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10.08.2012 15:23:43
Tavernengeschichten von Lavino aus Dadrüben (#62207)
Mash
[u][b]Das verschwundene Faß[/b][/u]
[i]
Eines regnerischen Tages saß ein verschmitzt wirkender Mann an einem voll besetzten Tisch im Silbernen Drachen. Nur für einen kleinen weiteren Moment kostete er die Stille aus, dann beendete er seine Kunstpause und sprach weiter. Er trug einen riesigen Hut mit aufgestellter Krempe, hatte einen blonden Pferdeschwanz mit den farblich passenden Stoppeln im Gesicht und sah im Allgemeinen wie ein reicher Tunichtgut aus. Er nannte sich Lavino aus Dadrüben. Beim Sprechen wackelte Lavino oft mit den Augenbrauen und spielte grinsend mit dem einzelnen goldenen Ohrring. An einem Tag wie diesen tat er das oft, denn er erzählte Geschichten, und wenn es draussen schüttete und das Tagwerk vollbracht war, dann hörten viele Jüngere und Ältere gerne zu. Es ging in seinen Geschichten fast immer um Mirhavener, um bekannte und unbekanntere Personen aus Fleisch und Blut. So manches Mal waren die Geschehnisse so haarsträubend, dass man ihre Wahrheit bezweifeln musste. Andere Male wiederum saßen Zeugen im Publikum, die die Geschichte zu bestätigen wussten. Wer konnte schon immer genau wissen, was sich tatsächlich zugetragen hatte und was Erfindung war? Oder wann der Erzähler gar kunstvoll beides vermischte, um mit einem wahren Kern sein Publikum einzufangen? Das wusste wohl niemand als der Erzähler selbst, so auch bei der Geschichte, die er an diesem Abend erzählte:


[/i]"Uralte Schätze, entführte Jungfrauen, dunkle Intrigen: So vieles motiviert tapfere Abenteurer, sich großen Gefahren zu stellen und unsterblichen Ruhm zu erlangen. Doch manchmal... manchmal ist es auch einfach nur die Rettung eines großen Fasses voll mit dunklem Zwergenbier. Man munkelt sogar, Abenteurer der letzteren Art hätten es von allem am Besten getroffen. Immerhin wird ihnen seltener nach getaner Tat die erbeutete Ausrüstung gestohlen, sie werden nicht von hinten erdolcht oder mit der Erkenntnis konfrontiert, dass die gerettete Ehefrau ein ziemlicher Besen ist. In einem solch harten Leben wie das eines Abenteurers sollte niemals die Magie eines kühlen Dunklen am Ende des Tages unterschätzt werden.

Just so ein Faß Meister Bodins dunkles Pilzbräu war verschwunden. Der Mirhavener Krämer Barno Groschenwert war sehr unglücklich bezüglich dieses Zustands. Es hatte ihn sehr lange Verhandlungen und viel Geld gekostet, Bodin zum Verkauf eines einzigen Fasses dieses edlen Gebräus zu überreden. Voller Freude hatte er es bereits seinem langjährigen Geschäftspartner und Geldgeber Zarbald Lifin versprochen, der im Allgemeinen ein großer Feinschmecker und im Besonderen sehr leicht zu erzürnen war. Würde er das Bier bis zu ihrem Treffen in einem Zehnttag nicht haben, könnte das Barno geschäftlich das Genick brechen. Seine zwei besten (weil einzigen) Söldner Ansgrimm und Ansgar hatte er losgeschickt, um das Faß aus Telodur von Meister Bodin zu holen, und seitdem blieben sie verschwunden!

Also suchte er in ganz Mirhaven nach jemandem, der das Faß finden und wiederbeschaffen konnte. Nicht viele waren bereit, für seinen angebotenen mickrigen Lohn einen Finger krumm zu machen. Nur eine Handvoll Recken empfand Mitleid gegenüber einem verschwendeten Faß Bier: Da war der Zwerg Murin Eisenschild, der Silberwächter Kalian Sigers und schließlich Pilpheromonous Finn. Auf dem Weg trat ebenfalls der wie immer maulfaule Waldläufer Davek Nebeltann der Gruppe bei.

Nach fünf Tagen erreichten sie Telodur, ohne auch nur die Spur eines Fasses gesehen zu haben. Da sie keine Anhaltspunkte hatten, beschlossen sie, Meister Bodin selbst aufzuschen und zu befragen. Dieser wohnte in dem Zwergendorf am Berghang vor Telodur selbst, aber erwies sich als recht jähzorniger und mißtrauischer Zeitgenosse. Nach einem etwas längeren Gespräch durch die Tür, einigen ausgetauschten Beleidigungen und einem zertrümmerten Schrank beruhigte sich der Zorn des Zwerges jedoch. Er erzählte, er hätte die beiden Söldner gesehen und ihnen das Faß Bier gegeben, aber dreist wie sie waren, hätten sie noch zusätzlich das Rezept gefordert. Da er es niemals herausgeben wollte, hätten sie sich noch ein leeres Faß geschnappt und wären mit einem Eselskarren abgehauen.

Das stimmte die tapferen Bierretter nachdenklich: Wollten die Söldner etwa an dem kostbaren Gebräu herumpanschen? Das zweite Faß war verdächtig. In diesem Fall wollten sie in der Nähe von Wasser suchen. Sie verabschiedeten sich von dem inzwischen recht redselig gewordenen Zwerg und brachen zu dem Wasserstrom nahe der Anlegestelle Telodurs auf. Mitten in den Stromschnellen konnten sie von oben ein Stück Holz sehen. Pilpheromonous erbot sich sofort, die Kletterei nach unten zu übernehmen. Tatsächlich bewegte er sich sehr geschickt, jedoch rutschte er auf dem letzten Schritt auf dem glitschigen Stein und wenig später sahen seine Kameraden nur noch seinen winkenden Arm im Wasser untergehen. Doch in diesem Moment lächelte Tymora ihn an. Vom Wasser durchgewirbelt und halb ertrinkend, fand er letzthin doch ein Hindernis. Zwar stieß der große Stein im Rücken ihn schmerzhaft, aber dennoch fand er einen kleinen Vorsprung, an dem er sich mit Müh und Not festhalten konnte. Dennoch wäre Pil zweifellos in den Wasserfall gestürzt, wenn die anderen nicht sich selbst in Gefahr begeben und ihn im letzten Moment mit Murins Schaufel herausgezogen hätten.


Aber hätte man deswegen gedacht, dass der triefnasse Phil deswegen mehr Respekt vor den Felsen bekommen hätte? Weit gefehlt! Sofort wollte er sein Glück ein weiteres mal versuchen, diesmal allerdings durch ein Seil von seinen Kameraden gesichert. Am Flussbett angekommen, konnte er ein zerbrochenes Wagenrad bergen: Vermutlich Überreste des gesuchten Eselkarrens! Weit von hier konnten sie nicht sein.

Als sie das Ufer absuchten, fanden sie tatsächlich eine von Ästen verborgene Felsspalte. Den triefenden Pilpheromonous, dem die Vorstellung einer noch kälteren Höhle nicht behagte, liessen sie als Wache draussen. Langsam tasteten sie sich Stück für Stück durch die stockdunkle Höhle vorwärts. Da hob Kailan die Hand; wie angewurzelt blieben sie stehen. Kailan deutete auf die dünne Hanfschnur, die vor ihm auf Kniehöhe gespannt war, kaum zu sehen im Fackellicht: Eine Falle. Sie führte zu einer alten Axt, die an die Wand gelehnt war. Ihr Zweck war sicherlich mehr der Lärm als tatsächlich Schaden zuzufügen. Kailan machte die Falle geschickt unschädlich, und die Schatten an den Wänden genau beobachtend gingen sie Schritt für Schritt weiter.

Schließlich gelangten sie vor eine alte, morsche Tür. Sie hatte kein Schloss, aber ein sanfter Druck verriet, dass sie durch einen Bolzen verschlossen war. Kailan nickte Murin zu. Die Bretter splitterten bereits nach dem zweiten Hieb des zwergischen Türöffners, der Dritte gab dem letzten Holz den Rest. Der Weg war frei, die Abenteurer stürmten mit gezogenen Waffen in den Raum dahinter. Der helle Schein von vielen Fackeln blendete sie, als sie sich in einer hastig eingerichteten Schwarzbrauerei wiederfanden: Ein schlecht zusammengezimmerter Bottich, eine Holzrutsche und zwei riesige Fässer mit den Zeichen Meister Bodins stand im Hintergrund, während die zwei gesuchten Zwergensöldner Ansgrimm und Ansgar sie verdutzt anstarrten.

Die Abenteurer wollten verhandeln, doch die kampferfahrenen Zwerge machten schnell deutlich, dass sie nicht so einfach aufgeben würden. Eine Pattsituation entstand, an der beide Parteien langsam immer näher an den Rand der Verzweiflung getrieben wurden: Ein Kampf schien unausweichlich. Doch dann war es auf einmal Murins Beharrlichkeit, so fruchtlos sie auch bezüglich einer Einigung war, die sich in einer völlig unerwarteten Weise auszahlte: Indem er den stolzen Zwergensöldnern ihre Ehre absprach, verfielen sie derart in Rage, dass Kailan die Distanz mit einem schnellen Sprung überwinden und die Beiden in einer einzigen Bewegung entwaffnen konnte.

Nun wehrlos, enthüllten die Beiden ihr Vorhaben: Um sich an Groschenwert für die schlechte Bezahlung und die jahrelang ausgebliebenen Solderhöhungen zu rächen, stahlen sie das Faß Pilzbräu und versuchten stattdessen selbst, dieses anhand des Geschmacks nachzubrauen. Sie hatten gute Fortschritte erzielt, aber inzwischen hatten sie aber fast das ganze Bier bereits zum "Proben" ausgetrunken. Nach einer gehörigen Standpauke konnten die drei Abenteurer dann die Zwerge von ihrem Fehlverhalten überzeugen, so dass sie sich freiwillig in Telodur stellen wollten. Doch den Händler, der aus Sicht der Abenteurer auch indirekt für diese Untaten verantwortlich war, wollten sie nicht ungeschoren davonkommen lassen: Entschlossen kehrten sie nach Mirhaven zurück, wo Kailan den Händler Groschenwert ohne große Umschweife festnahm und ins Gefängnis brachte."

[i]Der blonde Erzähler spielte mit dem Ohrring und lehnte sich zurück.[/i]

"Und hier endet diese Geschichte. Das Faß Bier konnte vielleicht nicht gerettet werden, dafür aber die Ehre zweier verstossener Zwerge. Welches weitere Schicksal die Zwerge oder den Händler vor Gericht und danach erwarteten, werde ich vielleicht ein andermal erzählen. Nur ein letztes will ich noch sagen: Es heisst, nach getaner Arbeit hätten sich die vier Abenteurer Murin, Kailan, Pilpheromonous und Davek genau hier an diesem Tisch niedergelassen, um auf ihren Sieg anzustossen. Womit? Natürlich mit einem kühlen Dunklen."

[spoiler]((Dieser Thread ist mehrheitlich für Spielerevents gedacht. Ich tue mein Bestes, keinen Kanon zu brechen und keine eigenmächtigen Auswirkungen auf die Welt zu nehmen. Aus diesem Grund sind die Geschichten hier RP technisch als möglicherweise wahr oder erlogen anzusehen. Auch beteiligte Spieler sind eingeladen, ihre Sichtweise der Erlebnisse zu posten, das muss aber nicht in Form einer Erzählung Lavinos passieren.)) [/spoiler]