18.07.2017 21:55:46 | [RP] Den Nebel durchdringen (#120083) |
Lyraee | Ziegen meckerten, Schafe blökten und inmitten der kleinen Herde trottete im Schatten der Dattelpalmen eine hübsche Schimmelstute friedlich grasend einher. Jamals Tochter trat durch den Palmenhain ans dicht bewachsene, leuchtend grüne Ufer und schöpfte Wasser aus der Quelle, pflückte Feigen, Orangen und Zitronen in einen Korb. Dabei wagte sie kaum mehr als hin und wieder einen schnellen, scheuen Blick auf ihren Gast. Sie war länger geblieben als der Rest der kleinen Expedition. Länger gar, als der Söldner auf seiner gescheckten Stute. Dieser war ein paar Tage zuvor seines Weges geritten. Doch die seltsame Elfe mit dem gezeichneten Gesicht, dem Schwert auf dem Rücken und der Schimmelstute war noch hier. Ihr Vater Jamal hatte sie gelehrt, dass das Wüstenvolk in der Unvergänglichen keine Fragen zu stellen brauchte, denn ihre Zelte, ihre Speisen und Getränke teilten sie mit jedem, ganz gleich wer er war – so verlangte es das heilige Gesetz der Gastlichkeit. So hatte es ihr Vater sie gelehrt und dennoch kam sie nicht umhin sich trotz allem, zumindest heimlich und im Stillen, zu fragen, was die Elfenkriegerin hier bloß noch hielt? Sie erschien entgegen des ersten Eindrucks jetzt schwermütig, müde, melancholisch… War es am Ende simple Lethargie, die sie nicht weiterziehen ließ? Womit haderte sie? Es weckte sie die Hitze der im Zenit stehenden Sonne. Und ein unbestimmtes, merkwürdiges Gefühl, das nicht ihrer selbst zu entspringen schien. Es war mehr als ein Traum. Lue wusste und sie spürte es auch. Es mochten nur einzelne Bilder sein, Eindrücke und die Ahnung von Gefühlen und doch reichten sie tiefer, als es die eines einfachen Traums oder Alptraums tun könnten. Es war die Ahnung, dass der Blick eines göttlichen Wesens sie für einen Lidschlag lang betrachtet hat. Woher sie dies wusste? Ein Rätsel. Denn noch nie hatte sie etwas Vergleichbares erlebt. Noch nie. Es war für sie sehr verwirrend. Und doch empfand sie gleichsam Dankbarkeit. Das, was sie nicht verstand, ließ die Sorgen, den Kummer vergangener Tage sogar ein Stück der Verachtung die tief in ihr schlummerte leichter werden. Über der Ebene von Dünen, hoch oben, hing eine große, goldene, glühende Sonne, die den ganzen Himmel gelb färbte, durch ihre blendende Helle und das Zittern der Luft die Sicht verzerrte. Merkwürdig. Sie berührte vorsichtig ihre Schläfe. Und wovon habe ich geträumt? Gewiss doch wieder… wie so oft…? Aber ich erinnere mich nicht. Vielleicht war eben das ein Stück der Gnade, welche sie, aus welchem Grunde auch immer, erfahren durfte? Misstrauisch war sie. Aber nicht genug um sich ob dieses fremdartigen Gefühls zu sorgen oder ängstigen. Im Gegenteil. Ich breche auf, entschied sie plötzlich. Ich gehe. Heute noch. Wie schon die Tage zuvor sprach die Elfe auch heute wenig mit ihnen, Jamal und seiner Familie, war aber höflich, gar freundlich als sie mit ihnen aß und sich nach dem Wohlergehen ihrer Stute vergewisserte oder die guten Waren lobte, die Jamal feilbot. Heute aber verschwand sie nicht mit vollen Wasserbeuteln hinter den gewaltigen Sanddünen der Ashkar um dann, nach ihrer späten Rückkehr, Stunde um Stunde ihr Rüstzeug und ihr Schwert vom Sand, manchmal auch vom Blut zu reinigen. Denn am heutigen Abend reiste die weißhaarige Elfe, wie es sich zeigen sollte, wieder ab. Sie kaufte die filigrane, hübsche Sanduhr, an der sie von Anfang an Gefallen gefunden hatte, bedankte und verabschiedete sich und ritt davon. Die Feuerkugel der Sonne hatte den blendenden Goldschein verloren. Jetzt, da sie schon tiefer stand, über den zerklüfteten, gezackten Felsen des Dartags, war sie orange. Die Hitze hatte etwas nachgelassen. Zunächst begrüßte Lueith die Kühle freudig, wider besseren Wissens, dass es bald noch kälter werden und sie bald mit den Zähnen klappern würde. Es wurde rasch dunkler. Die Sonne sank über dem gezackten, zerklüfteten Horizont, der Himmel erstrahle in Rot und Purpur. Mit der Dämmerung kam die Kälte. Und Lueith klapperten die Zähne. |
21.07.2017 12:18:35 | Aw: [RP] Den Nebel durchdringen (#120143) |
Lyraee | [i]"Da die gängigen Verständigungs- und Kommunikationszauber unzuverlässig sind sobald der Kontakt jenseits des Meeres liegt, braucht es eine andere Methode. Versteh, Wu Hou … denn eine Reise ans Festland ist für mich im Moment einfach nicht möglich. Ich muss einen magischen Weg finden, ihn erforschen wenn nötig. Ich weiß es liegt viel Arbeit darin. Ein Erfolg ist nicht garantiert. Aber verdammt, es muss doch zumindest klappen 'können'! Auf Basis des Standart-Kommunikations-Zaubers fünften Grades, so meine Theorie mag so etwas vielleicht zu bewerkstelligen sein. Allerdings braucht es dazu weitere Mittel. Neben materiellen Trägern und Komponenten, die Metamagie. Eine Ausdehnung der magischen Wirkungsdauer um das Doppelte… hmn, was sag ich, Mehrfache. Ein knapper Worttausch ist zu wenig. Ungenügend und vollkommen nutzlos. Es muss also irgendwie möglich sein, die Verbindung soweit aufrecht zu erhalten, dass ein… nun… ein Gespräch zu Stande kommen kann! Und… ich könnte Hilfe brauchen. Ich wollte fragen, ob du mir hilfst."[/i] Es folgten schwere und anstrengende Tage, Tage intensiven Studiums und erschöpfender Arbeit in der Bibliothek des Arkanen Ordens oder Elborias. Sie wälzte Bücher, verbrachte Stunden mit der Lektüre des einen oder anderen Bandes Magietheorie. Sie arbeitete sich durch trockene Zyklen, blätterte auch in solchen Werken, die für sie mühsam zu lesen waren. Sie schaute in uralte, vergilbte Kodizes und griff aber ebenso nach den elementarsten Standartwerken voller Kupferstiche. Es lief zäh – doch sie kam voran. Und als sie der Überzeugung war, sich das Nötigste erarbeitet zu haben holte sie sich Wu Huo zur Seite. Sie hatte die ersten Schritte der Metamagie zur Verlängerung magischer Effekte bereits gemeistert und zugesagt Lueith in der Ausarbeitung ihres Zauberspruches, vielmehr des Rituals – so viel hatte sich bereits herauskristallisiert-, zu unterstützen und zu helfen soweit es ihre Fähigkeiten zuließen. Dazu saßen die beiden so unterschiedlichen Frauen entweder an einem Arbeitstisch der Bibliothek über Pergamente, Schriften und Papiere gebeugt oder trafen sich in den Räumlichkeiten des Dojos im Hafen. An der sprichwörtlichen Geduld des schönen Volkes mangelte es der jungen Elfe ganz erheblich, das konnte Wu Hou schnell feststellen – dafür aber fehlte es nicht an Hartnäckigkeit. Oft machte Lueith Gebrauch von ihrem Privileg und stellte der Shou Fragen, ließ sich die mitunter komplizierte Intonation und Bewegung wieder und wieder zeigen, selbst dann, wenn sie auf Anhieb keine Schwierigkeiten zu haben glaubte. Lueith war streng mit sich selbst. Fordernd, rigoros und machmal sogar richtig böse, wenn sie das Gefühl hatte, sie kam nicht recht voran mit der stundenlangen Berechnung von Formeln, Summieren von Spalten und der Auslotung von Gesten und Bewegungen. Denn dies hier forderte ihr soviel mehr ab. Sie wagte sich an eine für sie gänzlich neue Form der Magie, der ausgedehnten Metamagie und zudem an die Entwicklung eines Zaubers, der die Verknüpfung neuer magischer Verbindungen forderte, die das Gewebe möglicherweise gar nicht zu ließ. Eben darum ging Lueith besonders gründlich und strikt ans Werk. Es war schlicht und ergreifend notwendig. Im Vergleich dazu Formeln und Zaubersprüche niedergeschrieben zu studieren und in ihr Zauberbuch zu übertragen, in Sprachen die die Elfe perfekt beherrschte und die sie sich so leicht einprägen konnte, war dies hier eine geradezu titanische Anstrengung, die Fortschritte minimal, der Aufwand groß und der Erfolg ungewiss… dennoch arbeitete Lueith verbissen und entschlossen auf ein Ziel hin. Sie notierte, skizzierte und zeichnete um diese Zeichnungen und Entwürfe zunächst Wu Huo, vielleicht auch Roan (wenn sie gut genug waren) und am Ende hoffentlich den Handwerkern zu überreichen. Alchemist, Feinschmied, Juwelier, Gemmenschleifer und Runenschmied wurden gebraucht. Doch das kam erst später. Viel später. Eins nach dem anderen! Vor der Praxis war zunächst die Theorie zu bewältigen. [i]Ich brauche Wissen und Informationen. Ohne sie bin ich machtlos. Wenn es genügen würde, auf den höchsten Turm der Akademie zu steigen und laut zu rufen, wäre es ja auch zu einfach…[/i] |
17.08.2017 11:47:58 | Aw: [RP] Den Nebel durchdringen (#120728) |
Lyraee | Lueith hielt den Atem an und seufzte dann laut auf. Ihr wurde unweigerlich schwindelig bei dem Gedanken, wie viel dieses Diamantencollier wert sein musste das sie gerade aus dem bei Frau Kuchen für sie hinterlegten, seidenen mit floralen Mustern bestickte Täschchen gezogen hatte. Die edle Weißgold-Fassung, der meisterhafte Brillantschliff und das Strahlen der edlen Steinchen sprachen für sich. Das waren alles in allem sicherlich an die zehn Karat! Bewunderung riefen nicht nur Schönheit und Kostbarkeit des Schmuckstückes hervor sondern auch der pragmatische Aspekt war es, der Lueith [i]so[/i] seufzen ließ. Ja, damit ließ es sich arbeiten. Keine kleinen, versprengten Diamantbröckchen, sondern echte Klunker. Puh… Zumindest für die erste Phase des Experiments konnte sie sich damit spielen ohne etwas daran kaputt zu machen. In jedem Falle wäre das Material hilfreich genauer festzulegen von welcher Größe und Beschaffenheit die Edelsteinkomponenten tatsächlich sein müssten, die ihren Zauber stabilisieren und kräftigen sollten. Es war ja bekannt, dass der Diamant auf die magischen Veränderungen seiner Umwelt bestens reagierte und die Energie besonders aufwerten, konzentrieren und verstärken konnte. Zusammen mit der richtigen Anordnung von Kerzen und den Spiegeln (die ebenfalls eine Leihgabe waren) mochte sich der Effekt des Verständigungszaubers vervielfältigen und ausdehnen lassen. Ein Wiederhall der Energie ohne größere Verluste der Kraft. Hah! Außerdem war der Diamant für vielzählige Hellsichtszauber unerlässlich. Wenn es Mithilfe dieses Steines also möglich war die Nebel von Zeit und Raum zu durchdringen, so musste es doch auch mit denen Amdirs gelingen! Sie gewöhnte sich überraschend schnell daran mit dem Collier zu hantieren und ebenso schnell ließ sie es auch bleiben Überlegungen anzustellen, wie viele Häuser wie eingerichtet, wie viele Pferde samt Ausstattung man für den Wert dieses Schmuckstücks erwerben könnte. Irgendwann nachdem sie stundenland durch das Zimmer gewetzt oder auf waghalsige Konstruktionen aus Stühlen und Hockern gestiegen war um mit der Brechung des Lichts in allen erdenklichen Positionen zu experimentieren, nachdem sie Berechnungen angestellt und seitenweise Notizen zusammengekritzelt hatte, ließ sie sich erschöpft auf das Sofa fallen, warf mit Schwung ein Bein über die Lehne und ließ die Diamanthalskette vor ihren Augen pendeln, während ihr vor Gedankenfetzen surrender Verstand aus dem "Arbeitsmodus" langsam zur Ruhe fand. Der Ort! Ja, den Ort um das alles durchzuziehen, den muss ich auch noch wählen. Klug wählen. Vielleicht ein Raum im Palast der [i]Seldarelle[/i]. Oder in der Akademie des Ordens? Sie wären sicher mit allen möglichen Zaubern geschützt, mehr noch, als sie selbst erbringen konnte. Irgendwann schwiegen die Gedanken, driftete ab und dann war Stille. Lueith betrachtete das hypnotische Glitzern der Diamanten - lange, bis die Stille drückend wurde und das Glitzern sie nicht mehr recht faszinierte. Sie schnaubte leise und richtete sich ruckartig wieder auf, ließ den Blick durch den Raum gleiten und war plötzlich trotzig froh, dass [i]niemand[/i] Gelegenheit hatte sie bei ihren aberwitzigen Versuchen zu beobachten und sich über schrullige Magier-Manieren lustig zu machen. Aber der Schmuck, der Schmuck war wirklich sehr schön. Kurz fragte sie sich, dann zögerte sie. Dann stahl sich ein kühnes Grinsen über ihre Lippen. Ach! Wann hatte man denn schon Gelegenheit…?! Die Elfe trat an einen der aufgestellten, größeren Spiegel und hielt sich das funkelnde Collier an den Hals, strich sich die Haare so, dass sie die Narbe wenigstens ein bisschen verdeckten, reckte den Kopf, drehte ihn nach rechts und betrachtete sich. Sie rückte die dunkelgraue Bluse unter dem Schmuck so zurecht, dass er mehr auf der Haut lag und ein klein wenig Dekolleté zu sehen war. Eigentlich ganz zufriedenstellend… [i]Neshanas[/i], dachte sie gleichmütig. Königinnenschmuck ist nichts für mich. |
26.09.2017 05:40:09 | Aw: [RP] Den Nebel durchdringen (#121472) |
Samy | Vorsichtig legte Luca das Collier in das Wasserbecken vor sich. Dort lagen schon ihre Feinwerkzeuge bereit, teils aus Metall, teils aus Holz. Die wichtigsten Werkzeuge aber waren Klingen und Hebel aus den Zähnen riesiger Haie und den Knochen von Walen. Letztere waren mit elfischen Runen verziert, die den Wal dafür dankten, dass er nach seinem Tod seine Knochen hinterlassen hatte. Luca nahm den Wasserkristall, den sie immer als Anhänger verborgen am Hals trug in den Mund und aktivierte dessen Magie. Der Kristall wuchs und stoppte erst, als er Lucas Mund und Nase umschlossen hatte. Dann tauchte Luca Kopf und Oberkörper tief in das Becken. Wie immer brauchte sie einen Moment, sich an das Atmen unter Wasser zu gewöhnen. Die magische erzeugte Luft des Kristalls schmeckte eisig und erschien schwerer zu sein als normale Luft, füllte die Lungen mit den ersten Atemzügen vollkommen aus. Dann begann Luca die Arbeit, die Diamanten vorsichtig aus ihren Fasungen zu lösen ohne die filigrane Struktur des Colliers zu beschädigen. Es war eine stundenlange Arbeit, doch ihre spezielles Werkzeug und der Umgebungsdruck des Wassers leisteten dabei die notwendige Hilfe und Unterstützung. An der Luft wäre die Gefahr zu groß gewesen, dass die Struktur bricht, das Wasser aber füllte den nun leeren Platz eines Diamanten sofort aus und schützte das Colliere. Luca hatte längst die Zeit vergessen, zweimal musste sie pausieren und die Magie des Wasserkristalls wieder aufladen. Doch als die Morgensonne die Planken des schiffes erreichten, war sie erfolgreich fertig .... mit diesem ersten Schritt der Arbeiten. |
02.02.2018 15:41:19 | Aw: [RP] Den Nebel durchdringen (#123753) |
Lyraee | Alles lag in Schatullen oder Kisten verstaut bereit. Die neun Kerzen von Nujaima. Drei weiße, drei graue, drei schwarze. Die Runensteine von Wu. Die Spiegel und Diamanten von Frau Bethsaba. Und natürliche ihre eigenen Schriften über die erarbeitete Formel, der Zauberspruch und das Herzstück des Rituals, das die Magie entfesseln und Amdirs Eigenwilligkeit überwinden sollte. Nur eines fehlte noch. Noch einmal kontrollierte sie jede einzelne der zahlreichen Skizzen und jeden Entwurf. Stimmten die Maße und gekennzeichneten Maßeinheiten? Die Winkel? Waren die Runen gut leserlich, die Beschreibung eindeutig? Idiotensicher? Bestimmt nicht. Diese Apparatur war durchaus komplex – also per se nichts für Idioten. Bald sollten die Entwürfe den Handwerkern überreicht werden. Sobald Lueith sie aus der Hand gäbe… läge es eben nicht mehr in ihrer Hand, sondern in fremden. Und sie wusste nicht welche Hände und welche Köpfe sich am Ende über ihre Vorlagen hermachen würden. Wie verständig, wie geschickt sie wären. Was sie am Ende verlangen würden. Jetzt lag es an Seamus und seiner findigen Art, der sie durchaus vertraute, dennoch... Lueith rieb sich kräftig die verunstaltete Wange. Der Schmerzimpuls der Narbe ließ ihre Mimik kurz erstarren, verschaffte ihr aber Erleichterung. Noch einmal kontrollierte sie jede Einzelheit, die auf dem Papier verzeichnet war, folgte mit ganzer Konzentration jedem Kohlestrich. |
16.02.2018 15:11:10 | Aw: [RP] Den Nebel durchdringen (#123964) |
Lyraee | Sobald Lueith das nächste Mal ins Mietshaus einkehrte, würde sie von der freundlichen Frau Kuchen abgefangen werden. Glücklicherweise keine Beschwerden, die sie da vorzutragen hatte, sondern lediglich ein für sie hinterlegtes ... nun, "etwas". So ganz genau konnte sie das selber nicht einordnen, was das sein sollte. In einem nahen Abstellkämmerchen hatte sie es eingeschlossen und wollte die junge Elfe reinführen, damit sie ihr neues Kleinod selber aufs Zimmer bringen konnte. Die Kammer war mit allerlei Hausmeistergerümpel vollgestellt und einigen Fundsachen vorheriger Bewohner, die die gute, eben sparsame Frau noch aufbewahrte - teils sicher als Dienst der Stadt. Ein verdächtig! aussehendes Stück, abgehängt mit einem einfachen Tuch, stand recht zentral greifbar und musste Lueiths Hinterlegschaft sein. Sobald gelüftet, offenbarte sich darunter ... es wird wohl eine Art Stativ sein, ein gutes Dreibein (nicht die männliche Sorte). Ähnlich wie bei einer Staffelei, aber doch mit vielerlei eigenwilligen Scharnieren und Bügeln und Bogen, die man verdrehen und verstellen konnte. Gefertigt war es allerdings nicht aus Holz, sondern Metall - für Kenner eine interessante Mischung von Elektrum, also Gold mit Anteilen an Silber und Kupfer, was eine kräftige Bernsteinfärbung bewirkte und ähnlich teuer sowie aufwendig ins Sortiment von Lueiths bisherigen Zauberkomponenten passte. Ohne Quietschen oder Schaben ließ sich alles wunderbar verstellen, drehen, schrauben. Ohne Zweifel gute Qualität, aber ... irgendetwas blieb seltsam. Schwer zu bestimmen. Als Kind des hehren Volkes hatte die Klingsängerin sicherlich bereits viele Kunstwerke, auch der handwerklichen Sorte bewundert. Dies hier war nicht von einem wahren Meister gefertigt, nein. Es war vielmehr, das konnte die Silberelfe mit genauerer Betrachtung, auch der fingerfertigen Sorte, nach und nach ergründen, eine äußerst geschickte und aufwendig Kopie. Eine Fälschung! Nicht, dass sie sich falsch verhielt, nein. Aber irgendetwas, wie ein untergründiges Gefühl, das wahre Kunstkenner beschleichen mochte, war einfach nur ... nachgeahmt. Das wahre Genie mit einem gleichsam irren Genie neuaufgesetzt. Machte das einen Unterschied für ihre Zwecke? Das mochte sie selber nur entscheiden. Solange sich alles recht verhielt für die Brechung, die Winkel, die Halterungen die Diamanten hielten ... sicher lag auch eine gewisse Schönheit, wenn auch kirrer, geckenhafter Natur, in der Perfektion einer solchen Nachahmung. Ihren Plänen und Skizzen mochte es jedenfalls durchaus entsprechen. Das unruhige Rumoren im Kelemvor-Tempel gegenüber des Mietshauses flaute auch dieser Nacht und die folgenden Nächte ab, hatte der Spuk endlich ein Ende gefunden. [Spoiler]Vielen Dank für die Beteiligung und für den Text, Durgarnkuld! :) [/Spoiler] |
19.02.2018 12:17:35 | Aw: [RP] Den Nebel durchdringen (#124042) |
Lyraee | Es war alles bereit. Lueith stand vor der merkwürdig und obskur wirkenden Apparatur und spielte zum hundertsten Male an allen Winkeln, Drehelementen und Halterungen herum. Die Edelsteine passten exakt in die Auflageflächen. Es konnte endlich beginnen. Zuvor aber musste sie irgendwie sicher stellen, dass der Gegenpart, ihr Ansprechpartner auf irgendeine Art und Weise wusste, dass ein Kontaktversuch stattfinden würde. Dass er die Hand ausstrecken musste, wenn es soweit war. Neben ihrem Vater und ihrer Mutter war es Al’ath‘emar, der ihr in den Sinn kam. Der weise und kluge Wissenshüter ihres Hauses. Die Magie war ihm gewiss nicht fremd, er würde es also zu deuten wissen und wenn nur ein Lufthauch ihrer magisch ausgesandten Wellen bei ihm ankam, er würde wissen, was zu tun war. Jeden Tag, von nun an, wandte sie ihren Zauber an um ihm diese Nachricht zu schicken, ihn vorzubereiten: "Erinnerst du dich an mich? Ich bin es, Lueith. Schau gut hin, höre hin. Nach Jahren kehre ich mit einem Zauber zurück. Schau hin, Al'eth'emar. Bald ist es soweit!" [color=#2e8b57]Augen sahen ihn an, grün wie Smaragde. Nein, heller. Wie Frühlingsgras. Zum wiederholten Male in seiner Reverie sah er in diese Augen. Schau gut hin. Nichts, nichts hilft es dir, die Augen zu schließen. Schau, schau auf die, die ihr zurück gelassen habt. Es war seine eigene Stimme, die sprach. Dann ihre: "Erinnerst du dich an mich?" Ein plötzlicher Ausbruch von Klarheit, der den Rauchvorhang wegriss. Große von Kerzen schwere Leuchter, an denen Zungen von Wachs herabliefen erhellten die marmorne weiße Wendeltreppe. Er war in ihrem Gemeinschaftshaus in Immerlund. In der Halle des Wissens und zu ihm herab stieg ein grünäugiges, weißhaariges Elfenmädchen. Es trug ein hübsches Kleid, grün, weiß und golden, mit einer kleinen Schleppe. Erinnerst du dich? Ja, ich erinnere mich, Arwen. "Nach Jahren kehre ich mit einem Zauber zurück. Schau bitte hin, Al'eth'emar. Du wirst mich doch wieder erkennen?" ihre Stimme klang gar nicht mehr kindlich. Fest und hart, doch verzweifelt bittend. Sie nahm ihn in die Gartenlaube mit. Wärme, Blumenduft und das schwere, monotone Summen von Bienen. Er sah sich selbst, wie er auf Knien einer jungen Elfe mit weißen Haaren, die in Strähnen aus einem Haarknoten hervorfielen, eine Rose gab. Es wurde dunkel. Immer werde ich dich wiedererkennen, Arwen. Wieder seine Stimme, im Dunkel und in der Finsternis, die alles verschlang. Lueith, ihre Mädchenstimme, sang leise den elfischen Kinderreim: [i] Spinnen weben fleißig Netze, Mit Geduld den ganzen Tag Lauern und erwarten gierig Des Opfers letzten Flügelschlag. In tiefen Höhlen, an der Decke Denn dort fürchten sie kein Licht Verborgen im seidenen Verstecke Mädchen, fürchtest du dich nicht? [/i] Ich weiß! Ich weiß wo dein Schicksal geendet hat! Quäl mich nicht, Gewissen. "Ich bin nicht dein Gewissen! Ich bin es, Lueith!" Aus den Rauchschwaden öffnete sich plötzlich das Dunkel und ihn sahen dunkel glühend grüne Augen an, die in einem feinen Elfengesicht brannten und nur für einen kurzen Moment von der tiefen, hässlichen und blutigen Narbe auf ihrer linken Gesichtshälfte ablenken konnten. "Du weißt viel zu wenig." Die feinen Züge des Phantoms verzogen sich, über das mondblasse Gesicht rann eine Träne und noch eine, schnell und immer schneller, zahllos. Sag es mir, was geschehen ist! "Das werde ich. Aber dafür musst du zurückschauen. Hinschauen. Ich werde dich bei der Hand nehmen, in den Nebel führen, kalt und feucht. Aber du, du musst mit mir gehen. Schau hin, Al'eth'emar. Bald ist es soweit!" Sie wandte sich langsam um und ging. Hinein in einen Nebel, in dem alles versank. Das nasse, von Tropfen funkelnde Gras unter ihren Füßen roch schwer, süß und erzeugte Trägheit, die es unmöglich machte, ihr zu folgen. Kummer blieb zurück.[/color] Aus dem Hier und Jetzt schwebte eine feingliedrige Hand auf seine Schulter. Diese Hand gehörte seiner geliebten Si'via. "Wieder diese Vision?" fragte sie besorgt. Seine Augen, die für das Äußere wieder offen waren, erblickten unter seinem Balkon im Glanze einer untergehenden Sonne, das wunderschöne Leuthilspar. Schön und unwirklich wie ein Gespinst aus Nebeltau. So zierlich und kunstvoll ragten die vielen Glas- und Alabastertürmchen in die Höhe. Wie weiße Flecken auf einem Gemälde leuchteten die Segel der Elfenschiffe im Hafen. Seine Augen hatten sich an diesen Anblick längst gewöhnt – und doch verlor die Stadt ihre Schönheit niemals. "Ich höre Sorge in deiner Stimme, Geliebte. Das ist nicht nötig." "Aber es belastet dich, mein Liebster." "Ich weiß die Schwierigkeit zu ertragen und ich glaube auch die Botschaft darin zu erkennen. Es bereitet mein Herz und mich vor. Auf etwas...ich weiß nicht ob ich es glauben kann. Ob ich es zu glauben wage." |
16.04.2018 15:00:54 | Aw: [RP] Den Nebel durchdringen (#125037) |
Lyraee | Lueith vergewisserte sich nochmals, dass der ganze Innenhof des Palasts von dem erschaffenen Schutzfeld blockiert wurde das die Sicht und Geräusche dämpfte und sogar magische Spionage nahezu unmöglich machte, dass sie also zuverlässig abgeschirmt waren. Sie warf den Umhang zurück. Unterm Umhang trug sie eine dünne, weiße Bluse und eine schwarze Hose, die am Bund von einem Gürtel aus silbernen Metallgliedern gehalten wurde. Die Elfe hob die Hand und berührte die silberne Brosche in Form einer Rose, die mit einem schwarzen Samtband eng an ihrem Hals lag. Sie mochte die Enge an ihrem Hals nicht. Aber ihre Mutter hatte die Brosche stets so getragen – also, dache Lueith, wollte sie das Schmuckstück ganz genau so tragen. Darunter führte eine feingliedrige silberne Kette ihren Weg zu ihrem Dekolleté, das von einem, ebenfalls in Silber gefassten, Amulett aus Labradorit geschmückt wurde. Drei schwarze, drei weiße, drei graue Kerzen standen in von Kupferdraht umwickelten Leuchtern bereit, die wiederum mit konkaven Spiegeln versehen waren. Lueith zündete nacheinander die neun Kerzen in den seltsamen Leuchtern an, indem sie elegant ein kleines Flämmchen zwischen Daumen und Zeigefinger hervorzauberte. Sogleich wurde der Saal in ein flackerndes Licht getaucht, das von den Spiegeln optisch vervielfacht den Raum erhellte. Innerhalb der kreisförmig gelegten, hellroten Fliesen des Steinbodens bildeten zahlreiche magische Symbole einen zweiten, kleineren von Runen und auch Runensteinen übersäten Kreis. Die Elfe stieg über diesen achtsam hinweg. Die Flämmchen der Kerzen schwankten mit bläulichen Feuerzungen als sie an ihnen vorüber schritt. In die Mitte stellte Lueith eine groteske aber filigran wirkende Apparatur mit Hebeln, Drehelementen und Halterungen - auf diesen wiederum waren sorgfältig drei Kristalle angebracht. Der Schliff der Unterseiten der Diamanten entsprach in der Form den Halterungen an der Gerätschaft, so dass die Lage naturgemäß exakt sein musste. Beinahe jede Komponente war speziell für diesen Zweck angefertigt oder angepasst worden. Die Runensteine von Wu Hu. Die Spiegel und die Diamanten, die aus dem Besitz von der Dame Geneva stammten und derer sich die Juwelierin Luca sorgfältig angenommen hatte. Die Kerzen, von der Geisterschamanin Nujaima eigens für diesen Gebrauch gezogen. Und nicht zuletzt die Apparatur zum exakten Ausrichten und halten der Edelsteine – von Seamus geschickten Fingern geschaffen. Obwohl Lue sich exakt an die eigens erforschten und festgelegten Anweisungen hielt, überprüfte sie alles noch einmal mehrfach. Sie wollte keinen Fehler riskieren. Sie wollte am Ende nicht der eigenen Dummheit vorwerfen müssen, dass der Zauber nicht funktionierte, wie er es in der Theorie sollte. Die Elfe trat zurück und wandte ihre smaragdgrünen Augen schließlich dem Menschenmann zu, der bislang etwas abseits und schweigend in der Nähe eines unweit plätschernden Brunnens ausgeharrt hatte. „Dein Elfisch ist gut… aber noch nicht gut genug. Wir werden keine Zeit haben Sprachbarrieren zu umschiffen.“ Sie schmunzelte leicht, fragte dann: „Bist du bereit?“ Erst als sie sich seinerseits Vergewisserung verschafft hatte, hob sie die Hand und zeichnete verschlungene Linien in die Luft, intonierte ruhig und mit sicherer Stimme den Zauberspruch, der es Dreufang ermöglichen würde, das Gespräch mitzuverfolgen, die Sprache zu verstehen und gar selbst zu sprechen, als wäre es seine Muttersprache. Die Magie war schon ein erstaunliches Wunderwerk, machte so vieles möglich, sprengte Grenzen von Raum, Zeit und Geist. Darum liebte sie sie so sehr. Mystras Wege konnten überall hinführen. Als der Zauber beendet war, lächelte sie Dreufang noch einmal dünn zu, suchte und fand Mut in den Blicken, die sie tauschten. Schließlich stellte sie sich an die Spitze des in den Kreis gezeichneten Pentagramms, schaute noch einmal in das auf dem Tischchen liegende Grimoire , holte tief Luft, hob die Hände und skandierte einen Spruch. Die Kerzen brannten sogleich heller, die Facetten der Diamanten blitzten auf und verströmten Lichtbündel die alsbald ihre schillernden Farben veränderten. Die Bündel zielten auf die Runensteine des Kreises. Die Luft wurde schwer und erzitterte unter der magischen Energie, die bis an die Abschirmung brandete und wie Wellen dagegen schlug. Schatten begannen von den funkensprühenden Kerzen auf dem Boden zu tanzen, erwachten zum Leben und änderten ihre Formen. Das aus den Diamanten hervorbrechende Licht durchstieß den Rauch in hellen Lichtstreifen. Lueith senkte die Hände nicht, unterbrach nicht die Hervorrufung. Aus den tanzenden Schatten begann sich eine Gestalt aus aufsteigendem Rauch zu formen, sie begann Farben von den bunten edelsteinengefärbten Lichtbündeln aufzunehmen, sog sie heraus und wuchs blitzschnell zu einer merkwürdigen Figur heran, die pulsierte und zitterte, wie eine über den Boden kriechende Rauchwolke Gestalt und Struktur immer wieder veränderte. Noch ein Augenblick, und im Zentrum der magischen Kreise zeigte sich plötzlich, in Konturen und Farben magisch zusammengefügt, das Bild eines aufrecht stehenden elfischen Mannes, der Würde und Stolz aber auch Härte ausstrahlte. Er war sehr feingliedrig, hatte langes schwarzbläuliches Haar, stark von weißen Strähnen durchsetzt. Er trug ein dunkelblaues Samtwams mit typisch elfischen, goldenen Verzierungen über die gesamte Länge der Knopfleiste. Seine Augen waren schön, hell wie geschmolzenes Silber, sehr sanft. Und voll unvorstellbarer Melancholie. Das gesamte Antlitz seiner Gestalt jedoch war wie von einem unruhigen Schleier belegt, der immerzu wogte. Die Kerzen sandten Rauchfäden empor, die Diamanten waren erloschen. Lueith senkte die Hände, entspannte die Finger und war mit dem Anblick des Elfen wie zur Salzsäule erstarrt. Regungslos und mit geweiteten Augen betrachtete sie ihn. Es spiegelten sich auf ihrem vernarbten Gesicht kaum Empfindungen, doch Dreufang, der Lueith kannte, sah wie sich ihr Blick veränderte, vor jähen, heftigen Gefühlen flackerte. „Du bist erschienen, Al'eth'amar“ sprach sie mit fester Stimme, die sie selbst überraschte. „Das heißt, du hast meine Nachrichten erhalten. Ich bin froh, dass du entschieden hast, dich darauf einzulassen. Es... es ist schön dich zu sehen.“ Auf den Gesichtszügen des Elfen ließ sich der Anflug eines Lächelns erahnen. Er neigte den Kopf und schaute sie aus seinen silbernen Augen lange an. Lueiths schloss ihre von den abstrakten Gesten des Rituals noch leicht brennende Finger zur Faust, öffnete sie wieder. Angespannt. Ungeduldig. „Bitte, Al'eth'amar“ krächzte sie. „Rede endlich. Hast du mir nichts zu sagen?“ Er schaute sie noch immer ruhig an. „Deine Nachricht habe ich erhalten, Arwen“, sprach er endlich. „Wenn auch sehr bruchstückhaft und diffus. Mehrere Zehntage, habe ich meine Reverie darauf verwandt in mich zu horchen um der fernen Stimme nach zu folgen, die so undeutlich in meinem Geist wieder und wieder nach mir rief, mir keine Ruhe ließ. Ich dachte schon, du sprichst aus Arvandor zu mir so unwirklich schien mir dein Versuch des Kontakts. Ich wusste bis heute nicht, worauf ich mich einlassen würde. Doch ich wusste, dass ich einen Blick riskieren wollte. Darum habe ich diese Teleprojektion empfangen. Bist du es wirklich, Lueith?“ Sie atmete durch, zwang sich zur Ruhe. „Ja, ich bin es wirklich. Lueith Elavin Raernean.“ Der Elf schwieg, das Bild seiner übertragenen Gestalt zitterte, flackerte, es verschwand für einen Moment. Lueith erhob die Hand um die Magie festzuhalten, da zuckte das Bild bereits wieder in seinen ursprünglichen Zustand. „Es ist Jahre her. Du warst eine Halbwüchsige, als dieser schreckliche, schreckliche Tag so viele Kinder aus unserer Gemeinschaft und viel zu früh aus dem Leben riss. Nun bist du kein Kind mehr, nicht wahr. Wie nennst du dich heute, Elavin?“ „Larin“, antwortete sie ohne ein Zögern, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. „Larin“ wiederholte er eindringlich und ernst. „Jene, die durch die Nacht wandert. Jene, die durch das Dunkel kommt. Sicherlich ein Name, der bestens passt, den du nicht umsonst gewählt hast.“ Er verstummte, faltete die Hände in seinem Schoß und betrachtete sie lange. Ließ seine silbernen Augen über ihre Gesichtszüge tasten, für einen Wimpernschlag länger an der Narbe verharren. „Viele Jahre haben wir nach dir gesucht, wenn du es bist, und größte Anstrengungen unternommen. Um dich zu finden haben wir Fährtenleser und Agenten in den Wald geschickt. Wir haben Haare von dir aufgesammelt und damit Magier, Astrologen und Wahrsager beauftragt. Alle Spuren endeten mit dem Hinweis, du wärst im Reich derer, die vom Schöpfer verflucht wurden. Und damit ganz sicher dem Tode geweiht. Was uns nicht geglückt ist, ist dir nun gelungen. Wir haben zu früh aufgegeben aber du hast uns gefunden. Mich gefunden. Und du sagst mir du seist die so schmerzlich vermisste Tochter, du hättest überlebt, was unmöglich schien… Ich kann es kaum glauben und doch will ich es sehr. Bitte sag mir, was ist ...“ Seine Stimme brach unvermittelt ab, das Bild flackerte, wurde undeutlich und trüb von dunklem Rauch eingehüllt und in den Konturen verzerrt. Lueith fluchte lästerlich als sie verstand: die Projektion wurde instabil. Sie hob die Hände, schloß die Augen, begann zu murmeln. Der Zauber war kompliziert und erwies sich als verteufelt anstrengend. Lueiths geschlossene Lider zuckten. Erst als sich der Rauch verzog, das schwarz wogende Bild wieder schärfer wurde, klarer, hörten sie Al’eth’amars Stimme wieder, verzerrt, dann normal. „..geschehen?“ „Du hast allen Grund zu zweifeln“ erwiderte Lueith, der Schweißperlen auf die Stirn getreten waren, schwer durchatmend und ohne ihre Bitterkeit darüber zu verhehlen, dass selbst Verwandte ihr Leben offenbar für widersinnig hielten. „Ein Überleben, an das niemand mehr glaubt, kann schließlich nicht wahr sein, oder?“ Über Al'eth'amars Gesicht huschte etwas wie ein Schatten. Bestürzung und Bedauern. „Ich habe nichts, um deine Zweifel zu zerstreuen. Aber hör mir gut zu, vielleicht glaubst du ja was ich zu berichten habe. Ihr habt die Spuren richtig verfolgt – wenn auch nicht bis zum Ende. Ich wurde von einem Greifer der Dunklen erwischt. Er kannte meinen Namen, fragte nach mir – dann brachte er sie alle um. Myesal, Arvandel, Firanis und Veraera. Er brachte mich ins Unterreich zu seinesgleichen wo er mich gefangen hielt. Für... Monde? Jahre? Wie viele Jahre waren es eigentlich? Egal. Was habe ich die Tage zu zählen versucht. Irgendwann war es egal. Inzwischen ist es immer noch egal. Denn schließlich, nach einer Ewigkeit, bin ich ihnen entkommen. Mit Hilfe von jemandem - aber niemand der in eurem Namen gehandelt hat. Vor Tiefwasser sah ich das erste Mal den Himmel und die Sterne wieder und war geblendet. Ich brauchte Tage, Zehntage um mich überhaupt wieder an das Licht der Sonne zu gewöhnen, das ich so lange vermissen musste. Die erste Zeit konnte ich ausschließlich unter dem stinkenden Deck des Schiffes hausen, wie eine Ratte und dann nur des Nachts herauskommen, wie eine Fledermaus. Ich hielt mich versteckt, statt zu euch zurückzukehren – aus Angst vor dem Spinnensohn der mich an der Leine hielt wie ein Haustier. Ja. Aus Angst. Und aus Scham.“ Sie verstummte, wandte ihren Blick ab und spielte an der silbernen Kette des Labradoritanhängers. Ihre Augen verschlossen sich für beide. Für den Elfen mit den Silberaugen und Dreufang gleichermaßen. Sie warf stolz den Kopf zurück, als sie wieder zu der Teleprojektion blickte und weitersprach. „Wie du siehst hab ich das überwunden. Vor einer Weile, ein paar Mondläufen fiel mir die Brosche meiner Mutter in die Hände. Das hat mir entscheidend dabei geholfen.“ Sie berührte mit den Fingerspitzen die Rose an ihrem Samthalsband. „Woher hast du das?“ fragte der Elf ernst. „Es ist ihre. Ohne jeden Zweifel“, überging sie seine Frage. „Und sie erinnerte mich, dass ich einst eine Familie hatte, eine Gemeinschaft in Immerlund... Dass, egal was geschehen ist, ich mich nicht zu schämen brauche. Denn was passiert ist, war nicht meine Schuld. Dieser Gedanke spornte mich an und gab mir den Mut, dich zu finden. Ich musste einfach. Also... Al'eth'amar: Glaube mir, nutze die Gelegenheit – denn eine zweite wird es nicht geben - und lass uns reden oder glaube mir nicht und wir beenden dieses Gespräch. Dieser Zauber kostet viel Kraft...“ „Deine Wut wundert mich.“ Er hob etwas den Kopf an und öffnete die Augen weit. „Sie wundert mich über alle Maßen. Und zugleich wundere ich mich nicht. Es kann nicht anders sein, da das doch das Blut von Calathaviel und Lorácaryn ist. Du hast dir dein Temperament offenkundig bewahrt, Elavin. Beruhige dich. Mir scheint ich muss dir glauben. Denn ich erkenne dich wieder.“ „Ich bin ruhig“ log Lueith und verbarg ihre zitternden Fäuste im Rücken. Auch ihre Stimme bebte, weshalb sie nun leise sprach – auch sanfter. „Und danke. Danke, dass du mir glaubst. Dass du mich erkennst. Bitte eile dich, denn ich weiß nicht, wie lange ich diese Verbindung noch aufrechterhalten kann. Was ist mit euch, meiner Gemeinschaft? Wo sind die Geschwister von Haus Raernean? Was ist aus meinen Eltern geworden? Warum kannte dieser Drow meinen Namen? Warum ist all das geschehen, Al'eth'amar?“ „Du hast viele Fragen, Arwen und nicht auf alle weiß ich eine Antwort. Insbesondere deinen Fragen nach dem Warum kann ich dir keine Antwort geben, was ich sehr bedaure. Ich will dir behilflich sein und was ich weiß, werde ich dir sagen. Doch auch für uns haben sich die Schicksalsfäden, in die wir alle verstrickt wurden, nicht entwirren lassen. Es gab damals Unruhe und Diskrepanzen im Rat von Immerlund, wie du dich vielleicht erinnerst.“ Sie unterbrach ihn nicht. „Deine Mutter brachten die Dinge sehr auf. Sie war ähnlich schnell aufzubringen wie du“, fuhr er ruhig fort, lächelte leicht. Nur für einen Moment. „Sie betrachtete zunehmend mit Ablehnung und Argwohn, was andere verbissen aber trickreich und mit Tücke forcierten und tat alles um das zu stören. Dabei legte sie eine Beharrlichkeit an den Tag, an der sich schon viele Mäuler die Zähne ausgebissen haben. Sie stellte in Frage, sperrte sich in Abstimmungen, gewann den Rat in Entscheidungen immer wieder für sich, erwirkte Handelsbeschränkungen, trieb Strafzölle voran. Kurzum war sie für gewisse Interessen eine zutiefst unangenehme Persönlichkeit, ein Dorn im Auge. Wir nehmen an, dass sie sich mit ihrer Haltung Feinde gemacht hat. Mächtige Feinde - auch außerhalb Immerlunds. Denn mit welchem Dreck man versucht hat sie zu beschmutzen, das sind Methoden reinster Niedertracht... niemand der Calathaviel und Ruadeth kannte glaubt, dass es wahr sein kann, was geschehen sein soll.“ Sein Gesicht war hart wie der Stein der Statuen, die den Palast der Elfenkönigin schmückten. Lueith überwand mit Mühe den Krampf in ihrer Kehle. „Und was ist geschehen?“ krächzte sie. „Deine Eltern sind tot. Sie starben. Gefunden wurde ein gefälschter Abschiedsbrief der die ganze Tragödie jämmerlich zu erklären versuchte. Sie wären zerbrochen an dem Verlust der Tochter, hätten keine Hoffnung mehr für dich, für sich und unser ganzes Haus gehabt. Es wurden Phiolen von Gift gefunden. Als Gipfel eines unrühmlichen und unwürdigen Dramas sollen sich beide das Leben genommen haben. Suizid mit Gift! Es passt nicht zusammen. Nein, Larin. Niemand von uns glaubte daran, dass es ausgerechnet deine Eltern waren, die dich als erste aufgegeben haben sollen – nach so kurzer Zeit. Dein Verschwinden war kein halbes Jahr her. Doch genau so und nicht anders erklärte die Inszenierung ihren Tod und die Menschen klatschten sinnbildlich Applaus, in dem sie es glaubten. Ob es die Art der Elfen, unsre Art ist, daran verschwendeten sie keinen Gedanken. Dass ein Elf keinen Suizid begehen muss, wenn er sich entschließt, diese Welt zu verlassen tun sie als Mythos, Märchen und elfische Philosophie ab. Ein solcher Tod ist für sie viel unwahrscheinlicher und unmöglicher als ein Selbstmord durch Gift. Ihr ganzes, kurzes Leben lang verbringen sie in einer Stadt wie Immerlund oder Silbrigmond an unserer Seite und doch werden sie es nie begreifen, dass es für einen entschiedenen Elf weder Gift, noch Klinge noch eines anderen Hilfsmittels bedarf um dieses Leben hinter sich zu lassen. Nichts haben sie verstanden und verderben alles. Durch eine bloße Berührung. Mit den bloßen Gedanken machen sie abscheulich und ziehen in den Schmutz was Calathaviel, was unser Haus für sie getan hat.“ Er wandte sich ab. „Was geschah dann?“ fragte Lueith verhalten nach einer geraumen Weile des Schweigens. „Immerlund half uns nicht in unseren Bestrebungen den Tod deiner Eltern aufzuklären. Sie glaubten uns nicht, hörten nicht zu und hielten es für ein letztes Aufbegehren und Verleugnen der Tatsachen aus Angst vor Machtverlust, dass wir uns nicht arrangieren wollten. Ich bezweifle nicht, dass gewisse Personen diese Ansichten mit aller Kraft unterstützten und vorantrieben. Dennoch... Calathaviel war eine weise, gute Rätin. Sie gab so viel für diese Stadt und so schlecht dachten sie über sie und über uns. So menschlich.“ Härte und Kälte waren noch nicht aus der Miene des Elfen verschwunden, als er sich wieder herumdrehte. Er blickte wie durch Lueith hindurch. Das Gesicht der Elfe verzog sich. „Namen.“ Seine Stimme wurde wieder weich, sehr sanft als er ihr antwortete. „Wozu, mein Kind? Namen sind nur Namen – keine Beweise. Und die gibt es nicht.“ „Aber einen Verdacht! Den gibt es ja wohl!“ schrie sie es fast. In ihren Augen flammte smaragdgrünes Feuer. „Du sagst selbst, was für ein Schmierentheater das war! Du sagst selbst, es gibt Feinde, die sich meine Mutter gemacht hat. Solche, die eure Aufklärungsversuche sabotierten, unseren Namen in den Schmutz zogen! Sag, wie es ist: Meine Eltern starben nicht aus Kummer - sie wurden ermordet. Und ihre Mörder? Wer sind ihre Mörder? Sage mir, was du vermutest. Nenne mir Namen!“ „Um dann was zu tun? Rache zu üben? Anklage zu erheben? Gerechtigkeit zu finden oder um sie dir selbst zu verschaffen? Du ziehst sehr übereilt Schlüsse. Du versuchst, dich beim Lauf selber zu überholen. Und derlei endet immer in einem Sturz. Überlege es dir gut, was du mit deiner Frage bezwecken willst. Nicht mit dem Leben und auch nicht mit dem Tod eines Menschen findest du deinen Frieden. Es ist Jahre her. Fast 20 Jahre, Elavin. Auch wenn es keine Rolle mehr spielt. Es wird sich niemand in Immerlund finden, der sich noch erinnern will. Niemanden, der sich damit befassen will. Einen Beweis für Schuld gibt es nicht", betonte er abermals. Er seufzte, als er ihrem festen Blick begegnete in dem sich keinerlei Ausdruck von Einsicht finden ließ. Sie nahm ihre Frage auch nicht zurück. „Aber ich sehe, davon lässt du dich nicht überzeugen. Du willst es unbedingt wissen? Nun gut, wie du wünschst. Auch wenn ich glaube, dass du dich damit nur selbst quälst, Elavin. Die, auf die alles deutete das waren Magister Selence und Laurin di Tressym.“ Al'eth'emars kalter Blick traf Dreufang, am anderen Ende des Raumes. Zum ersten Mal sah er ihn an. Still wurde es. Nur das leise Plätschern des Brunnen und das Summen der unsteten Projektion erfüllte die Halle. Wieder fiel Stille über die Halle wie der kalte Schatten eines Waldes. Lueith sprach als Erste und durchbrach das Schweigen, wenn auch mit veränderter Stimme. „Was ist aus euch geworden? Was ist aus dem Haus der Einhornreiter geworden?“ „Das Hause Raernean hat seinen Einfluss in den Silbermarken und Glanz verloren. Wir mussten unsere Kräfte aufteilen. Einerseits die Suche nach dir. Andererseits das Erbe deiner Eltern und zugleich der Versuch ihren Tod aufzuklären. Einige von uns bemühten sich Macht und Position in Immerlund und Silbrigmond zu erhalten. Vergebens, wie du dir denken kannst. Unser Einfluss auf die Geschicke der Menschen schwand zunehmend, dich zu suchen führte ein ums andere Mal ins Leere. Entschlossenheit wich Lethargie und Resignation. Unsere Gedichte und Gesänge, einst voller Kraft und Schönheit waren nur mehr gramgebeugt und hadernd. Viele sind gegangen. Es konnte so nicht weitergehen, kein glückliches Ende nehmen. Wir übrigen haben beschlossen der Vergangenheit und den Schatten den Rücken zu kehren um der Sonne entgegenzublicken. Wir sind nach Immerdar gesegelt und singen nun die Lieder von den Heldentaten der Einhornreiter, umgeben einzig und allein von elfischen Geschwistern die verstehen. Wir bewahren unsere Geschichte und sorgen dafür, dass wir in Erinnerung bleiben werden, Larin.“ Lueith rührte sich nicht, doch auf ihren Wangen glänzten silbrige Ketten von Tränen. „Dass wir dich nicht gefunden haben ist kein Beweis für einen Mangel an Bemühungen“ beteuerte Al’ath’emar mit ruhiger, sanfterer Stimme die voller Zuneigung war. „Gehe nicht zu hart mit den deinen ins Gericht.“ „War es dann nur ein Mangel an Zeit? Genügten 20 Jahre denn nicht? Zwei Jahrzehnte, Al'eth'emar…! Und was ist mit dem Tod meiner Mutter, meines Vaters? Ihr wisst, dass es Mord war und trotzdem seid ihr einfach gegangen, habt es hingenommen, resigniert und euch in das freiwillige Exil nach Immerdar begeben. Ihr habt die Geschichte unseres Hauses begraben.“ „Du urteilst zu schnell. Ich verstehe, dass es dich bewegt. Ich verstehe, dass es dir schlecht ergangen sein muss. Doch deinen Zorn, Elavin, haben wir nicht verdient. Es war ein Mangel an Kraft. Und auch an Ressourcen. Es stand nicht in unserer Macht – weder das eine, noch das andere - auch wenn wir alles versucht haben, das versichere ich dir. Verzeih mir. Verzeih uns. Komm nach Leuthilspar zu den Deinen, Lueith Elavin von den Einhornreitern. Bleib nicht dort, unter den Menschen. Komm zu uns.“ Seine Stimme war abgehackt. Die Teleprojektion begann zu zittern und zu zucken. „Das werde ich nicht, Al'eth'amar. Verzeih.“ Lueith hatte bereits vor den Zauber zu beenden, sich zu verabschieden als Al'eth'emar sie mit einer Geste zurückhielt. „Das betrübt mich sehr, Arwen“, sagte er und es klang aufrichtig, annehmend. Mit einer unerschütterlichen Gewissheit und Ruhe fuhr er fort: „Aber ich respektiere deinen Willen. Solltest du dich irgendwann anders entscheiden, du wirst deinem Hause stets willkommen sein. Es werden Jahre vergehen, Menschleben vorüberziehen und du wirst dich deiner Wurzeln besinnen. Eines noch, Arwen. Ein Wort der Warnung, denn ich hatte eine Vision. Du bist dort wo du bist nicht in Sicherheit. Das sage ich nicht um dich nach Immerdar zu treiben. Etwas streckt die Hände nach dir. Hinter geschlossener Tür hervor, streckt etwas seine Krallen nach dir aus. Es fürchtet sich vor dir und es will bewirken, dass du es bist, die Furcht empfindet. Darum schickt es dir Träume. Hüte dich, Elavin. Hüte dich vor den Träumen in denen du nicht selbst die Herrin deiner Gefühle bist.“ |