Zurück zu "Charaktergeschichten [RP-Forum]"

04.09.2012 14:03:52
Der junge Mann und das Meer (#62799)
Mr.Hypello
Der Morgen dämmerte als eine Hand aus dem Meer das Pier erreichte.
Kurz darauf folgte die Zweite und ein Wesen zog sich hinauf an Land.
Die Hafenarbeiter schauten nicht schlecht, dass da tatsächlich jemand aus dem Hafenbecken stieg. Flüchtige Blicke mochten einen Menschen erkannt haben. Ein geübteres Auge hingegen mochte sehen, dass irgendetwas an jener Person nicht stimmte.
Ein zerschlissener graublauer Wams zierte die schon fast dürr wirkende Gestalt.
Schwarze Augen, wie der Abgrund der See selbst blickten sich ruhig um. Es mochte eine halbe Ewigkeit ins Land gezogen sein, wie die Person an der Kaimauer stand und sich stoisch umblickte.

Viele der Hafenarbeiter standen mit hinuntergeklappten Kinnladen da und betrachteten das eigenartige Bild des Mannes, der aus dem Meer stieg.
Ohne sich abzutrocknen oder ähnliches, bewegte sich das Wesen langsamen Schrittes gen Treppe. Ein weiterer Blick über die Hafenanlage und nun wurde es erst Recht eigenartig.
Jene Hafenarbeiter, die immernoch fassungslos zu dem Wesen schauten, erkannten es nicht mehr. Es mochte der Dunst des Morgens gewesen sein. Ein kalter Restnebel, der noch nicht von der Sonne vertrieben war. Doch klar war eines, es schien als würde sich jener kalte Nebel um die Person legen und sie verschwimmen lassen, denn ehe sich das Verschwommene, wenige Sekunden später wieder lichtete, war die Person verschwunden und nur zwei nasse Fußstapfen blieben übrig.
Doch auch jene erzählten keine sehr lange Geschichte. Nachdem eine Welle über die Kaimauer schlug und den einzigen Hinweis auf die Existenz des Mannes aus dem Meer davontrug.
28.11.2012 13:21:31
Aw: Der junge Mann und das Meer (#65785)
Mr.Hypello
Das Mehl an seiner Schürze und in seinem Gesicht war zu einer breiigen Masse verkommen.
Immer und immer wieder knetete er den Teig auf dem Brett vor sich und immer und immer wieder wurde das Gemisch viel zu flüssig.
Gerade als er wieder etwas Mehl dazugepackt hatte um die nötige Bindung zu erzeugen und die Hoffnung aufkam es würde nun endlich gelingen, zerfloss die Masse wieder zwischen seinen Fingern.
Bedauernd pustete der Genasi aus und stieb somit ein paar Mehlflocken durch die Backstube.

Meister Rotstein würde wieder toben, wenn er mitbekommt, dass der junge Mann erneut die Mehlvorräte aufbrauchte und erneut keine bis minderwertige Ware fertigte.
Den einzig positiven Effekt, den Vaturas bei seinen Erstlingsbrötchen vermerken konnte war, dass sie wenigstens dufteten als wären es gute Brötchen. Geschmacklich waren sie jedoch stets eine Enttäuschung.

Die tiefschwarzen Augen, die nur bei genauer Betrachtung seicht bläulich schimmerten, starrten erneut auf die Masse, wie er erneut wild darauf losknetete.
So manches hatte er in den letzten Tagen erlebt und gelernt aber nicht vieles davon war gut.
Dank einem jungen Waldelfen, den er selbst immernoch für einen zu klein geratenen Menschen mit Sprachschwierigkeiten hielt (schließlich nutzte er stets so absonderliche Worte wie Bhen), war es ihm gelungen von einer Kuh Milch zu bekommen.
Gänzlich neu auf dem Gebiet und völlig ahnungslos wie man denn an Milch kommt, war ihm dies eine willkommene Hilfe.
Zum Dank versprach der Bäckerslehrling seinem Helfer ihm sein Erstlingswerk zu geben. Ein Brötchen. Doch damit hielt sich der wässrige Geselle noch zurück. Wohl würde es dem Kleinmenschen nicht sonderlich schmecken.

Doch was er am Abend dieses Tages erlebte war gänzlich fern von seinem Verständnis.
Der ruppige Waldmensch hatte ihn in die Bäckerei verfolgt und ihm von einer Verhandlung erzählt. Wohl schien der junge Mensch recht unstet, unüblich für ihn. Zumindest waren dies Vaturas' Gedanken, lernte er dem Mann doch völlig anders kennen.

Der Waldmensch hatte ihm geraten sich das Spektakel anzuschauen, es würde vieles zu lernen geben und dies war auch der Grund weshalb sich der junge Blauhäutige in den Tempel begab.

Ein Weidenkörbchen trug er mit sich, in der Hoffnung vielleicht ein paar Menschen mit seinen Brötchen zu beglücken, doch davon ließ er schnell ab, als er selbst kostete.
Die Halle war gewaltig und für den noch unerfahrenen Genasi überwältigend.
Es gab wohl kaum jemanden im Raum der weniger in dieses Bild dort im Tempel gepasst hätte als er selbst. Völlig im Unklaren worum es ging, setzte er sich etwas abseits und wohnte der Verhandlung bei.
Ein jeder schwor die Wahrheit zu sagen und doch waren stets alle angespannt und unglücklich. War zuviel Wahrheit vielleicht doch nicht der Weg des Glücks? Oder waren es nur die Menschen, die stets nach Wahrheit verlangten, doch dann kläglich vor ihr standen, wenn sie sie erhielten?
Bitterböse flogen die verwirrenden Wortklaubereien durch den Raum.
Für Vaturas war es unverständlich was dort vor sich ging. Dort stand ein Schmied, offenbar als böse verschrien und doch war es der Silberwächter, der angeklagt wurde.
Ein eigenartiges Schauspiel, dass der junge Mann nicht bewerten mochte.

Als das Urteil fiel stand plötzlich die Hälfte der Anwesenden auf den Bänken und protestierte. Warum? Kamen sie nicht hier her um die Weisheit des Priesters zu empfangen? Wollten sie nicht durch ihn Gerechtigkeit herbeiführen? Der Mann tat offenkundig seinen Dienst und am Ende war es doch niemandem Recht.
Ein weiterer älterer Herr, wohl der Fürst, wie man sagte, revidierte das Urteil und fällte ein neues.

Gänzlich verwirrt verließ der Genasi den Tempel. Die groben Gedanken schossen durch seinen Kopf und suchten einen greifbaren Platz.
Menschen.
Verlangen nach Wahrheit und sprechen sie selbst nicht.
Verlangen nach Gerechtigkeit, doch nur nach ihrer eigenen.
Geben ihre eigenen Belange in fremde Hände nur um am Ende einen Sündenbock dafür zu haben, was sie selbst anrichteten.

Der Waldmensch sollte somit Recht behalten. Vaturas hatte in der Tat einiges gelernt. Doch nichts davon war eine Lehre, die ihm Frieden, Glück und Ausgeglichenheit bescherte.
Im Gegenteil.
Als der junge Wassergenasi zurück zur Bäckerei ging um seine Arbeit wieder aufzunehmen war in diesem Moment nichts mehr in seinem Kopf, dass sich um Philosophie, Glück, Friede und den Einklang der Welt drehte.
Alles was ihm an diesem Abend blieb war Enttäuschung.
Enttäuschung über die Menschen und ihr Sein.
Im Grunde, so schien es Vaturas, waren sie keinen Deut besser als die mörderischen Piraten, in deren Dienst er so lange Jahre gestanden hatte.
Auch sie trachteten nur nach dem was ihnen selbst als richtig erschien.
Nur mit dem Unterschied, dass die Piraten keinen Hehl daraus machten.

Eine bedauerliche Erfahrung.
27.03.2013 17:00:33
Aw: Der junge Mann und das Meer (#69091)
Mr.Hypello
Und so kam es, dass der junge Wassergenasi der Steinstadt den Rücken zuwandte.
Langsamen Schrittes, den leeren Blick auf das Firmament am Himmel gerichtet, tappsten die baren blauen Füße über die Pflastersteine der Handelsstadt hinunter zum Strand.
Die letzten Monde hatte er eher wie ein Geist zugebracht, unfähig seine eigenen Gedanken zu beruhigen und unfähig all dem bunten Treiben noch etwas Gutes abzugewinnen. Warum auch? Sie waren alle so freundlich und hilfsbereit doch im nächsten Moment waren sie genauso zänkisch, egoistisch und raffgierig wie es die Piraten waren.
Es schien wie eine gut sitzende Fassade, eine, die sie sich selbst erstellten wohl um sich über ihre hässliche Natur selbst hinweg zu täuschen.
Vaturas machte ihnen keine Vorwürfe. Er kam immer mehr zu dem Schluss, dass es dem Menschen eigen ist schlecht zu sein. Über die Gabe der Sprache hinweg haben sie alles wesentliche aus den Augen verloren.
Keine Harmonie, kein Einklang, kein fester Platz.
Wie eine gröhlende bunte breiige Masse schoben sie sich durch die Straßen, die Reichen bemitleideten die Armen ohne etwas zu tun und die Armen neideten die Reichen.
Und all jene, deren Leben genügend Luxusgüter bot um kein Leid zu erfahren, die suchten sich eben welches.
Ihre Sprache, eine Gabe wie Vaturas empfand, nutzten sie zumeist für Blenderei und Anfeindungen. Anstatt das Geschenk zu nehmen und zu schätzen, vergewaltigten sie es und schufen eine Waffe, die so viel hässlicher und so viel schmerzlicher war als es ein Schwert nur hätte sein können.
Und die Krönung von allem war die Perversion in der sie ihr schändliches Werk feierten.

Die Gedanken des Genasis mochten durchaus extrem erscheinen, doch für ein Wesen, dass seinen Platz im großen Ganzen sucht und das im Innersten Harmonie anstrebte, war diese Gesellschaft nicht geschaffen.
Er suchte Friede und Erkenntnis und zumindest ersteres würde er in Mirhaven nicht finden. Er hielt sich ohnehin lieber aus Streitereien heraus und bezog ungern Positionen, wenn diese außerhalb seines Interessenbereichs lagen, aber so wie es war, war es nichts was den jungen Mann lockte. Im Gegenteil, wenn er zielgerichtet gewusst hätte wohin, wäre er sogar gerannt.

Seiner Enttäuschung nachgebend stieg er in die von der Ebbe weiter zurückgedrängte See und ließ sich fallen. Die Augen geschlossen, tauchte er hinab in jenes Reich, dass ihm stets Frieden bedeutete. Im Meer gab es soetwas nicht. Dort herrschte das Prinzip der Natur. Ein jedes Lebewesen wusste um seinen Platz und füllte ihn aus und es war gut so. Hier stellte man sich nicht die Frage ob man einen Fisch jagt und tötet nur weil dieser vorher an der Alge eines anderen Fisches geknabbert hat. Hier war alles im harmonischen Gleichgewicht.
Das geschäftige Treiben der Leute aus Mirhaven, dass über die Kaimauern hinunter zum Strand und ans Meer drang, verging im wässrigen Nebel der Bedeutungslosigkeit und schon bald drang an die spitzen Ohren des jungen Mannes nur noch melodisches Rauschen.

Er wusste nicht wie lange er im Meer trieb und ebenso wenig wusste er wohin es ihn trieb. Die Glieder lasch ausgestreckt und die Augen geschlossen haltend, sann er nur nach etwas Frieden. In diesem Moment so mochte er innerlich hoffen, legte er sein Leben in die Hände des Schicksals. Er war müde von den Menschen und ihrer Art und ohne sie doch so verloren als Wesen ohne eigene Nische.
Es hatte ihn nie sonderlich gestört anders zu sein als die anderen. Er hatte es akzeptiert. Doch just in diesem Moment wurde ihm klar, dass die Menschen es waren, die ihn sein Leben lang beschäftigt hatten. Freiwillig oder nicht hatte er immer unter ihn leben müssen. Doch jetzt, da er sie nicht mehr ertragen wollte, wo wollte er jetzt hin?
Er wusste es nicht und aus dieser Erkenntnis heraus, beschloss er sich dem Strom der Zeit und des Lebens hinzugeben. Solle die See ihn dahin tragen, wo sein Selbst Vollkommenheit finden würde.

Einige Tage mochten während seiner Odysee vergangen sein. Er hatte nichts gegessen und sich stattdessen auf die verschiedenen kalten und warmen Strömungen konzentriert, die seinen Körper dann und wann umspielten.
Doch nach all diesen Tagen öffnete er schließlich die Augen und sein stromlinienartiger Kopf linste aus dem sich in leichten Wellen brechenden Meer hinaus auf die Küste.
Da lag es vor ihm - die Lande um Elboria.
Die saftig grünen Baumwipfel tänzelten im frischen Frühlingswind am Horizont. Vöglein zwitscherten von Krone zu Krone und immer mehr trieb der Wind die geschäftigen Klänge des Waldes hinaus auf die See.
Er war bereits einmal hier gewesen. Damals hatte er mit einem Elfen zusammen eine Kuh gemolken, eine andere Genasi getroffen und Weizenären abgeknuspert um Brote zu backen.
Ja Brote wollte er einst backen um seinen Teil zur Gesellschaft beizutragen, doch das hatte sich nun erledigt. Nicht nur da die Bäckerei wohl abgebrannt war und nicht nur weil seine frühen Kreationen ohnehin eher der Körperverletzung zuträglich waren, nein auch weil er für diese Gesellschaft einfach nichts mehr übrig hatte.

Mit knurrendem Magen trat er an Land und ließ die Frühlingswinde um sich herum wirken.
Hier schien alles anders. Natürlich. Friedlich.
Forschend lagen die dunklen, fast Ozeanschwarzen Augen auf dem Land, wie er es vorsichtig betrachtete. Er spürte, dass er sich hier wohler fühlte und so wollte er jede Information in sich aufsaugen, die ihm die Natur hier bot. Einzig um sich ihrer Schönheit und Vollendung bewusst werden zu können.
Eine Birne hatte er am Wegesrand aufgelesen und diese verschnabbuliert.
Einen menschlichen Wanderer hatte er mit einem Kopfnicken gegrüßt, doch mehr als den gebührlichen Abstand gehalten. Er wollte für sich sein und sich dieses schöne Fleckchen Erde gar nicht erst durch die menschliche Sprache vergiften lassen.

Immer weiter zog er hinein und immer weiter in Richtung der tänzelnden grünen Baumwipfel bis er die grüne Mutter erreichte. Vor Wildschweinen und Panthern hatte Vaturas keine Angst. Jedoch lag das eher daran, dass er solche Tiere nie zuvor gesehen hatte.
Im Wald selbst versuchte er sich den Lebewesen anzupassen. Er wollte nicht sonderlich auffallen und wenn er ein Wildschwein im Dreck buddeln sah und es ihn erspähte, so tat er es ihm gleich. Er war unfreiwillig recht talentiert darin Bewegungen nachzuahmen. Die Sau hingegen hatte ihn wohl eher skeptisch angeschaut, doch das kümmerte ihn nicht solange sie nicht aggressiv wurden.

Am blauen Arm dann ließ er sich nieder und nahm sich Zeit den Wald genauer zu betrachten. Für eine Weile würde er hier ausharren wollen um den Tieren des Waldes zu zeigen, dass er keine Gefahr darstellte. Ja nach einer Weile begann er sogar in einer Art stillen Koexistenz mit dem Wald zu leben.
Von jenen Beeren und Nüssen welche er pflückte, aß er nie alle und überließ den Rest den Eichhörnchen und Wieseln.
Und wenn es ihn einmal nach etwas Fleisch stand, so stieg er in den Fluss und fing sich einen Fisch. Aber auch dieser wurde nicht nur ein bisschen verschwendet.
Der Genasi aß sich satt und schlich sich des Nachts an ein nahes Pantherrevier und hinterlegte die Essensreste. Am Tage wagte er es nicht den Panthern zu Nahe zu kommen und so suchte er sie nur Nachts auf, wenn sie auf der Jagd waren.
Die Gräten des Fisches hatte er stets im Boden vergraben auf dass sich niemand an ihren Spitzen verschlucken möge.
Den Rest der Zeit saß er meist in stiller Meditation am oder im Wasser.
Immer mehr begann der Genasi zu glauben, dass er hier richtig wäre, im Reich der stummen Sprache.