26.08.2017 11:50:59 | [RP] Liuvin - Das einfache Leben (#120934) |
Mash | [spoiler]Ein Thread über Liuvins Versuche, Erfahrungen im Hafen zu sammeln. Es sind alle eingeladen, mitzuposten, die daran beteiligt sind oder etwas dazu beitragen möchten.[/spoiler] Eine fremde Frau starrte Liuvin in die Augen. Halb erhoben war der Dolch in ihrer Hand, unschlüssig wo sie zustechen solle. Ihre Kleidung war ärmlich: Ein zerfranster brauner Rock und ein löchriges hellblaues Hemd, von dem der spärliche Stoff über der rechten Schulter nur mit einem Faden halbwegs an seinem Platz gehalten werden konnte. Das Fenster in Liuvins Zimmer, einer der schöneren Räume im Silbernen Drachen, stand offen, so dass die Geräusche des nahen Marktes die Mittagsstille im Haus durchbrachen. Liuvin hielt angespannt die Luft an. Selten hatte Liuvin ihr eigenes Spiegelbild derart fasziniert. So verändert schien sie sich selbst in ihrer Verkleidung, so groß die Möglichkeiten, die sich öffneten, dass ihr ein Schauer über den Rücken lief. Sie zupfte das Kopftuch etwas zurecht, so dass zumindest ein Teil ihrer geliebten roten Haare herauslugte. Mit dem Blick eines Malers legte sie die Klinge des Dolchs über ein Stück noch lochfreien Stoffs und versuchte sich vorzustellen, ob hier ein weiterer Schlitz angebracht wäre. Während sie nachsinnte, erschienen unwillkürlich Nujas und Feuerlockes spektisch dreinblickende Gesichter vor ihren Augen. [i]"Das ist doch Unsinn"[/i], murmelte sie zu sich selbst und legte den Dolch zurück auf den Tisch. Der Hafen war eine verschlossene Welt für sie, versperrt durch eine Grenze die sie deutlich in ihren Worten gespürt hatte. Vielleicht war es, weil sie nie arm gewesen war oder für ihre bloße Existenz arbeiten hatte müssen, aber das wollte sie auch nicht. Sie löste das Kopftuch und warf es auf das Bett. In ihren Gedanken hörte sie schon den Spott ob ihrer wahnwitzigen Idee. Es gab wahrlich dringenderes zu tun, als Bäumchen-wechsel-dich zu spielen: Nach dem freien Zehnttag im Silbernen Drachen, den Aidan ihr verschafft hatte, wurde langsam Miete fällig. In ihrer Börse herrschte Ebbe, und dabei waren die Schulden, die sie bei Feuerlocke hatte, noch gar nicht eingerechnet. Liuvin wandte sich ab und liess sich auf den Stuhl neben der Kleidertruhe sinken. Sie griff nach der Laute, die an der Truhe lehnte, und versuchte die Gedanken mit einer Melodie zu vertreiben. Wenn sie später einige Lieder zum Besten gab, ohne sich zu oft zu verspielen, könnte sie vielleicht wenigstens ihr Zimmer behalten. Mit einem lauten "Zing" zersprang die Saite, kaum dass Liuvin sie berührt hatte. Aufstöhnend dreht sie die Laute, um den Schaden zu begutachten. Sie blinzelte verwundert als sie feststellte, dass die Saite brandneu gewesen war - eine der schönsten auf ihrer Laute, mit einem vollen und harmonischen Klang. Auch jetzt sah sie immer noch makellos aus, wäre sie nicht in zwei Teilen. Sie hatte ihr beim Kauf so sehr gefallen, dass sie bewegt worden war, sie Sune zu widmen. Liuvins Ärger verflog so schnell, wie er gekommen war. Das Zeichen, das Sune ihr gegeben hatte, seit sie auf Amdir ankam, kam ihr in den Sinn. War dies ein weiteres? Eine halbe Stunde später wanderte sie durch die Straßen des Hafens, im ärmlichen Kleid und Kopftuch, die Augen offen haltend nach Leucos Feuerlocke, um ihn an sein Versprechen zu erinnern... |
28.08.2017 05:07:12 | Aw: [RP] Liuvin - Das einfache Leben (#120964) |
Daanik | Das mit dem Versprechen an Liuvin war so eine Sache. Leucos brach es. Mit einem unguten Gefühl in der Bauchgegend verließ er den Kasernenhof der Silberwache und ließ Liuvin zurück. |
30.08.2017 18:01:47 | Aw: [RP] Liuvin - Das einfache Leben (#121000) |
Mash | [b][u]Der Bruch[/u][/b] Leukos Schritte verhallten hinter Liuvin. Sie wandte nicht ihren Blick, doch dafür lauschte sie umso hoffnungsvoller nach dem kleinsten Zeichen des Zögerns, des Umbesinnens im Klappern der Rüstung ihres Freundes. Liuvin wartete und wahrte ihre Haltung, wollte sie doch ihren letzten Worten keine Lügen strafen. Als nichts mehr zu hören war, verließ sie langsam den Hof, den beiden Wachen höflich einen schönen Abend wünschend. Er wollte also nicht helfen - fein, sie hatte die letzten Tage ohnehin schon einiges gelernt. Es war jammerschade, aber sie würde alleine gehen müssen, fürs erste. Zumindest bis Leucos befördert wurde und nicht mehr ständig von wachsamen Augen begleitet würde. Während Liuvins Schritte sie in den Hafen führten, nickte sie kaum merklich zu sich selbst und auch der Hauch eines Lächelns kehrte zurück. Immerhin war der Abend noch jung. Die Bardin bog in eine kleine Gasse ein. Im Halbdunkel zwischen den hoch aufragenden Häusern flüchtete quiekend eine Ratte aus ihrem Nest, das sie in die auseinanderklaffenden Bretter eines kaputten Fasses gebaut hatte. Liuvin stolperte im Dunkel und fand Halt an den kalten Mauersteinen. Ihr schwindelte, so dass sie sich mit dem Rücken an die Wand drückte um auf den Beinen zu bleiben. Ein Atemzug, und ihre Beherrschung fiel. Liuvin sackte an der Wand zusammen, ihre Finger krallten sich wild durch ihre Haare. Jeder Gedanke traf sie in seiner Klarheit wie ein Schlag in den Magen. Das war kein Mißverständnis gewesen und keine Spielerei. Er hatte es ihr doch dargelegt: Nujaima war die Gefährtin seines Vorgesetzten. Nujaima mißtraute Liuvin. Nujaima hatte deutlich gemacht, dass sie den Umgang Leukos mit Liuvin nicht schätzte. Ein Moment brennender Klarheit durchfuhr sie: Nichts konnte dies mehr ungeschehen machen. Mit Mühe zwang Liuvin einen Aufschrei in ihrer Kehle nieder. Am nächsten Morgen zahlte Liuvin ihre säumige Miete bei Marla. Manch längerer Tavernengast war ein wenig verwundert - die Bardin hatte bekanntlich die letzten Tage kaum mehr ein paar Kupfermünzen zusammenkratzen können, und nun war sie wohl über Nacht an gutes Gold gekommen. Weiterhin schickte sie einen Botenjungen zu Frau Kuchen. Dieser einen sorgfältig zusammengerollten Umhang und auf die Münze genau den Leukos geschuldeten Betrag Gold, so dass dieser beides nach Dienstschluss erhielt. Zu dieser Zeit würde schon viel Straße zwischen ihr und Mirhaven liegen. Waren da nicht noch die großen Elfenwälder, die Berge Winterraches und die Stadt unter dem Vulkan? Es war nie ihre Art gewesen, lange zu verweilen. Sie redete sich das so lange zu, bis sie es glaubte. |