Schlag ihre Herzens fuhr die mächtige Pranke eines der Bären auf seinen toten Leib herunter, färbte das Eis um ihn herum in immer tieferes Rot. Sie konnte nicht weiter zusehen und zwang sich, den Kopf abzuwenden, während ihre Gliedmaße nun vollends taub wurden. Den Höhleneingang konnte sie von hier noch sehen und immer noch war dort nur eine Wand aus Sturm und Schnee. Mit einem Mal nahm sie eine Bewegung neben sich wahr, eine Gestalt näherte sich ihr, doch viel zu leise für die großen Bärenpranken. Nur die Augen schaffte sie noch in diese Richtung zu drehen und erblickte ein Antlitz, wie das eines Elfen, oder eines Menschen, doch irgendwie keines von beidem. Wie ein Geist erschien es ganz in weiß, langes weißes Haar umspielte einen schmalen weißen Kopf auf einem schmalen weißen Oberkörper. Das Wesen blickte sie direkt an, wandte den Kopf nur für einen Augenblick zu den Bären und machte sich dann daran, sie aufzustützen. Die Bestien schienen sich nicht im Geringsten daran zu stören, während sie ihren Hunger an den anderen Mitgliedern der Expedition stillten, ihre Knochen zwischen gewaltigen Kiefern zermahlten. Der Anblick des grausamen Schauspiels raubte der Elfe abermals das Bewusstsein. Als sie wieder zu sich kam, saß sie auf dem Gipfel eines Berges. Grade über dem Sturm, so schien es, der unter ihnen über das Tal ringsum tobte. Die Gestalt stand neben ihr, dahinter ein Ross, ebenso schneeweiß wie das Wesen selbst. Als sich sein Mund öffnete, sprach es Sylvan, die Sprache der Feen, die Lait’Anar bisher nur aus dem Unterricht kannte: „Die Frostmaid hat dich verschont und dein Leben gehört nun ihr.“ Auch, wenn Stimme und Sprache ebenso melodisch wie fremdartig waren, waren sie doch hart und voller Kälte. „Nein!“, antwortete sie in der selben Sprache, mehr brachte sie nicht heraus. Das Wesen schien enttäuscht und es antwortete erst nach einigen Momenten. „Gnade wird sie dir keine gewähren, wenn du ihren Willen missachtest.“ Mit diesen Worten trat er vor und sein Fuß traf ihren Unterleib mit einer Wucht, die man einem solchen Wesen kaum zugetraut hätte. Der Schmerz ließ sie keuchen, einen Moment wurde alles um sie herum schwarz und sie krümmte sich zusammen. Dann spürte sie etwas Feuchtes in ihrer Hose. „Wer den Willen der Frostmaid missachtet, wird spüren, wie kalt der Winter werden kann.“ Ohne Mitleid schaute die Gestalt auf sie herab, während Schmerz um Schmerz krampfartig durch ihren Leib fuhr. Lait’Anar bekam nicht mehr mit, wie das Wesen auf das Pferd stieg und durch die Luft in den Sturm ritt. Sie spüre nur noch Schmerz. Schmerz und Kälte. Frauke. Largo hatte den Namen ausgesucht, falls es ein Mädchen war, wenn es ein Junge gewesen wäre, hätte sie den Namen ausgesucht. Wie durch ein Wunder überlebte die Elfe die Geburt im Schnee, ganz allein auf dem Gipfel eines Berges, während der Sturm um sie tobte. Und als der Schmerz sich legte, zeigte sich die Sonne zurück und ihr Licht schien sogar die Kälte ein wenig zurückzutreiben. Als sie den Weg nach unten antrat, hatte sie das neugeborene Kind in den Großteil ihrer Kleidung eingewickelt. Von irgendwoher hatte sie es sogar noch geschafft, genug Kraft für einen Zauber zu sammeln, mit dem sie sich selbst eher dürftig schütze. Lange würde es nicht reichen. Sie hatte einmal davon gehört, dass Mütter gewaltige Dinge zustande brachten, um ihre Kinder zu schützen und sie war sich sicher, dass dies so eine Sache war. Sie drückte das Bündel an sich und stapfte vorwärts. Es gab keine andere Richtung mehr. Nur vorwärts. |
19.03.2013 16:05:53 | Aw: [Frauke Sjornold] Ewiges Eis (#68937) |
Varulfen | [b]Kapitel 1.3: Stille Nacht[/b] Frauke war eingeschlafen, vor Stunden schon. Ganz ruhig lag sie da in ihrem Bündel. Sie mussten weiter. Nichts war zu sehen, vor oder hinter ihnen, als weiße Schneewüste überall. Weiter. Die Sonne wurde nach und nach von grauen Wolken verdeckt, die sich mit der Zeit über den ganzen Himmel erstreckten. Immer weiter. Lait’Anar wusste nicht, wie weit ihre Füße sie noch tragen würden, wie lange sie noch durchhalten konnte und auch nicht, welcher Gefahr sie sich als nächstes stellen musste, für sie zählte nur eine Sache. Sie mussten weiter! Wieder versank die Sonne am Horizont und die Kälte wurde noch schlimmer. Im Dunkel war das Weiß des Schnees kaum mehr als ein Grau. Elfen konnten im Mond- und Sternenlicht fast so gut sehen wie ohne und der Schnee machte nochmals alles heller. Immer weiter vorwärts. Sie spürte ihre Beine schon gar nicht mehr und trotzdem trugen sie sie weiter durch den Schnee. Frauke schlief immer noch. Sie war noch nicht wieder aufgewacht seit sie vom Berg herabgestiegen waren. Weiter. Auch die Nacht lief sie durch, kämpfte sich durch den Schnee, ohne anzuhalten. Eine Ewigkeit schien es her zu sein, dass die anderen, dass Largo von den Bestien getötet wurden, doch es war keine Ewigkeit, es war nur ein Tag, vielleicht zwei, und sofort wurde ihr übel, als sie an das Geschehene dachte. Ihr Magen krampfte sich zusammen, sie musste sich übergeben. Schnell und doch vorsichtig legte sie Frauke zur Seite, bevor sich das Nichts aus ihrem Magen entleerte, nur ein paar Tropfen bitterer Flüssigkeit schafften es ihren Hals hinauf und das erste Licht der Sonne brachte die Farben des Tages zurück. Wenn es denn Farben geben würde, außer dem endlosen Weiß des Schnees, ihrer blauen Haut und Fraukes rosiger… Mit diesem Gedanken hatte sie sich zu dem Bündel umgedreht, in dem Frauke lag, eingewickelt, eingeschlafen und an dieser Stelle brach der Gedanke ab, denn Fraukes Haut war fast ebenso blau wie ihre eigene. Regungslos lag das Neugeborene da. Sie würde nicht wieder aufwachen... Lait’Anar fiel vor dem Bündel auf die Knie, sie wollte weinen, doch keine Träne schaffte es, sich aus ihren Augen hervorzudrängen, was sie fühlte war nur noch Leere. Largo war weg und nun war Frauke auch weg. Es gab nichts mehr. Dieses Tal hatte ihr alles genommen. Während in stiller Trauer ihr Geist langsam aus dem Diesseits schleichen wollte, bemerkte sie nicht die Rufe und Schritte, die langsam immer näher kamen. Als sie wieder zu sich kam, war es warm. Zuerst konnte sie die Augen nicht öffnen, zu schwer waren ihre Lieder, zu groß die Angst vor neuem Übel, das nur auf sie gewartet hatte. Alles schmerzte ihr und sie konnte Arme und Beine kaum bewegen. Aber sie hörte Stimmen, Stimmen und Geräusche, das Prasseln eines Feuers. Im Stillen verfluchte sie jeden Gott, der es wagen konnte, sie nun zu retten, nachdem ihr alles genommen wurde. Finger mit einer rauen Hornhaut griffen nach ihr, nach ihrem Augenlied und auch wenn sie sanft vorgingen, schmerzte es doch irgendwie, als sie ihre Augen zwanghaft öffneten. Sie blickte in das Gesicht einer runzeligen, alten Frau. Eine Menschenfrau. Die Alte grinste ihr zu und sprach langsam auf sie ein. Lait’Anar verstand kein Wort, sie hörte nicht einmal richtig zu, sie wollte gar nicht zuhören. Sie wollte nur die Augen schließen und alles rückgängig machen. Niemals wollte sie Largo auf der Reise begleitet haben, ihn sogar davon abhalten, aufzubrechen. Ja, dann wäre alles noch in Ordnung, so hätte es sein sollen! So hatten es ihr alle geraten… „…und dann werden wir sehen, wie nützlich du dich machen kannst, Spitzohr.“, beendete die Alte ihre krächzende Ansprache. Ächzend erhob sie sich und schritt davon. Lait’Anar versuchte wieder Arme und Beine zu bewegen, neuer Schmerz fuhr durch all ihre Gliedmaßen. Immer wieder versuchte sie es, auch wenn es noch so weh tat und irgendwann schien sie Erfolg zu haben. Sie spürte, wie ihr rechter Arm langsam über das grobe Fell ihrer Liege rutschte und dann mit einem Ziehen am Handgelenk zum Stillstand kam. Sie versuchte den Kopf zu drehen, um herauszufinden, wie gut sie den Arm wirklich bewegen konnte und neuer Schmerz durchfuhr sie, dieses Mal vom Nacken aus bis hoch in den Kopf und den Rücken hinab, stechend und scharf, dann brennend. Doch sie schaffte es, den Kopf weit genug zu drehen, dass sie ihren Arm aus dem Augenwinkel beobachten konnte. Und die Schlinge um ihr Handgelenk, von der aus sich ein Seil zu einem fest aussehenden Brett schlang. Sie war gefesselt. Der Schrecken ließ sie den Schmerz fast vergessen, als sie sich im Zelt hastiger umsah und das Zeichen eines schwarzen Raben sah. Ein Zeichen, vor dem man sie gewarnt hatte, noch bevor sie aufgebrochen waren. Sie war in der Hand von Barbaren. |
20.03.2013 12:56:43 | Aw: [Frauke Sjornold] Ewiges Eis (#68956) |
Varulfen | [b]Kapitel 1.4: Ein neuer Tag, ein neuer Abend[/b] Mehrere Tage verbrachte sie in dem Zelt. Nach dem ersten Tag wurden ihre Fesseln los gemacht und man erklärte ihr, dass ein Fluchtversuch nur den Tod mit sich brachte. Entweder wurde sie erwischt oder das Eiswindtal erwartete sie. Am zweiten Tag halfen ihr Frauen, aufzustehen und sich zu bewegen. Jedoch war keine von ihnen besonders freundlich zu Lait’Anar. Am dritten Tag wurde ihr neue Kleidung gebracht, sie musste sich selbst anziehen und ihr wurde erklärt, sie dürfe das Zelt nun verlassen, draußen wartete der Anführer des Lagers auf sie. Die Kleidung war ihr viel zu weit. Die letzten Tage hatte sie kaum gegessen, aber das war nicht der einzige Grund. Sie war einfach viel schmaler und zierlicher als all die Frauen der Barbaren. Trotzdem schaffte sie es irgendwie, dass die Kleidung ihr am Leib hielt. Mit zittrigen Armen und Beinen trat sie aus dem Zelt und wurde sofort von der Kälte des Tals begüßt. Das Licht wurde grell vom Schnee reflektiert, dass sie zuerst gar nichts sah, dann bildeten sich mehrere Schemen vor ihr, die nach und nach zu einzelnen Personen wurden. Trotz der Kleidung fror sie sofort und begann zu schlottern. Ein besonders stämmiger Mann mit dichtem Bart und ebenso dichten Augenbrauen betrachtete sie eine Weile lang, ohne ein Wort zu sagen, dann wandte er sich an ein paar Frauen, die in der Nähe standen. Seine Stimme donnerte ebenso tief und voll wie die von Largo, jedoch nicht ruhig und sanft sondern hart und kalt: „Zeigt ihr die Arbeiten und seht, was sie kann.“ Dann wandte er sich schon wieder ab und schritt davon. Die Frauen schienen gar nicht glücklich zu sein und starrten sie finster an, dann bedeutete man ihr mit einer Handbewegung zu folgen. Zitternd stolperte sie hinterher. Dann ging es auch schon an die Arbeit. Tiere Häuten, aus Knochen, Fellen, Sehnen und anderen Dingen Werkzeuge und Waffen herstellen, natürlich war sie in alledem nicht besonders gut, zumindest nicht auf menschliche Weise. Nach ein paar Versuchen konnte sie Knochenmesser kunstvoll herstellen, aber sie brauchte fast einen ganzen Tag dafür, während die anderen Frauen die Arbeit wesentlich schneller verrichteten. Jeweils nur wenige Tage machte sie jede Arbeit, dann wurde sie für nutzlos erklärt und weitergegeben. Etwa zwei Zehntage lang ging es so, dann hatte sie alle Arbeiten der Frauen im Lager ausprobiert. Man wollte sie nirgends haben. Den nächsten Tag brachte man sie in ein eigenes, kleines Zelt. Hier warteten eine größere Liege und leichtere Kleidung auf sie, die schweren Felle scheuerten schon seit Anfang an auf ihrer Haut. Sie wusste nicht, warum man ihr dieses Zelt gegeben hatte, keiner sprach zu ihr, ebenso wie sie selbst zu niemandem ein Wort sagte. Die feinere Kleidung jedoch nahm sie mit Freuden zur Kenntnis, hier im Zelt war es warm genug, die schweren Felle abzulegen, so zog sie sich hastig um. Sie war noch gar nicht ganz fertig, als ein Mann aus dem Lager ihr Zelt betrat, stumm musterte er sie, während sie sich eilig verneigte, es war besser Respekt zu zeigen vor jemandem, der einem Kleidung, Nahrung und Unterkunft gewährte und außerdem stark genug war, einem mit einer Hand das Genick zu brechen. Vielleicht wäre es sogar möglich, den Barbaren ihre Macht zu zeigen, wenn sie an genügend Zauberkomponenten kam, sie könnte sie sicherlich überzeugen, dass sie damit tatsächlich nützlich war! Der Mann aber grunzte nur und griff ihren Arm. Dann den anderen. Sein Kopf schnellte vor und blieb kurz vor ihr stehen und gierig zog er Luft durch die Nase. An diesem Tag erfuhr Lait’Anar die Bedeutung der großen Liege. Und sie erfuhr, dass jeder im Lager für sein Essen arbeiten musste. Und wenn sie schon nichts anderes konnte, würde sie die Männer bei Laune halten, ob sie wollte oder nicht. Jeden Tag kamen zwei, drei oder mehrere in ihr Zelt, wenn es nicht abgebaut wurde und sie weiter zogen. Meist kamen sie Abends oder wenn sie von der Jagd zurückkehrten. Die restliche Zeit durfte sie im Lager herumlaufen, wenn sie konnte, doch von diesem Privileg machte sie nur wenig Gebrauch. Es war kaum zu übersehen, wie sehr die Frauen sie verabscheuten, sie wurde bespuckt und mit Innereien von Tieren beworfen, die nicht verwertet werden konnten. Oder mit deren Inhalt. Nach dem ersten Versuch das Lager auf eigene Faust zu erkunden, vermied sie es, das Zelt überhaupt zu verlassen, wenn es nicht absolut nötig war. Nun lebte die Mondelfe bei Barbaren. Im ewigen Eis. ((Fortsetzung nächste Woche mit Teil 2: Frauke)) |
27.03.2013 16:14:39 | Aw: [Frauke Sjornold] Ewiges Eis (#69090) |
Varulfen | [b][i][u]Teil 2: Frauke[/u][/i][/b] [b]Kapitel 2.1: Erloschene Glut, neu entzündet[/b] Die Monde zogen vorüber und Lait’Anar wagte es niemals zu fliehen. All das Leid, das sie im Eiswindtal erlebt hatte schreckte sie ab, die wenigen Tage, die sie dort verbracht hatte. Immer weiter und weiter schienen die Erinnerungen in die Ferne zu rücken, doch wenn sie sich der Traumruhe hingeben konnte, waren sie so lebendig, wie damals, als es geschah. Niemals lange konnte sie in der Traumruhe verbleiben, immer wieder kamen Männer in ihr Zelt und rissen sie zurück ins Diesseits. So manches Mal noch war ihr Geist in weiter Ferne, als sie auf die Liege geworfen wurde und man über sie her fiel. Angenehmer wurde es trotzdem nicht, so lebhaft waren die Erinnerungen, durch die sie dann streifte. Die Monde zogen vorüber und eines Morgens machte sie Entdeckung. Die Kleider, die sie immer trug, wollten nicht halten, wie sie es sonst immer taten, das Band um ihren Bauch wurde zu kurz. Das Band…um ihren Bauch…Es dauerte einen Moment, bis sie begriff. So viele Männer, die immer und immer wieder mit ihr schliefen, die sie nur als Beute betrachteten, aber nun, nun trug sie neues Leben in sich. Was sollte sie nun tun? Angst und Unsicherheit stiegen in ihr auf. Abscheu über sich selbst, über das, was in ihr heranwachsen mochte. Das Kind von einem jener Männer, die sich gedankenlos mit ihr vergnügten. Wie würde man im Lager reagieren? Wie würden die Frauen darauf reagieren, die sie jetzt schon verabscheuten, weil sie ihnen die Männer aus den Betten „stahl“? Solange sie konnte, versuchte sie es zu verstecken, aber eines Tages musste es jemandem auffallen. Einer der Barbaren dieses Tages griff sie grob beim Arm und schleppte sie zum Zelt des Anführers. Sie hatte es so lange geheim gehalten, wie sie konnte, aber jetzt würde das ganze Lager es erfahren. Wäre sie jetzt wertlos für die Barbaren? Würde man sie ausstoßen? Würde man ihr schlimmeres antun? Nichts konnte sie tun als abzuwarten, der harte Griff der starken Kriegerhand um ihren Arm. Wortlos, nur mit stummem Nicken, hörte sich der Anführer die Erzählung des Kriegers an. Es ging um Schwangerschaft, Zerbrechlichkeit, aber auch um Ehre. Und als seine, zugegeben nicht sehr ausgefeilte, Rede beendet war, ergriff der Anführer das Wort. „Diese Frau hat bewiesen, zu nichts wert zu sein, als meine Krieger zu unterhalten, doch nun trägt sie das Kind eines dieser Männer in sich. Viele Jahre noch wird sie weiter sein wie jetzt, ein Spitzohr lebt länger als jeder Mensch. Wenn ihr Kind ausgewachsen ist, wird sie immer noch aussehen wie jetzt und wenn ihr alle alt und grau seid, wird sie immer noch in voller Blüte vor uns stehen.“ Er schaute ernst in die Runde, Gemurmel unter den Männern wie unter den Frauen verstummte sofort. Dann fuhr er fort: „Daher entscheide ich, sie mag leben, sie mag bleiben und sie mag ihr Kind zur Welt bringen, denn es ist das Kind eines Kriegers!“ Sofort erschallte das Gezeter der Frauen, doch ein Krug flog schnell aus der Hand des Anführers, traf die am lautesten Schreiende am Kopf und schickte sie für wenige Momente zu Boden. „Und bis sie ihr Kind geboren hat, soll ihr kein Leid geschehen. Wer sie anfasst, mag sich auf eine Strafe gefasst machen!“ Donnerte es noch. Dann wurde ihr erlaubt aus dem Zelt zu gehen. Mit den nächsten Monden, schwoll ihr Bauch mehr und mehr an, mit der Schwangerschaft kehrten auch alle Erinnerungen noch einmal lebhafter zurück. Keinen Moment mehr fand sie Ruhe, ständig erbrach sie, ob wegen der Schwangerschaft oder der Erinnerungen an Largos Tod und Fraukes Tod. Ständig kehrte Fraukes erfrorenes Gesicht in ihrem Geiste zurück. Frauke. Ein Säugling im Lager sah genauso aus wie ihr Kind. Einmal, als sie ins Zelt zurückkehrte, stellte sie fest, wie sie einen toten Schneefuchs aus der Jagdbeute eingewickelt in Felle mit sich getragen hatte, als ihr Geist sich in den Erinnerungen verirrt hatte. Sie konnte kaum noch unterscheiden, was echt war und was Erinnerung, doch ständig kehrte ein Gedanke zurück, der sie schmerzhaft immer wieder ins Hier und Jetzt riss. Sie sind alle tot! Frauke ist tot! Doch es dauerte nicht lang, dann schweiften die Gedanken wieder ab. Irgendwann war es dann soweit. Als die Wehen einsetzten, kamen nicht nur Frauen, sondern auch der Schamane in ihr Zelt, der das Kind eigenhändig entband. Erst nachdem er Uthgars Segen über den Säugling gesprochen hatte, wurde es in warme Felle gewickelt und Lait’Anar durfte ihr Kind sehen. Es war ein Mädchen, wurde ihr gesagt. Und es sah genauso aus wie Frauke. Sie erkannte sogar Largos Gesichtszüge in dem kleinen Säuglingsgesicht. Ja, sie war sich ganz sicher, die Götter hatten ihr Frauke zurückgegeben! Frauke lebte! |
28.03.2013 12:06:33 | Aw: [Frauke Sjornold] Ewiges Eis (#69097) |
Varulfen | [b]Kapitel 2.2: Das Feuer entfacht[/b] Auch, wenn sie jetzt schon fünf Jahre hier lebte, kannte Frauke die wenigsten mit Namen. Fünf, so weit konnte sie schon zählen. Sie musste jetzt bei den Arbeiten im Lager mithelfen, lernen, was Frauen im Lager so taten. Sich um die Beute kümmern, die die Männer mitbrachten. Immer wieder wurde sie dabei von den Frauen umher gereicht und die anderen Kinder im Lager ärgerten sie immer schrecklich. Sie war die einzige, die geärgert wurde. Viele Kinder sagten, sie wäre dumm und langsam, darum würden sie sie ärgern. Andere sagten, ihre Mütter hätten ihnen erklärt, dass Fraukes Mutter gar nichts im Lager machen musste und das wäre ja wohl unerhört. Irgendwie musste ihnen Frauke da auch recht geben. Mutter machte nie etwas im Lager. Aber das machte die Streiche und Prügel, die sie deshalb bezog, auch nicht besser. Trotzdem ging Frauke den anderen Kindern nicht aus dem Weg, im Gegenteil. Wann immer es darum ging, sich zu prügeln, war sie mit dabei. Wann immer es darum ging schnell zu laufen, versuchte sie mitzuhalten. Und immer war sie diejenige, die verprügelt wurde, die als Letzte im Ziel ankam und die den Baum am langsamsten heraufkletterte, wenn sie einmal einen fanden. Und als wäre all das noch nicht genug, hatte sie auch immer noch die spitzen Ohren und die weißen Haare ihrer Mutter geerbt. Nur die Augen zeugten von ihrem Vater, den keiner zu kennen schien. Blaue Augen, wie sie jeder andere im Lager hatte. Jeder, außer ihrer Mutter. Mutter erzählte oft, dass Largo auch blaue Augen hatte, aber wer das war, wusste Frauke nicht. Das Leben im Lager war ansonsten recht eintönig, die Tage zogen dahin, wenn sie an einer Stelle lagerten und wenn sie weiterzogen, schienen sie nur noch schneller vorbei zu sein. Bald schon war Frauke sieben Jahre alt, ohne es groß zu bemerken, dann acht. Vieles Neues hatte sie gelernt in diesen Jahren, aber irgendwie wurde alles, wie die Tage selbst auch, zu einer einzigen grauen Masse an Zeit und Wissen, ohne bestimmte Punkte, an denen man sich orientieren konnte. Auf Mutter war kein Verlass, das war eines der Dinge, die sie gelernt hatte. Weder konnte sie ihr helfen, noch war sie für Frauke da, irgendwie lebte sie nur in ihrer eigenen, kleinen Welt. Der Ärger mit den anderen Kindern wurde jedoch immer schlimmer, nicht selten kam sie mit mehr als nur ein paar blauen Flecken nach Hause, aber irgendwann würde sie denen schon zeigen, dass auch sie stark sein konnte. Bei der Arbeit hatte man festgestellt, dass Frauke für die meisten Dinge zu langsam war. Nun durfte sie nur noch Spitzen für Pfeile und Speere schnitzen. Darin war sie zwar auch langsam, aber sehr geschickt, sie konnte scharfe Kanten schnitzen, die nicht nach wenigen Benutzungen wieder stumpf wurden und so brauchte sie gar nicht so oft neue Spitzen machen und hatte so mehr Zeit für die, die sie sowieso herstellte. Aber wie bei allen Dingen, die irgendwie funktionierten, kam auch hier die Zeit, an denen es irgendwie nicht mehr ging. Ein Ereignis, eine Sache, die ein funktionierendes System einfach umwarf. Für Frauke war dieses Ereignis ihre erste Regel. Nun stellte man fest, dass sie bereit war, Kinder zu gebären. Sie war bereits ungefähr 15 Jahre alt, irgendwann hatte sie einfach den Überblick verloren und jetzt schätzte sie einfach, und die Frauen im Lager hatten immer sehr darauf geachtet. Nun aber stellte sich im Lager die Frage, was mit ihr geschehen würde. „Sie ist die Tochter eines Kriegers!“, „Sie ist ein Spitzohr und Spitzohren sind schwach, seht euch nur ihre Mutter an!“ Spitzohren sind schwach. Diesen Satz kannte sie so gut, wie kaum einen anderen. Dieser Satz war es, den sie jeden Tag so oft zu hören bekam, dass sie mit dem Zählen gar nicht hinterher kam. Alle Erwachsenen des Lagers kamen im großen Zelt des Anführers zusammen, um sich zu beraten. Sogar ihre Mutter. |
29.03.2013 12:35:36 | Aw: [Frauke Sjornold] Ewiges Eis (#69109) |
Varulfen | [b]Kapitel 2.3: Feuer im Herzen, Schnee im Kopf[/b] Mutter packte hastig ihre Sachen zusammen, rollte alles in Felle ein, die sie verschnürte und auf die Liege legte. Sie wirkte eilig, seit sie aus von der Versammlung aus dem Häuptlingszelt zurückgekehrt war. „Wenn es ganz dunkel ist, gehen wir weg. Sie können nicht sehen, wenn es dunkel ist.“ Frauke sah ihr gespannt zu, noch nie hatte sie gesehen, wie ihre Mutter sich beeilte und sogar ein wenig klar im Kopf zu sein schien. Im Lager hieß es, sie hätte Schnee im Kopf, nichts als Schnee. Früher hatte Frauke geglaubt, dass sie dann ja aus den Ohren tropfen müsste, aber mittlerweile wusste sie, wie es gemeint war. „Aber warum müssen wir denn gehen?“, fragte sie. Allein in das ewige Eis aufzubrechen erschien ihr wie eine Dummheit, da konnte man noch so stark sein und würde es nicht überleben. Und sie waren nicht stark, sie beide nicht. Sie waren schließlich Spitzohren. „Weil du sonst wirst wie ich.“, lautete die Antwort ihrer Mutter, die irgendwie keinen Wiederspruch zuließ. Wenige Momente später lief Mutter jedoch nur noch im Kreis und brabbelte vor sich her. Ihre kleine Welt hatte sie wohl wieder. Trotz allem brachen sie auf. Mutter sagte, sie kannte den Weg, Largo hätte ihr gesagt, wie man nach Zehnstädte kommt. Wer das war, wusste Frauke immer noch nicht und sie zweifelte daran, dass er es wirklich wusste. Er war nur ein Hirngespinst ihrer Mutter, ein Schneegespinst. Immerhin hatte sie mit einer Sache recht, sie wurden nicht erwischt. Hinter dem nächsten Hügel schon verschwand das Lager und nur Rauch der Feuer am Horizont blieb zu sehen. Sie liefen die Nacht durch und dann auch den nächsten Tag. Zuerst führte ihre Mutter, doch nach wenigen Stunden schon, schleppte sie sich nur noch hinterher, einzig, dass Frauke sie an der Hand gefasst hatte und mit sich zog, schien sie weiter zu treiben. Die zweite Nach brach heran und Frauke entschied, dass sie nun rasten mussten, ob sie wollten oder nicht. Mutter stand nur daneben, als sie die Felle entrollte, den Rest des spärlichen Proviants aß und sich dann in die Decken einrollte. Frauke weinte in dieser Nacht, sie hatte längst verstanden, dass Mutter den Weg nicht kannte und sie wusste auch, dass sie ohne Essen und Wasser nicht viel weiter kommen konnten. Mutter hatte sie in den Tod getrieben mit ihren Schneegespinsten. Und doch schaffte sie es, irgendwann einzuschlafen. Als sie aufwachte, stieg die Sonne grade über die Hügel und sie genoss die ersten Strahlen. Dies war vielleicht der letzte Tag, den sie in dieser Eiswüste verbringen musste, dachte sie ruhig und klar. Irgendwie hatte sie es geschafft, sich damit abzufinden und sogar die Kälte, die unbarmherzig tiefer in ihren Leib kroch, fühlte sich seltsam warm an. Kein Schmerz, kein Zittern. Sie setzte sich auf und stellte ruhig fest, dass ihr linker Arm ganz taub war. Taub und blau, eingefroren. Einen kurzen Moment wurde ihr übel bei dem Gedanken, dann fand sie Mutter im Schnee liegen. Sie war genau so blau, war sie immer schon gewesen, doch irgendwie schien sie nun noch blauer. Mutter hatte sich nicht in eine Decke eingewickelt, stellte Frauke nüchtern fest. Es spielte ohnehin keine Rolle, auch die Decken hatten sie nicht schützen können. Eine kleine Träne fror an ihrer Wange fest, als sie das Schnauben eines Pferdes hinter sich hörte. Als sie sich umdrehte, erblickte sie…weiß, nicht anders als all der Schnee und das Eis um sie herum. Doch dieses Weiß schien noch weißer zu sein. Es war ein Mann auf einem Pferd, beide vollkommen ohne jede Farbe, nur weiß. Der Mann sprach in einer fremdartigen, melodischen Sprache zu ihr, dann aber verstummte er, als Frauke offensichtlich nicht verstand. Die schmale Gestalt streckte die Hand aus. Nun war ihre Zeit gekommen stark zu sein, dachte Frauke. Wenn der Tod sich ihr so zeigte, konnte sie stark sein und ihm entgegen treten. Kraftlos stolperte sie vorwärts, auf den Reiter zu. Dann griff sie seine Hand, so kalt und warm wie nie etwas anderes zuvor, und dann wurde es dunkel um sie herum. |
30.03.2013 09:28:27 | Aw: [Frauke Sjornold] Ewiges Eis (#69114) |
Varulfen | [b]Kapitel 2.4: Frostbrand[/b] Waren es fünf Jahre gewesen oder sechs, es spielte keine Rolle. Wichtig war, was sie gelernt und was sie erreicht hatte. Ihren Speer hielt sie mit der rechten Hand, es war kaum mehr als ein Wanderstab für sie, Waffen hatte sie andere, bessere. Ihr weißes Haar wehte im Wind, der an den Fellen zerrte, die sie trug. Hier oben auf dem Hügel, wo sie abgestiegen war, hatte die junge Frau zu Beginn ihrer Zwanziger einen guten Überblick in das Tal, in dessen Mitte ein Lager aufgebaut wurde. Der Hoary gab seinem Ross einen Klaps und ritt durch die Luft davon. Frauke hingegen stieg in das Tal hinab. Ihre Herrin hatte gesprochen, sie musste sich von der Vergangenheit lossagen, von dem Leben, das sie verloren hatte. Sie war kein schwaches Spitzohr mehr, ihre neue Mutter war keine Elfe, sondern eine Göttin. Sie hatte Aurils Geschenk angenommen, überbracht durch das Feenwesen aus Eis und Schnee. Sie hatte gelebt unter Aurils Dienern, unter Menschen, Feen und Riesen, die sie allesamt fürchteten. Als sie am Rande des Lagers angelangt war, stellen sich ihr einige Männer entgegen, sie verharrte. Stumm und stolz blickte sie über die Gesichter und erkannte Jungen, die sie früher geschlagen und verspottet hatten. Die Männer erkannten sie auch und ihre Augen wurden groß. Frauke lächelte als sie den linken Arm hob, das größte Geschenk ihrer Mutter, Stärke. Strahlen aus Eis und fremdartiger Magie fuhren durch die Reihen, Schreie und Panik erfüllten das Lager und bevor irgendwer begriff, was über sie kam, war es auch schon vorbei. Stille legte sich über das Tal und es begann sanft zu schneien. Der Hoary ließ sein Ross langsam durch das Lager stapfen, auf Frauke zu, und lächelte. „Die Herrin ist sehr zufrieden.“ Mittlerweile verstand Frauke sein Sylvan ebenso gut, wie die Worte der Riesen. „Du hast dich befreit von allem was war, nun ist es an der Zeit, Neues zu beginnen.“ Frauke legte den Kopf in den Nacken und ließ den Schnee auf ihr Gesicht fallen, die Kälte war ihr nur allzu vertraut. „Ich werde ihrem Willen folgen.“, antwortete sie. „Weit östlich des Festlandes gibt es eine Insel, Amdir. Es ist das Wort für Hoffnung, in der Sprache deiner Ahnen. Warte dort.“ Hoffnung. Sie würde ja sehen, wie viel Hoffnung diese Insel noch hatte. Sie nickte der Fee zu und wandte sich nach Süden, den Speer benutzt sie nur als Wanderstab, als sie durch kniehohen Schnee watete. „Warte nur Amdir, der Winter kommt.“ Ende |