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16.10.2007 20:22:39
Vendetta (#1869)
xaifos
Ein kurzer, wenn doch warmer Windhauch verschaffte dem Jungen eine kurze Atempause. Der Gestank – ein Potpourri aus allerlei Essbaren vermischt mit dem Schweiß unzähliger Menschen – thronte allgegenwärtig in den staubigen Gassen Calimshans.
Juan hasste Calimshan. Die Hitze, der Gestank, die wirren, überfüllten Straßen, mit den immer geschäftigen Menschen, den endlosen Basaren mit ihren Marktschreiern, die lauthals ihre Waren anpriesen, kurz gesagt, diese Überreizung der Sinne, ließen ihn Kopfschmerzen bekommen. Schwer bewachtes, reiches Volk in edlen Gewändern schritt an ihrer kleinen Prozession ebenso vorbei, wie in Lumpen gekleidete Tageslöhner, kontrastiert durch viele Bettler, die kraft- und mutlos nahe den Gassen saßen.

Mitten durch dieses nie endene Chaos bahnten sie sich zielgerichtet ihren Weg. Velas, der alte Fechtmeister des Hauses, nickte Juan aufmunternd zu und deutete auf ein paar Straßenmusikanten. Müde blickte Juan auf, aber nur kurz, bevor er seinen Blick wieder auf die staubige Straße konzentrierte, wo ihn die Sonne nicht blendete. Sein Vater jedoch schritt zielstrebig weiter und senkte auch den Blick nicht, um die Augen vor der sengenden Mittagssonne zu schützen.

Sie ließen den Basar hinter sich und die Menschenmenge, der Gestank und das Geschrei verebbte zu einem erträglichen Maße. Juan schmerzten die Füße von dem Marsch durch die endlosen Straßen und Gassen. Trotz seines jungen Alters von nur 8 Jahren, besaß er durch seine Erziehung ausreichend Diziplin, um sich davon nichts anmerken zu lassen. Er wollte seinen Vater nicht enttäuschen. Auch wenn Juan die hohen Erwartungen seines Vaters an ihn oft hart und ungerecht vorkamen, so war Javier Rodriguez doch ein liebevoller und fürsorglicher Vater. Mutter … dachte Juan …

Abrupt blieb die Prozession stehen und fast wäre Juan, der völlig in Gedanken versunken war, mit seinen Vater zusammengestoßen. Juan schaute fragend auf, doch die Erwachsenen waren beschäftigt. Kurze Handzeichen wurden ausgetauscht. Juan schaute sich um, konnte aber in den leeren Gassen nichts entdecken. Ein bedrückendes Gefühl breitete sich von seiner Magengegend her aus. Plötzlich wurde es ihm schlagartig klar. Die sonst bevölkerten Straßen Calimshans waren leer! Menschenleer und totenstill! Unsicher kauerte er sich hinter seinen Vater, der bereits, wie die anderen, seine Hand griffbereit auf den schlanken, aber dennoch tödlichen Rapier an seiner Seite gelegt hatte.

Und dann begann es … [Fortseztung folgt]
16.10.2007 21:06:54
Vendetta II (#1871)
xaifos
Armbrustbolzen sirrten durch die Luft und trafen ihr Ziel. Zwei Wachleute gingen stöhnend zu Boden, als die vergifteten Bolzen ihre weichen Kettenhemden durchdrungen. Juan wurde unsanft von seinen Vater hinter einen halb verwitterten Marktkarren gezerrt. Hinter sich fühlte Sand aufsprengen, als ein Bolzen nur knapp hinter seinem rechten Fuß einschlug. Auch die verbliebenen zwei Wachen hatten Schutz gefunden und erwiderten nun ihrerseits das Feuer auf die unsichtbaren Angreifer. „Von den Dächern“, rief Velas den Wachleuten zu. In dem Moment spürte Juan einen Schatten über sich. Ein vermummter Mann kniete mit geladener Armbrust über ihnen auf dem Dach und zielte auf ihn. Ein kurzes Klicken und ein Sirren durchschnitten die Luft und Juan hielt angsterfüllt die Augen zu. Ein endloser Moment schien zu vergehen, bevor Juan es wagte, wieder zu blinseln und bemerkte, dass der unverletzt war. Der Assassine taumelte langsam und stürzte, getroffen von Velas Armbrustbolzen, vom Dach. Noch im Todeskampf liegend, starrte der Assassine Juan mit weit aufgerissenen Augen an. Gefangen zwischen Faszination und Furcht, wagte der Junge es nicht zu atmen. Doch dann verließ der letzte Lebenshauch den Mann und seine Augen wurden glasig.
Das Feuergefecht wohl Leid stürzten nun vermummte Männer mit Krummsäbeln bewaffnet von allen Seiten aus den dunklen Gassen.
„Velas“, rief Juans Vater. Er parierte einen tief geführten Hieb und fiel im selben Moment in ein blitzschnelle Gegenattacke, die auf der Kehle des Gegners eine rote Spur zurücklies. „Schnell. Nimm dir Juan und flüchte. Flüchte so schnell du kannst und reise zurück nach Tethyr!“ Velas, der mit seinem Langdolch und seiner Dünnklinge zwei Gegner in Schach hielt setzte zu einem Protest an, verstummt dann aber doch und nickt düster. Er täuschte einen Ausfall nach links an, überraschte die Gegner aber, mit einem Sprung in die Mitte. Beiden Waffen fanden ihr Ziel und hinterließen zwei leblose Körper Dann schnellte Velas zu Juan.
„Komm Juan, du hast deinen Vater gehört, beeil dich.“
„Vater!“, wagte Juan zu protestieren.
„Juan, geh, lauf! Ich verspreche dir, ich komme zurück. Aber du musst jetzt gehen!“
Mit Tränen in den Augen wurde Juan von den starken Armen Velas gepackt und über die Schulter geworfen. Dann lief Velas los. Bald schon war das tödliche Ballett der Klingen nur noch undeutlich zu hören und dann gänzlich verstummt. Dann verschluckten die dunklen Gassen Calimshans auch Juan und Velas …
[Fortsetzung folgt]
19.10.2007 21:24:32
Re:Vendetta III (#2002)
xaifos
Pascha Andar war gut gelaunt. Die letzen Monate hatten die Machtposition seiner Gilde in Calimshan enorm gestärkt und er hatte das Einflussgebiet erweitern können. Heute stand der Abschluss eines wichtigen Handelspaktes bevor. Andar war zuversichtlich, dieses Geschäft erfolgreich abzuschließen zu können, denn immerhin lockte er seinen ausländischen Geschäftspartner mit einem ordentlichen Gewinn. Innerlich lächelte er verschlagen, als er an das viele Gold dachte, dass dieser Handel einbringen würde. Seine Gilde würde dem ausländischen Händler Sicherheit, den nötigen Einfluss und entsprechende Kontakte zur Verfügung stelllen und dafür ein Zehntel des Gewinnes einstreichen, den die letztlich umgesetzten Waren einbringen würden. Ein Zehntel, damit lockte Andar diese naiven Ausländer an. Pasha Andar jedoch hatte keineswegs vor, seinen Anteil bei so einem „Trinkgeld“ zu belassen. Sobald die ausländischen Geschäftskunden letztlich abhängig von ihm und seiner Gilde waren – und dafür würde Pascha Andar sorgen - konnte er den Anteil leicht in die Höhe treiben. Einst hatte Andar gar versucht, Kontrolle über ein solches Geschäftsunternehmen selbst zuerlangen, in dem er mit Bestechung und Infiltration seine eigene Machtposition innerhalb des Unternehmens aufbaute. Unglücklicherweise durchschaute der ausländische Geschäftsmann, der ein erlesenes Waffenschmiede führte, seine Machenschaften. Noch unglücklicher war, dass der Mann nicht mit sich reden lassen wollte und Andar drohte, so dass Pascha Andar sich letztlich entschloss, seinen ehemaligen Partner, ausschalten zu lassen. Doch das Attentat scheiterte mehr oder minder. Der Geschäftsmann wurde zwar ausgeschaltet, jedoch keineswegs sauber und ohne Zeugen, so wie er sich das vorgestellt hatte. Die ganze Sache wirbelte furchtbaren Staub auf und es hatte Jahre gedauert, bevor sich die Gilde von diesem Fehlschlag erholt hatte. Nicht selten in diesen düsteren Jahren, hatte Pascha Andar um seine Position gefürchtet. Doch hier war jetzt und vergangen war vergessen. Der Gilde ging es gut … und schon bald, sehr bald würde es der Gilde noch viel besser gehen.
[Fortsetzung folgt]