Zurück zu "Charaktergeschichten [RP-Forum]"

30.05.2016 17:39:30
[Lueith] Tinu Stacia (#108719)
Lyraee
"Lueith! Nun komm schon, wir wollen weiter!" die Elfe mit dem blonden Haar, genannt Myesal, lachte und sah über die Schulter zu ihr zurück. "Du setzt ja schon Moos an!"
Die kleine, weißgrauhaarige Elfe hob den Kopf. Bis eben hatte sie mit einem faszinierten Funkeln in den smaragdgrünen Augen einen Schmetterling beobachtet, der ganz vertrauensvoll auf dem Griff ihres Schwertes gelandet war und die Flügel auf und zuklappte womit er seine wunderschöne blau, schwarz und gelbe Zeichnung zeigte, die ihn zusammen mit der charakteristischen Form seiner Flügel als Schwalbenschwanz auswies.
Er flatterte davon als sie zum Antworten die Stimme erhob. "Komme schon!"
Mit raschen, leichtfüßigen Schritten hatte sie zu den anderen aufgeholt. Arvandel warf ihr einen kurzen Blick zu und nickte. Der ernste, schwarzhaarige Elf war der Anführer ihrer kleinen Gruppe, die sich Nai'bael'isar nannte. Sucher der Eichenwächter.
Immer an seiner Seite die kühne und temperamentvolle Veraera, seine Gefährtin die ein wildes Gemisch aus Schmuck, Leder und farbigen Tüchern trug, die sich mit blitzenden schwarz ummalten Augen umsah und mehr durch den Wald tänzelte als schritt.
"Heute treffen wir Turlang den Baumhirten!" verkündete Arvandel mit Gewissheit in der Stimme. "Wenn wir alt und grau sind hat der Hochwald Immerlund verschlungen, denn Turlang setzt die Baumpflänzchen immer weiter nach Norden! Darum… sollten wir uns besser schon heute mit ihm anfreunden!"
"Ava, ava…" Feranis verdrehte die Augen und grinste. "Jedes Mal erzählst du uns dasselbe – und noch nie haben wir ihn getroffen. Das werden wir auch heute nicht."
Wie sie alle, war auch Feranis noch ein junger Elf inmitten seiner Beryn Fin. Wie üblich trug er ein überhebliches, unverschämtes Grinsen auf den Lippen.
"Und wer hat dir diese Eingebung gegeben, dass du das behauptest? Du kannst ja zurückgehen, wenn es dir nicht passt, Feranis."
Natürlich würde er nicht zurück nach Immerlund gehen.
Sie alle liebten ihre Ausflüge. Sie liebten den Nervenkitzel, die Jagd, das Herumstromern – die Freiheit.
Wenn sie auf eine ihrer unzähligen Touren aufbrachen blieben sie meist mehrere Tage, ja gar Zehntage fort. Ihre Wege führten sie oft in den Hochwald oder den Fluss Rauvin entlang, bis hinauf nach Silbrigmond.
Schon mehrmals hatten sie es mit Monstern zu tun, die aus den Nesserbergen im Tal auf Raubzug gehen wollten. Schon mehrmals hatten sich die Nai'bael'isar in Kampf und Fähigkeiten bewähren müssen. Und jedes Mal waren sie erfolgreich gewesen. Bis zum heutigen Tage.

Arvandel, der sich besser auskannte als der Rest führte, spähte und kundschaftete – begleitet von Veraera. Der Rest der Truppe vertraute ihren Fähigkeiten und folgte, sobald diese beiden Zeichen gaben.
In den Abendstunden errichteten sie auf weichem Moos umgeben von schwirrenden Glühwürmchen und dem nächtlichen Rufen der Eulen ihr Lager.
Arvandel und Veraera schmiegten sich aneinander, Myesal kämmte und flocht Lueith das Haar während Fenris an einem Stück Holz herum schnitzte und gruselige Geschichten über die Höllentorfeste erzählte, der sie alle gebannt lauschten.
Bis Arvandel aufhorchte.
"Wer da?!"
Die Gruppe reagierte sofort. Alle rappelten sich auf und sahen sich um.
"Wer ist da?!" rief Arvandel erneut herrisch. "Komm raus!"
"Ja komm raus! Wir haben dich längst bemerkt!" setzte Vaera hinzu.
Er trat hinter einem Baum hervor. Lueith spürte, wie ihr ein Schauder über Nacken und Schultern lief.
Schwarz war er. Eine Gestalt aus völliger Schwärze beschaffen. Nur unter der Kapuze schimmerte helles Haar.
"Ein Drow!" schrie Fenris auf.
Die Nai'bael'isar wichen instinktiv zurück, die Hände flogen zu den Schwertgriffen.
Gemächlich und unbeeindruckt kam der Drow näher.
"Wer von euch ist Lueith?" fragte er in der Gemeinsprache und verzog das Gesicht. Er war groß - für einen Drow geradezu riesenhaft. Hager wie ein Skelett waren die Gesichtszüge eingefallen, die Augen obgleich sie glutrot waren, schienen wässrig und dumpf. Er erwirkte den Eindruck eines dunkelelfischen Gespensts.
Keiner der Nai'bael'isar sprach ein Wort. Myesal schob sich einen Schritt vor Lueith.
Der Drow zog bedrohlich den Mund in die Breite zu einem widerwärtigen Grinsen.
"Aha. Du bist das also. – Also ihr anderen hört zu… ich lasse euch die Wahl und ihr könnt machen was ihr wollt. Mir ist es gleich, wisst ihr? Mir ist es gleich ob ihr lebt oder sterbt… also lasse ich euch die Wahl. Ihr gebt mir die Grauhaarige und dafür bleibt ihr am Leben."
Wie auf Kommando zogen sie alle die Waffen.
"Niemals!" rief Veraera und fauchte wie eine Wildkatze.
"Wir wissen, dass ihr Drow keinem etwas schenkt! Wir wissen, dass du uns nachschleichen und auf eine Gelegenheit warten wirst um einem nach dem anderen das Messer in den Rücken zu stoßen! Wir kämpfen!"
"Kämpfen…" sagte der Drow und schaute sich nach den Seiten um, dann hob er das Schwert. "Ich bezweifle, dass das hier ein Kampf wird. Ein Tänzchen vielleicht. Aber wenn ihr tanzen wollt. Na schön… dann verreckt."
Sie sprangen aufeinander los wie wütende Hunde. Blitzschnell und ohne Warnung. Klingen sausten durch die Luft und erfüllten den Wald mit dem klagenden Klirren von Stahl.
Die Nai'bael'isar wichen zurück, schlugen zu, sprangen wieder hinfort und wieder voran. Wütend, verbissen, gnadenlos. Und erfolglos. Der Drow parierte, schlug, parierte, schlug, kam nicht einmal außer Atem, während er die Gruppe bedrängte und mühelos das Tempo vorgab.
Anfangs war nur das Schlagen der Schwerter zu hören doch dann plötzlich und unerwartet, begannen die Elfen zu schreien. Und zu sterben.
Veraera fiel als erste. Am Hals getroffen stürzte sie auf den Erdboden, rollte sich zum Sterben wie ein Kätzchen zusammen. Das Blut spritzte und besudelte Knie und Waden des über sie hinwegschreitenden Drow. Fenris fiel als nächster, prallte mit dem Rücken gegen einen Baumstamm und sackte zu Boden, wo er zur Seite hin umstürzte und liegen blieb.
Myesal, Arvandel und Lueiths Angriffe schlug der Drow ebenfalls zurück, worauf er herumwirbelte und mit einem blitzschnellen Hieb Myesal aufschlitzte.
Arvandel und Lue zögerten einen Augenblick. Dann schrien sie auf, wie mit einer Stimme, wild und wütend und stürzten sich erneut auf ihn.
Arvandel fand nur einen Schwertstreich später den Tod.
Myesal, die im blutigen Erdboden nach dem Schwert suchte röchelte und kam hoch. Blut floss ihr aus dem Mund und wie ein Sturzbach aus dem Bauch. Beides schien sie gar nicht zu bemerken.
Lueith schrie verzweifelt auf.
"Neh!! Myesal!"
Doch der dunkle Elf beachtete ihren Schrei nicht. Beachtete sie nicht und ihr Schwert, das sie zitternd erhoben hatte.
Wuchtvoll schlug er erneut quer über Myesals Oberkörper. Sie schleuderte herum, weich wie ein Stoffpüppchen, wie ein mit Blut beschmierter Lumpen.
Der Schrei erstarb Lueith in der Kehle.
"Mörder" sagte tonlos und wunderte sich über die Fremdartigkeit ihrer Stimme. "Mörder. Dreckskerl."
Der Drow wandte sich ihr endlich zu und betrachtete sie neugierig, mit leicht schräg gelegten Kopf.
Die Mordlust, der Blutdurst blitzte in seinen kalten, toten Augen.
"Und? Kommst du nun auch um zu sterben?"
Sie bewegte sich im Halbkreis auf ihn zu. Ließ die Klinge surrend die Luft schneiden.
Er lachte kalt. "Du willst also sterben? Hast du keine Angst?"
Der Drow drehte sich ruhig mit ihren Bewegungen mit, ließ sich in keine Defensive und in keine Falle locken. Doch Lueith war alles gleich. Sie wollte diesen schrecklichen Mann töten. Sie wollte spüren, wie ihre Klinge durch seinen Körper drang. Sie wollte sein Blut sehen, das ihm aus geschlagenen Wunden floss. Wollte sehen, wie das Leben aus dieser schrecklichen Kreatur wich, so dass nichts übrig blieb von seiner Bosheit, außer ein Klumpen Fleisch und Blut.

Schnell schlugen die Schwerter aufeinander. Zu schnell um die Schläge zählen zu können – sei es mit dem Auge, sei es mit dem Ohr. Doch es gab ohnehin keine Zeugen, dieses Aufeinandertreffens die etwas solches hätten versuchen können.
Sie wollten sich töten. Die Mondelfe und der Drow. Und doch kam es nicht dazu.

"Du verstehst wirklich mit diesem Schwert umzugehen, kleine Elfe."
Er spuckte Blut aus und grinste hämisch.
Lueith hatte begriffen, mit wem sie es zu tun hatte. Sie verstand mit dem Schwert umzugehen – doch das reichte nicht.
Sie musste seine Paraden durchdringen. Musste ihn treffen. Durfte nicht zulassen, dass er mit seinen abwehrenden, kraftvollen Hieben erneut Handgelenk, Ellenbogen und Unterarm mit Schmerz lähmte.
Sie durfte auch keine Kraft mehr darauf verschwenden, seinen Schlägen auszuweichen. Seine Deckung durchdringen. Jetzt. Ihn treffen richtig, tödlich oder…
"Du wirst sterben, kleines Biest."
Sie durchbrach seine Deckung nicht. Er wich aus, sie stolperte an ihm vorbei. Die Arme lahm, die Beine erschöpft und ihr Kopf fühlte sich taub an. Mit ihren Kräften war sie am Ende.
Er versetzte ihr einen saftigen Tritt gegen die Seite. Sie flog unsanft zu Boden, neben Veraeras reglosen zusammengerollten Leib.
Lueith schluchzte auf, wollte sich aber aufstemmen. Erneut ein Tritt in den Magen der ihr die Luft aus den Lungen presste. Stöhnend rollte sie zur Seite.
Präzise rammte er seinen Stiefelhacken auf ihren Ellenbogen, dass es knirschte.
Sie krümmte sich vor Schmerz, wimmerte und ließ das Schwert los.
Ein paar Mal trat er noch. Dann packte er ihre Hände, wand ein Seil darum und verknotete es mit routinierten, schnellen Fingern und legte ihr, sie nahm alles nur noch durch einen dichten Nebel wahr, wie einer Hündin ein Halsband um.
31.05.2016 12:13:49
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#108746)
Lyraee
"Zieh dich aus" sagte er. Lue weitete die Augen, rührte sich aber nicht. "[i]Mani?[/i] Was?"
"Zieh dich aus!" wiederholte er in einem scharfen Tonfall, sodass die Elfe sich instinktiv duckte. Doch sofort obsiegte die Auflehnung. "Nein!"
Sie sah die Faust nicht kommen, die sie hart an der Schläfe traf. Es blitzte in den Augen und der Erdboden begann zu wanken, bis er sie wieder hart an der Hüfte traf.
Die Hälfte ihres Gesichts und das Ohr brannten und sie erkannte, dass er mit dem Handrücken, nicht mit der Faust zugeschlagen hatte.
Er stand hinter ihr, als sie sich wieder aufrappeln wollte und riss ihr harsch an den Haaren den Kopf zurück – hielt ihr ein kleines, bösartig schartiges Messer vor die Augen.
"Wenn ich von dir noch einmal das Wort [i]nein[/i] höre schneide ich dir die Ohren ab und werde dich so zurichten, dass dich deine eigene Mutter nicht wiedererkennen würde, haben wir uns verstanden? Und jetzt steh auf und zieh dich aus."
Unsicher kam sie auf die Beine und mit zittrigen Fingern begann sie Schnallen, Riemen und Knöpfe zu öffnen.
"Zieh alles aus, bis auf den letzten Fetzen. Und dann mach die Beine breit."

[i]Ich bin nicht hier. Alles was nun geschieht, passiert nicht mir. Es geht mich nichts an. Ich bin nicht hier…[/i]

Der Drow beobachtete sie dabei, musterte sie gleichgültig, ließ den Blick über ihre nackte Gestalt schweifen. Dann sah er wieder in ihr Gesicht.
"Ich will sehen ob du irgendwelche magischen Amulette, Ringe oder Ketten versteckt hältst, nicht ob mir dein erbärmlicher Körper gefällt, du Idiotin. Hältst du dich für so unwiderstehlich? Ich weiß ja nicht, was du dir einbildest aber tut mir leid dich enttäuschen zu müssen. Du bist eine elfische Halbwüchsige. Flach wie ein Brett, schwach und noch dazu hässlich wie eine Kröte. Selbst wenn ich es sehr nötig hätte, würde ich lieber ein totes [i]Rothé[/i] vögeln."
Mit der Stiefelspitze zog er ihre Kleidung und Rüstung auseinander und prüfte alles sehr aufmerksam während Lue stumpf zu Boden blickte.
Nach einer Weile sagte er dann:
"Zieh dich wieder an."
Unbeholfen mit den gefesselten Händen streifte sie sich ihre Sachen über. Als sie sich bückte um die Stiefel zu schnüren, fiel ihr Blick auf ihre gefallenen Gefährten.

[i]Arvandel, Veraera, Feranis, Myesal… Meinetwegen. Sie sind meinetwegen gestorben…. Nicht weinen. Nicht weinen![/i]

Mit einem Mal packte er sie unerwartet am Genick und drückte sie hinunter zu Myesals aufgeschlitzter Gestalt. Sie schrie auf, wehrte sich mit ganzer verbliebener Kraft, bäumte sich unter seinem Griff. Doch es half alles nichts. Sie entkam ihm nicht. Mit seinem Messer das ihm als Zeigestock diente zischte er dicht an ihrem Ohr:
"Ja genau. Sieh sie dir an, deine toten Gefährten. Hässlich, nicht wahr? Gar nicht so, wie sie ausgesehen haben als sie noch lebten. So stolz und erhaben… aber jetzt? Sieh sie dir jetzt an! Aufgerissene Augen, verdrehte Gliedmaßen. Und schau, das sind Innereien die sich nach außen stülpen. Und Blut. Blut, das noch ein wenig nachfließt, solange das Herz noch ein kleines bisschen schlägt. So wie bei deiner Freundin hier… liegt in ihrem eigenem Blut und ihrer eigenen Pisse und so stirbt man dann. Sterben ist nichts Mystisches oder Schönes und schon gar nichts Würdevolles..."
Der Drow lachte, ließ sie los wobei Lue auf Knie und Hände fiel, sich erbrach und trocken schluchzte.
"So sieht der Tod aus und der Tod hieß in ihrem Falle Xulzyne!"

Nie kam ihr der Hochwald so grausam, so erschreckend, so abscheulich vor. Er schlug sie noch zweimal. Doch Lue hatte sich in sich zurückgezogen, tief in die Mitte ihres Ichs, sodass weder seine Schläge noch die Demütigungen an sie herankommen konnten. Denn das alles geschah nur einer Puppe. Es war auch eine Puppe die er an Halsband und Kette durch den Hochwald führte, wo er mit ihr in einer Felsspalte verschwand und sie mit hinab nahm. Weit hinab. Ins Dunkel – wo es keine Sonne gab. Auf diese Puppe sah sie gleichsam von oben herab. Was bedeutete es schon, wenn man eine Puppe schlug und ins Dunkel warf? Das war ja nicht sie.

Der Duergar Thangardth musterte sie neugierig. Er war Schwertschmied – hielt aber keinen Hammer, keine Zange oder sonst irgendein Werkzeug in der Hand sondern eine Feder. Mit dem Schaft der Feder klopfte er gegen das Tintenfässchen auf dem Steintisch.
"Eine Waffe für sie? Wenn ich dir einen Rat geben darf: Es ist nie schlau den Sklaven Schwerter in die Hand zu geben Xulzyne. Sie ist hübsch – und eine Elfe noch dazu. Bring sie zur Auktion und du bekommst sicher ein nettes Sümmchen für sie! Für schwere Arbeiten taugt sie sicher nicht – aber der eine oder andere wüsste schon was mit ihr anzufangen."
Der schwarze Zwerg lachte grollend.
"Ich komme nicht her um kluge Ratschläge anzuhören. Ich warne dich, Duergar…" unterbrach Xulzyne schlecht gelaunt.
"Aber ich hätte da noch eine wunderbare Neunschwänzige für dich. Verstärktes Leder - Obsidiandornen. Ein Schmuckstück! Damit wirst du ihr Gehorsam beibringen, wenn du sie ihr nur zeigst, das schwör ich dir!"
"Ich interessiere mich nicht für eine Peitsche" sagte Xulzyne trocken. "Soll ich mich besser woanders umsehen? Oder hast du ein anständiges Eisen für sie?"
"Ich verkaufe nichts anderes als anständiges Eisen! Nun gut. Wollen mal sehen… zeig mir doch mal dein Händchen!" wandte er sich erstmals an Lue. Sie öffnete ihre Hand.
"Klein und fein. Ein Florett vielleicht… oder ein leichtes Langschwert. Ich habe hier ein Rapier mit einem wunderbar gearbeiteten Korb aus Gold. Nichts Grobes! Feinste Arbeit der…"
"Es geht nicht ums Schmuckwerk. Das Schwert soll für den Kampf sein."
Der Duergar blickte knapp und missbilligend zu dem Drow. Weit weniger begeistert und sachlich fuhr er fort:
"Für ihre Größe und ihr Gewicht braucht man eine besonders leichte Ausführung. Kein Standard. Für den Kampf also. Habe verstanden. Hrmn. Ich habe da etwas. Folgt mir."
Sie gingen durch den Büroraum und kamen auf einen Hinterhof. Dort stand Schmiede und Esse und mehrere Tische auf denen auf Seidentüchern gebettet die verschiedensten Waffen aufgebahrt waren.
"Das hier ist meine Auslage. Alles aus meiner Schmiede. Diese dort drüben sind Importe. Menschenwaffen, Elfenwaffen, Hinwaffen..." er zögerte und ging dann hinüber. Xulzyne folgte – und Lue an der Kette mit ihm.
"Hier haben wir einen Zweihänder von der Oberfläche. Gutes Erz aus dem Gebirge des Grats der Welt. Parierhaken, 38 Zoll Klingenlänge. Besonders leicht…"
"Nimm ihn in die Hand. Probier ihn aus." Xulzyne schob sie näher zum Tisch.
Da er mittlerweile davon absah, ihre Hände zusammengefesselt zu halten, nahm sie das Schwert, das ihr der Duergar Griff voran entgegenhielt.
Sie spürte sofort, wie ihre Hand mit dem ledernen Griff verschmolz und das Gewicht dazu einlud auszuholen und zuzuschlagen. Böse funkelnd sah sie zu dem Drow.
Xulzyne lächelte gespenstisch, löste die Kette von ihrem Hals, trat einige Schritte zurück und zog seine geschwärzte Klinge – dann breitete er die Arme.
"Komm her, Elfchen. Das ist deine Chance. Vielleicht deine letzte. Komm her und nutze sie. Töte mich, wenn du es kannst."
Wie der Blitz war sie bei ihm, wie der Teufel schlug sie los. Ein irreführender Seitenblick, ein falsch angetäuschtes Zucken der Schulter – doch er ließ sich nicht täuschen.
Ohrenbetäubend schlugen die Klingen aufeinander. Seine Parade war so wuchtvoll, dass sie zurücktaumelte und um ein Haar im Tisch mit den Schwertern gelandet wäre. Beim Versuch das Gleichgewicht wieder zu erlangen, hätte sie der Drow mit einem Wimpernschlag durchbohren können.
"Seid ihr denn verrückt geworden?!" erhob der Waffenschmied wütend die Stimme.
"Leg das Schwert weg" unverwandt blickte Xulzyne auf Lue. "Leg es weg."
Nach kurzem Zögern tat sie es.
"Besonders leicht ist immer noch zu schwer, Thangardth. Hast du gesehen wie langsam sie war? Langsam wie ein schwangere Ziege aus den Bergen des Grats der Welt!"
Das Gesicht des Duergars wurde um eine Schattierung dunkler. Er winkte Lue mit sich.
"Schau, Elfenkind. Versuch das hier."
Sie zog das Schwert aus der Scheide und seufzte. Selbst Xulzyne raunte anerkennend. Elfische Machart, kein Zweifel. Leicht und scharf wie ein Rasiermesser, schlanke Klinge, langer Griff – aber ein Bidenhänder.
Lueith hielt es in der Hand und blickte zu Xylzyne. Grünes Feuer flammte in ihren Augen. Das Schwert in der Hand verlieh ihr diesmal unerschütterliche Gewissheit. Sie war bereit. Sie würde ihn töten.
Er aber starrte sie mit glutroten, unheimlichen Augen an und mit einem Mal sagte er zum Duergar:
"Nimm es ihr ab, Thangadth. Wir kaufen es. Ja, [i]das[i] ist die richtige Waffe für sie."
01.06.2016 21:05:07
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#108805)
Lyraee
"Die Rätin hat die Erwartungen enttäuscht! Jeder Augenblick, in dem sie den Rat mit ihrer Halsstarrigkeit blockiert, schadet Immerlund! Wir wissen ja, dass es jemanden gibt, der ihren Platz weitaus besser ausfüllen könnte. Ganz zu Gunsten eines starken, blühenden Handels."
Selence lächelte geschmeichelt.
Die fünf Männer, mit denen er am Tisch saß prosteten ihm zu.
Markus Rabenfurt, Luxuswarenhändler aus Sembia. Waldemar Verdenblum, Juwelier aus Fernberg. Rasmus Kramdiel aus Melvaunt - niemand besaß dort mehr Bergwerke und Silbermienen.
Silas Mistriel aus Athkatla ein Südländer wie man ihn sich vorstellte. Auch wenn Selence die Südländer genau [i]dafür[/i] verachtete.
Und zu guter Letzt Laurin di Tressym, wie auch er selbst, ein Mann aus Immerlund und vor allem… Ratsmitglied.
Sie alle waren Sympathisanten des schwarzen Netzwerks. Und dieses Netzwerk hatte jüngst sein Auge auf die Region der Silbermarken geworfen und ihn vor knapp drei Jahren das erste Mal kontaktiert und endlich zu ihrem Spion ernannt.
"Ihr könnt euch sicher sein, meine Herren… ich bin dem schwarzen Netzwerk und seinem Aufstieg in Immerlund ergeben. Die Stadt könnte unter ihm erblühen. Vor allem natürlich durch den Handel! Calathaviel tut aus unerfindlichen Gründen alles um die Beziehungen mit den ehrenwerten Herren zu unterbinden, was Immerlund, und da sind die ehrenwerten Herren und ich uns wohl einig, klarerweise schadet. Doch das Haus der Einhornreiter verliert an Einfluss. Es ist geschwächt und zählt nur mehr wenige Mitglieder. Noch mehr ins Wanken gerät es, wenn die innigst geliebte Tochter des Hauses, das kleine Täubchen, der Augenstern von Calathaviel und Ruadeth verschollen ist. Lueith ist fort und Haus Raernean weiter destabilisiert."
"Ist sie denn tot? Das Elfenkind?" frage di Tressym in einem Tonfall als spräche er von einer unsäglich lästigen Angelegenheit.
"Nun, der Drow hat sie alle niedergemetzelt. Keine Zeugen. Wie vereinbart. Und die Leiche des Mädchens hat er verschwinden lassen. Ebenfalls wie vereinbart."
"Also habt ihr den Kopf des Mädchens noch nicht gesehen?"
"Nein, meine Herren. Aber es ist ja auch erst ein paar Tage her. Warten wir. Ich bin mir sicher der Beweis wird geliefert."
"Der Drow ist zuverlässig" sprach Karmdiel ruhig. "Habt keine Sorge."
Rabenfurt schlug mit der Faust auf den Tisch und ereiferte sich: "Calathaviel hat sich und den ihren den Strick selbst um den Hals gelegt, indem sie alle Verhandlungen mit uns abbrach. So kommt es eben, wenn man es sich mit uns verscherzt! Bald wird die Saat der Zentharim auch in Immerlund gesät sein. Ein Anfang. Ein guter Anfang. Und wenn die Saat aufgeht, können wir uns Silbrigmond zuwenden. Von diesem Anfang aber, meine Herren, werden wir alle profitieren."
"Langsam, Rabenfurt. Noch ist Calathaviel Rätin, noch hat kein einziger von uns einen Fuß in der Tür. Abgesehen von di Tressym und Selence. Und die beiden allein konnten uns bislang noch gar nichts verschaffen. Keine Verträge, kein Handelsabkommen, keine Geschäfte. Noch nicht mal einen armseligen Stand auf dem Markt! Selbst wenn die Rätin alle ihre Aufgaben vernachlässigt um selbst auf die Suche nach ihrer Tochter zu gehen, was ich stark bezweifle…" erklärte der Südländer mit einem dünnen Lächeln.
Die beiden genannten verzogen beleidigt die Gesichter. "Sapperlot!" knurrte Rabenfurt.
Der skeptische Mistriel fuhr unbeirrt fort:
"Wir können nicht das Fell des Löwen gerben und aufteilen, so lange er noch lebt."
"Ihr wollt also eine blutige Lösung, Mistriel?"
"Ich will eine [i]endgültige[/i] Lösung."
"Ich stimme zu."
Kramdiel nickte lediglich gefühllos.
"Ehe wir das Fell gerben und aufteilen, werden wir den Löwen auch erlegen" sprach Selence kalt und jeden Zweifel unterbindend.
Schweigen. Langes Schweigen.
Der bislang stille Verdenblum wischte sich mit seinem modischen Federmützchen über den kahlen Kopf als er mit bebender Stimme flüsterte: "Also… ein Attentat, verstehe ich recht? Der Tod Calathaviels ist beschlossene Sache?"
"Der Tod ist beschlossene Sache."
"Tod."
"Tod!"
"Der Tod ist die einzige Lösung. Calathaviel und Haus Raernean loszuwerden. Wenn sie tot ist, wird Selence alle Unterstützung haben. Auf seine Seite werden die weisen Männer und Frauen treten, denn er ist der einzig richtige Kandidat."
"Ich warne" ließ sich Mistriel vernehmen "dass uns das nicht so glatt von der Hand gehen wird. Unser Plan fußt letztlich darauf, dass Calathaviel stirbt. Aber wir sollten nicht außer Augen lassen, dass sie eine unübertroffene Schwertkämpferin und Kriegerin ist. Sie wird, gebt euch keinen Illusionen hin, bis zum letzten kämpfen. Außerdem ist erst einmal der magische Schutz zu überwinden. So leicht findet sich keiner, der sich ihrer annimmt – überhaupt annehmen kann. Das ist etwas anderes als fünf halbwüchsige Elfen zu töten."
Selence nickte geflissentlich. "Und hier meine Herren, biete ich abermals eine Lösung an."
"Ihr habt die Fähigkeiten nicht, die es braucht um der Elfe auch nur ein Haar zu krümmen. Abgesehen davon wären alle unsere Pläne zu Nichte, würde man euch etwas nachweisen können. Nichts da. Wir heuern gedungene Mörder an und ihr haltet euch raus. Finito! Basta!"
"Haltet ihr mich für so dumm, Herr Mistriel? Wir sind hier zwar im Norden, aber ihr sprecht nicht mit einem Barbaren sondern einem Meister der Magie. Ich weiß was ich tue – und was ich anfasse gelingt. Hört also her: Zauber, die auf Willen und Geist abzielen sind meine Spezialität. Der Attentäter wird dies also tun, so wie ich es will. Verzaubert und hypnotisiert. Programmiert wie ein Golem, wird die richtige Person das Attentat ausführen. Eine Person die alle Schutzzauber umgehen kann und bei der Calathaviels Schwertkünste unerheblich sind. Sie wird Calathaviel töten. Woraufhin diese Person Selbstmord begeht. Was für ein tragisches Ende für das Haus Rearnean."
"Interessant" knarrte Rabenfurt. "Und wer ist diese Person?"
"Calathaviels langjähriger Gefährte – und Lueiths Vater."

+++++++++++++++++++++++++++

"Alles weist darauf hin, dass eure Tochter nicht mehr lebt, Rätin Calathaviel… Sie ist höchstwahrscheinlich wie ihre Gefährten auch vor zwei Tagen, zur Herbst Tagundnachtgleiche, zu Tode gekommen. Ich bedaure zutiefst euch keine andere Neuigkeit bringen zu können, Herrin."
Das Gesicht der schönen Elfe wurde hart wie Stein. Rätselhaft und nichtssagend wie eine Sphinx. Kalt wie Marmor. Ihre Hand schloss sich um den Schwertgriff, derart fest, dass die Knöchel weiß hervortraten.
"Und doch konnten eure Späher keine Leiche ausfindig machen?"
"Spuren, die westwärts führten, Rätin. Tiefer in den Hochwald. Sie mag geflohen sein, doch es verliert sich ihre Spur…"
"Verliert sich? Das spricht nicht für, eher gegen ihren Tod, Magister Selence. Ihr seid mir sehr voreilig mit euren Schlüssen. Erklärt ihr meine Tochter doch für tot, obgleich es keinen Beweis dafür gibt?"
"Herrin, die vier anderen Jünglinge wurden -"
"Regelrecht massakriert. Ich weiß. Und doch ist meine Tochter nicht gleichsam Opfer dieses Gemetzels geworden. Vielleicht war sie gerade nicht zugegen? Oder konnte fliehen und versteckt sich nun irgendwo in den Tiefen des Hochwaldes?"
"Herrin?"
"Sie lebt, Magister."
03.06.2016 12:30:02
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#108847)
Lyraee
Es war verteufelt dunkel, drückende Schwüle herrschte und es roch merkwürdig. Es gab einfach nichts, das sie kannte mit dem Lueith [i]das hier unten[/i] hätte vergleichen können.
Kein Lüftchen regte sich, das der Schwüle hätte Milderung verschaffen können.
Sie vermisste einmal mehr schmerzlich den Wind. Sie vermisste den Himmel, das Licht, die Sonne, den Mond, die Sterne. Und Wasser – oh, Wasser - in all seinen lebendigen Formen. Regen, Bäche, Flüsschen, kühle Seen.
Hier unten war trinkbares Wasser Mangelware, das hatte sie schnell begriffen.
Tagelang saß sie auf dem Trockenen, bis er sie wieder an eine Felswand führte, wo sie tröpfchenweise das kostbare Nass ablecken musste.

Wie lange war sie nun schon in der Gefangenschaft dieses Drow? Zehntage? Monde? Nach nur wenigen Tagen hatte sie völlig die Zeit und schon weit früher die Orientierung verloren. Xulzyne führte sie durch die dunklen Gänge, Höhlen und Schächte ohne große Mühe, ohne viel Worte und ohne viel Beachtung. Doch er hielt sie die ganze Zeit an der Kette am Halsband fest. [i]Die ganze Zeit.[/i]
Oft genug riss er harsch daran und stauchte sie zusammen, schimpfte sie eine unvorsichtige, unwissende Idiotin – und Schlimmeres - wenn sie zu nah an völlig unscheinbar wirkenden Pilzen, Pflanzen oder Felsformationen vorüberging. Und so erweckte es dein Eindruck, dass nahezu alles hier unten gefährlich, giftig und tödlich war.
Meist demonstrierte der Drow ihr dann was das entsprechende Ding so gefährlich machte – und tatsächlich! Es war alles hier unten gefährlich, giftig und tödlich.
Sie wusste, warum er sie nah genug an die Gefahren heranführte um sie ihr dann vor Augen zu führen. Er wollte ihr zeigen, dass sie hier keine Stundenkerze alleine überleben würde. Dass jeder Fluchtversuch unweigerlich mit dem Tod enden würde. [i]Er[/i] aber kannte sich aus.
Sie käme hier nicht mehr lebend heraus. Nie wieder. Nicht ohne [i]ihn[/i].

Den Außenposten, wo sie auch das Schwert gekauft hatten, lag längst hinter ihnen. Er schien es eilig zu haben, die Oberfläche, den Hochwald, ihre Heimat, hinter sich zu lassen. Noch immer verstand sie seine Motive nicht, wusste nicht was er mit ihr vor hatte. Wem oder was würde er sie ausliefern?

Sie stöhnte, als er sie hinter sich her zog. Die Hüfte, in die er sie tags zuvor getreten hatte, schmerzte. Er riss an der Kette ihres Halsbandes und zerrte sie in eine Nische. Abnorm große Spinnweben hingen in klebrigen Fetzen an den Felswänden und verfingen sich in ihrem Haar. Lue schüttelte sich.
"Sei still!" herrschte er sie an. Sie war still und lauschte angespannt. Blinzelte ins Dunkel und versuchte zu erahnen, was Xulzyne bemerkt hatte.
Der Gestank des Todes hing hier in der Luft vermischt mit einer beißenden, ekelerregenden Ausdünstung. Dann hörte sie leise, kehlige und quietschende Stimmen und die Klänge einer vertrauten Sprache. Sie verstand den Inhalt nicht, wusste aber was dort gesprochen wurde.
Goblinisch.
Er hob die Hand und zeigte zwei Finger.
Warum zögerte er? Wenn sie ihnen im Weg standen, wäre es für einen Drow kein Problem sie zu vertreiben. Selbst Lue konnte sich gegen eine Hand voll stinkender Goblins allemal behaupten.
Er löste sie Kette von ihrem Halsband und drückte ihr das für sie gekaufte Schwert gegen die Brust.
"Ich soll gegen diese Goblins kämpfen?"
"Goblins…" wiederholte er mit eine heimtückischen Grinsen.
"Merk dir, was du jetzt lernst." Mit diesen Worten stieß er sie unsanft zurück in den Gang, der in eine kleine Höhle mündete.
Mit Grausen realisierte Lueith, dass sie die Goblins bei ihrer Mahlzeit gestört hatte und diese Mahlzeit aus dem zerfetzten Fleisch- und Blutgebilde bestand, das mutmaßlich einst ein humanoides Wesen war.
Die beiden wandten der Elfe ihre Fratzen zu. Blut verschmierte Münder und Gedärm in den bloßen Händen. Die Goblins knurrten, bleckten die Zähne, die unnatürlich lang und spitz waren. Lue wich zurück. Derartiger Hass, derartige Fremdartigkeit war Lue noch nie begegnet – und ganz gewiss nicht bei gewöhnlichen Goblins. Sie sah sich nach dem Drow in der Felsnische um doch Xulzyne war verschwunden. Ihr blieb keine Zeit einen Gedanken darüber zu verschwenden denn die Kreaturen hatten sich in Bewegung gesetzt.
Auf allen Vieren rannte erst die Eine los und in weiten Sätzen auf sie zu. Die Zweite folgte auf dem Fuße. Zwei, dreimal berührten ihre Hände den Stein, dann waren es keine Hände mehr sondern große, krallenbewährte Pfoten. Die Augen glühten vor bösem, krankhaftem Willen grellorange auf.
Lue überwand schnell ihre Überraschung und den Drang Hals über Kopf davon zu rennen. Sie kontrollierte den Griff des Schwertes, ging in Positur. Dann waren die Wölfe schon bei ihr. Sie sprang zurück und donnernd klappte das gigantische Maul des Ungeheuers nur Zentimeter vor ihrem Gesicht zusammen. Die Elfe drehte sich zur Seite und schlug ohne aus zu holen das Schwert in die Flanke der Bestie. Ein wütendes Heulen rollte durch die Höhle und angestachelt vom Zorn des ersten wagte nun auch das zweite Wesen einen Angriff, nachdem es Lueith bislang nur lauernd im Halbkreis umschleichen wollte. Mit einem Wirbeln erhob die Elfe die Klinge über ihren Kopf und stieß sie der sie anspringenden Wolfskreatur in den empfindlichen Unterbauch. Sie jaulte auf, als schwarzes, finsteres Blut aus der geschlagenen Wunde troff. Doch die Wucht des Sprunges konnte die Elfe nicht mehr kompensieren. Sie stürzte und wurde mehrere Fuß fort geschleudert, wobei ihr die Klinge aus der Hand und über den steinigen Boden glitt.

[i]Das war es. Mein Fehler, ihre Gelegenheit... das wird mein Tod.[/i]

Sie sah weder den Hieb, noch die Klinge. Sie hörte nur wie eine der beiden Kreaturen, die geifernd auf sie zuhielten, wie vom Wahnsinn gepackt kreischte und auf die Hinterbeine sackte und die zweite sich zähnefletschend von Lue abwandte. Xulzyne hatte zugeschlagen. Gründlich.
Er wich einem Schlag der Krallen aus, hieb mehrmals zu und ehe das Wesen begriff, trennte ihm der Drow ein Drittel seiner Klaue ab und traf es gegen die Schläfe. Ein Wischen in der Luft, dann war der Drow im Nichts verschwunden und der Wolf schüttelte benommen seinen blutenden Kopf, drehte sich knurrend, humpelnd um sich selbst. Der große Brustkorb pumpte pfeifend Luft. Ein Stich musste die Lunge erwischt haben.
Das zusammengesackte Wesen dicht bei Lue lebte noch und versuchte sich kriechend auf sie zu zu bewegen, bis es mit einem Schwertstich auf den sandigen Boden genagelt wurde und jegliche Regung sofort erstarb.
Auch der zweiten Kreatur wurde mit einem einzelnen letzten Hieb der Garaus gemacht.

Sie vergingen in einem Feuer, das wie aus dem Nichts kam und ebenso verschwand. Begleitet von qualvollem Geschrei und Geheul vieler, zahlloser Stimme in vielen, ebenso zahllosen Sprachen.

Mit einem Tritt beförderte Xulzyne das Schwert aus Lues Reichweite. Leise fluchend stemmte sie sich in die Höhe. Er befestigte die Kette.
"Das waren Barghesten. Infernalische Wölfe aus den neun Höllen. Keine Goblins."
Er spuckte ihr vor die Füße um zu zeigen, was er von Goblins und ihrer Einschätzung hielt.
"Barghesten kommen hier her um sich von Leiber und Seelen derer zu ernähren, die dumm genug sind sie zu unterschätzen. Ich hab deinen Blick gesehen. Den Spott in deinen giftgrünen Augen, du arrogante Schnepfe. Kneift er wegen zwei Goblins? Merk dir eines, Elfchen: Auf dieser Welt gibt sich der betrügerische Anschein [i]sehr oft[/i] für die Wahrheit aus. Wer überleben will, lernt besser den Anschein zu durchschauen."

Später bereute Lue es, nicht einfach die Chance der Kettenlosigkeit genutzt zu haben. Blindlinks in die Höhlen und Schächte des Unterreichs hinein. Vielleicht wäre sie entkommen? Vielleicht hätte sie das Schicksal begnadigt und sie hätte zurück an die Oberfläche gefunden? Sehr wahrscheinlich aber wäre sie einfach gestorben… sie bereute es dennoch.
04.06.2016 11:34:35
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#108876)
Lyraee
"Was für ein… attraktives… Körperchen. Nicht übel, Xulzyne, nicht übel" die ältere Drow leckte sich die trockenen, dunkelrot bemalten Lippen. "Sie ist nicht besonders hübsch würde ich sagen und sie taugt nicht für Profit in unserem Gewerbe, wenn du mich fragst. Aber sie hat ein angenehmes… Körperchen."
Lueith fuhr herum, stieß die nach ihr ausgestreckte Hand fort und erbleichte vor Wut. Dabei zischte sie wie eine wütende Schlange.
Die jüngere Drow namens Paelinn lachte weich auf, während sich die ältere abermals mit der Zunge über die Lippen fuhr.
"Um es ans Bett zu binden taugt es allemal, das Körperchen – dann wird es auch… zugänglicher. Ob du mir sie wohl verkaufst, Xulzyne?"
"Riskant" sagte Xulzyne leise. "Das ist riskant, mein Mädchen zu reizen, Ivelios. Sie ist rachsüchtig. Also besser nicht anfassen. Nicht anfassen und nicht reizen. Sie steht nicht zum Verkauf."
"Dieses großäugige Elfchen soll also die versprochen Unterhaltung garantieren?" fragte die Jüngere zweifelnd. Sie war größer als Xulzyne und präsentierte ihren wohlgeformten, muskulösen Körper in geradezu provokanter und für Lueith schamloser Art und Weise. Ein paar lederne Riemen bildeten das Herzstück ihres [i]Hemds[/i] und bedeckten gerade das Mindeste. Hüftabwärts fiel ein violettes, seidenes Tuch ihre Kehrseite hinab und umspielte ihre Beine. An ihrer rechten Hüfte baumelte eine zusammengerollte Karbatsche. Sie ging im Kreis um Lue herum und betrachtete sie ungeniert aus ihren blutroten Augen heraus. "Xulzyne und du bist dir sicher, dass sie hält was sie verspricht? Sie sieht mir nicht recht kräftig aus. Ich hoffe wirklich, dass du dich in ihr nicht täuschst."
"Hat dich meine Ware jemals enttäuscht, Paelinn?"
"Bisher nicht. Aber seit der letzten Ware ist schon eine kleine Weile ins Land gezogen. Und einmal erkämpftes Vertrauen baut sich hier im Menzoberranzan wie von alleine ab, du weißt doch…? Und ich dachte schon beinahe du wärst tot."
"Paelinn, ich bitte dich. So pessimistisch kenne ich dich gar nicht. Sie [i]wird[/i] unterhaltsam sein. Ihr werdet es sehen. Und wenn nicht, dann hetzt du einfach deine Spinnen auf sie. Die sorgten doch bisweilen zuverlässig für Unterhaltung."

Allmählich begann Lueith zu verstehen. Sie verstand nun, was man mit ihr vor hatte. Sie spannte sich an, war entschlossen bei der ersten Möglichkeit die Flucht zu ergreifen. Jedes Risiko dafür in Kauf zu nehmen. Doch sie gaben keine Gelegenheit. Sie bewachten sie gut.

Einige Tage später wurde sie von Xulzyne in die Arena von Menzoberranzan geführt. Diese lag inmitten eines nobel wirkenden Stadtviertels – denn im Vergleich zu dem, was sie von der Stadt kennen gelernt hatte, war es hier ungewohnt sauber. Kein Echsenkot, kein Dreck, kein Gestank und vor allem: keine anderen Spezies als Drow, die man hier auf der Straße antraf.
Das Innere des Gebäudes war zum bersten voll. Die ellipsenförmig angeordneten Sitzreihen waren bis zum letzten Platz gefüllt und bildeten ein Amphitheater ringsum eine ausgehobene Grube, die von einer steinernen Balustrade umsäumt war. Der Gestank und der Lärm waren betäubend. Xulzyne führte sie am Halsband durch die Massen. Sie spürte einen Ruck an der Kette, Xulzyne griff sie unter den Achseln und unversehens befand sie sich auf dem sandigen, hartgetretenen Boden der Arena. Er warf ihr das Schwert nach, sodass es im Boden stecken blieb.
Das Gebrüll der Menge schwoll an. Sie sah, wie Xulzyne mit den beiden Drowfrauen den Platz in einer Loge einnahm. Lueith hielt sich die empfindlichen Ohren zu als laut und unerwartet ein Gong geschlagen wurde.
"Hört her und schaut! Heute haben wir in unserer Arena die Elfe Lueith von der Oberfläche! Junges Blut, frisches Blut! Wetten werden am Eingang angenommen!"
Das Getöse wurde unerträglich.
Lue sah das dunkle, trockene Blut an den Balken, die den Rand der Arena begrenzten. Sie sah das vergitterte Loch in deren Mitte und roch den Gestank der daraus hervorquoll. Und sie sah die beiden vergitterten Eingänge zu je einem Ende der Ellipse.
Auf der ihr gegenüberstehenden Seite der Arena wurde ratternd das Gatter geöffnet.
Das Eintreten des Elfen wurde mit donnerndem Applaus belohnt.
Lueith spürte, wie ihr Innerstes gefror.

Nur am rechten Arm trug er eine Lederschiene, die blitzende Klinge eines Langschwertes in der Hand. Ansonsten war er bis zum Gürtel nackt. Er kam näher, die Spitze des Schwertes zeigte gen Boden und doch bemerkte Lue, dass er bis zum Zerreißen gespannt war.
Das schwarze Haar zu einem engen Knoten zurückgebunden, das Gesicht hager und die tief in ihren Höhlen liegenden Augen sahen sie geradezu tierisch lauernd an. Die einstig grünlich-kupferfarbene Haut war blass und schien dünn wie Pergament. Sie konnte jede Ader sehen, wie sie sich dunkel unter seiner Haut wanden.
Lue weitete die Augen und ließ ihn herankommen. Doch zog sie das Schwert nicht aus dem Sand.
In der elfischen Sprache, sagte sie sehr leise. "Tu das nicht. Zwing mich nicht gegen dich anzutreten, Bruder. Bitte."
Er reagierte kaum merklich und doch… war da ein Zucken in seinen leeren, farblosen Augen.
"Du verstehst nicht..." krächzte er in der Gemeinsprache.
"Töten! Töten!" brüllten die Zuschauer.
Er hob das Schwert, griff an. "[i]Neh[/i]!" Lueith sprang zur Seite. Er hatte mit ihrer Schnelligkeit nicht gerechnet. Ganz offenkundig nicht. Er lief ins Leere und Lue hatte das Schwert in der Hand.
Sie schlug nicht zu, obgleich er ihr einladend seine ungeschützte Flanke offerierte.

Xulzyne schrie durch das Gebrüll zu seinen beiden drowischen Begleiterinnen: "Das war armselig. Lahme Nummer. Ein einfacher Ausfall. Ich hätte mir etwas Spektakuläreres erwartet. Aber … man muss zugeben es hat gereicht. Hätte sie gewollt, wäre er jetzt schon tot."
Ilvelios rieb die Schenkel aneinander. Paelinns Miene war eine Maske der Undurchdringlichkeit. Nichts verriet, was sie von dem hielt, das sich vor ihren Augen in der Arena abspielte.

"Ich habe gesagt, zwing mich nicht! Ich will dich nicht töten! Ich will nicht gegen dich kämpfen! Aber ich lasse mich nicht anrühren! Geh! Geh zurück woher du gekommen bist!" fauchte Lue.
Buh-Rufe aus der tosenden Menge. Schreie nach Blut und Tod. Jemand spuckte den Elf an. Sie spuckten auch auf Lue herab.
Die Elfe trat zurück und senkte das Schwert, ihr Blick suchte Xulzyne in seiner Loge.
"Du willst mit mir spielen? Du willst mich zum Töten zwingen?! Ich werde nicht kämpfen! Hörst du?! Du zwingst mich nicht!"
Xulzynes Augen funkelten warnend. Der Elf, dem sie den Rücken zugedreht hatte, sah seine Chance als gekommen. Sie wirkte abgelenkt und unkonzentriert.
Er atmete heftig aus und stieß schreiend voran. Schnell und heimtückisch. Im letzten Augenblick wich sie zurück, doch das Schwert traf sie hart an der Schulter. Sie keuchte auf, ging auf ein Knie und rollte sich blitzschnell nach vorne hinweg.
Blut floss und tränkte den sandigen Boden, der das Blut sofort in sich aufsog. Die Menge schrie begeistert auf, johlte und jubelte.
"Warum tust du das, Bruder?!" schrie Lue verzweifelt – mit Mühe parierte sie seine Schläge und mit größter Mühe kam sie unter dem Klingenhagel irgendwie wieder auf die Beine.

"Er bringt sie um" sagte Paelinn kalt und mit einer gefährlichen Schärfe in ihren Worten. "Das ist nicht die Art Unterhaltung die wir uns vorgestellt haben, Xulzyne! Ein Kampf und tot? Das ist unprofitabel und unprofessionell!"
"Aber schön ist es… schön wie sie sich gegenseitig schlachten… die Elfen" flüsterte Ilvelios lasziv hauchend und strich sich mit einer schwarzen Hand zwischen die Beine und schmiegte sich an Xylzynes Seite. Sie bemerkte es nicht, dass sich seine Mundwinkel angewidert verzogen.

Der Elf ließ nicht nach. Unbarmherzig schlug er und schlug erneut. Er war erfahrener als Lue, das spürte sie sofort. Dennoch machte er kein schnelles Ende – obwohl er es gekonnt hätte, da war sie sich sicher. Sie geriet in die Defensive. Parierte nur noch. Sie musste diesen Kreislauf durchbrechen. Ihn mit einer unerwarteten Bewegung aus dem Rhythmus bringen. Mit einem schnellen Wechselschritt sprang sie wie eine Tänzerin zur Seite. Weit weniger tänzerisch stolperte der Elf an ihr vorüber. Sie hieb mit der flachen Seite der Klinge wuchtvoll gegen seinen Rücken. Er begann zu keuchen.

"Sehr gut! Die Instinkte setzen sich durch!" rief Xulzyne den Frauen zu. "Sie hat gute Reflexe!"
Doch die Menge schrie vor Empörung und Enttäuschung.
"Blut! Blut! Blut!"

Er hatte sich schnell wieder gefangen und ließ Lue keinen Moment zu Atem kommen. Sie reagierte.
Und da fiel ein schicksalhafter Hieb der ein Leben beenden sollte. Sie durchtrennte mit einem raschen, eleganten Hieb die ungeschützte, linke Oberarmarterie. Blut floß sofort massenhaft.
Lue erschrak. Mit weit aufgerissenen Augen starrte sie dem Elfen entgegen. Und er revanchierte sich.
Sie riss den Kopf zurück, doch die Spitze seiner Klinge fuhr ihr quer über das Gesicht. Die scharfe Schneide fraß sich tief in Stirn und Wange. Ihr Blick wurde blind vom Blut. Sie taumelte zurück und hielt sich das Gesicht.

"Oh" seufzte Paelinn mit gespielter Betroffenheit. "Das mindert ihren Wert auf dem Sklavenmarkt aber ganz erheblich."
"Nicht zu verkaufen" knurrte Xulzyne.

Das Blut floss ungehindert seinen Arm herab und mit jedem Herzschlag wurde er schwächer und schwächer. Bis er zu Boden ging. Lue hörte nicht das Brüllen der Menge, den Applaus, die Rufe. Sie sah Xulzyne nicht, der sich selbstgefällig zurücklehnte.
Lue kroch zu dem Elfen und nahm seinen Kopf in ihre Hände.
"Du weißt doch schon, was dich erwartet, Mädchen" röchelte er kraftlos im Sterben. Er sprach elfisch.
"Du weißt schon, wer diese Drow sind. Hast sie schon kennengelernt. Und gesehen wozu sie im Stande sind. Oder hast du wirklich keine Vorstellung? Sieh sie an. Da siehst du, was sie erregt. Sie werden dich immer wieder hier herunter stoßen. Immer wieder und du wirst zum Vergnügen töten. Du wirst töten. Und wenn es ihnen keinen Spaß mehr macht wie du tötest, wenn ihnen die von dir verübte Gewalt langweilig wird, dann werden sie dich töten. Sie werden so viele auf dich hetzen, dass du keine Deckung mehr findest. Oder sie lassen ihre Spinnen auf dich los. So viele Spinnen… und sie zerreißen dich und die Drow werden Blut riechen und jubeln und dann stirbst du… und hast nie mehr Bäume gesehen. Nie mehr den Himmel und nie mehr den Wald… du vergehst… Und hast nie mehr… die deinen… oh Schwester, Schwesterchen..." sein Blick glitt durch sie hindurch und er konnte seinen Satz nicht zu Ende sprechen. Er starb in ihren blutigen Händen.
14.06.2016 16:29:28
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#109131)
Lyraee
Lue stand auf und wankte einige Schritte, der Zweihänder schleifte in ihrer schwachen Hand über den Boden. Sie spürte den Schmerz kaum, bemerkte nur wie Blut und immer mehr Blut über ihr Kinn auf den Boden tropfte.
Plötzlich wurde es sehr still.
Sie drehte das Schwert langsam in der Hand herum, stützte den Knauf in den Sand und beugte das Knie. Mit der rechten Hand hielt sie die Klinge, mit der linken ließ sie die Spitze präzise unter ihr Brustbein zielen. Sie schloss die Augen. Die Spitze des Schwertes stach sie.

"Nein! Tu das nicht!" rief eine Frauenstimme.
"Lasst sie!" rief eine andere.
"Haltet sie auf!"
Ein einzelnes, hohles Lachen.

Paelinn erhob sich jäh von ihrem Sitzplatz. Sie zischte Xulzyne etwas zu, gestikulierte erbost und deutete auf Lue, die die Augen geschlossen hielt.

[i]Nicht weinen. Es gibt keinen Grund. Nichts worum ich weinen muss. Eine heftige Bewegung und es ist vorbei. Das alles ist vorbei.[/i]

"Du bringst das nicht fertig" hörte sie Xulzynes Stimme in der unwirklichen Stille der Arena. "Man hat dir vielleicht beigebracht zu kämpfen und zu töten – doch um sich selbst zu töten braucht es mehr Mut, mehr Kraft und mehr Entschlossenheit. Aber das bekommt man nicht beigebracht. Man hat es oder man hat es nicht. Und du… hast es nicht, Lueith."

Er hatte recht.
Sie brachte es nicht fertig. Und sie bezahlte dafür, wie jeder Feigling bezahlt. Mit Schmerz, Schande, widerwärtiger Unterwerfung für die kommenden Monde und entsetzlicher Abscheu vor sich selbst für noch viele weitere.


++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++++


Leise, zart sang der Wind durch die Bäume und fügte sich harmonisch mit dem Rauschen des Flusses zu einer Sinfonie der Ruhe und des Friedens. Eine Melodie die ihr Herz nur mehr schwerlich erreichte. Oder gar nicht? Lueith hielt die Augen weit offen auch wenn sie blicklos ins Nichts gerichtet schienen. Sie sog den Geruch auf. Lauschte, lauschte sehr konzentriert und versuchte zu erhaschen, was einst in ihr war. Eben dieser Friede und diese Ruhe – zumindest ein Teil davon? Ihre Hand am Griff des Schwertes, das quer über ihren Schenkeln ruhte, strafte den zaghaften Versuch Lügen.

"Ich nehme dich zu meiner Schülerin, wenn du lernst deinen Zorn zu beherrschen."

[i]Meinen Zorn beherrschen[/i], überlegte sie.
[i]Was soll das überhaupt bedeuten? Ich beherrsche ihn doch. Bestens sogar. Rache, Vergeltung, Zorn. Die heilige Dreieinigkeit. Ich habe das Gleichgewicht dieser drei gefunden. Rache, Vergeltung und Zorn.
Nur so lässt sich das Böse besiegen. Nur so, hat man eine Chance. Haben diese Theoretiker, die von Vergebung und Moral, von Ethik und dieser schönen optimistischen Phiolosophie sprechen neben all dem Studieren und Philosophieren überhaupt Zeit jemals aus dem Fenster zu blicken, wie die Welt wirklich aussieht? Haben sie überhaupt eine Ahnung von Rache und dem Durst danach um darüber zu fachsimpeln? Wurde ihnen jemals etwas wirklich Böses zugefügt um zu wissen, wovon sie reden?
Auge um Auge. Zahn um Zahn ist eine dieser Philosophien über die sie sich so gerne den Kopf zerbrechen.
Ist das Prinzip der Rache im Kampf gegen das Böse gerechtfertigt? Ja, ist es.
Doch nicht Auge um Auge und Zahn um Zahn. Das genügt nicht.
Beide Augen für eines. Alle Zähne für einen. Denn das ist das einzige, was das Böse fürchtet. Keine Predigten über das richtige Leben, über Moral oder Ethik - sondern Schmerz. Verkrüppelung, Qual und schließlich den Tod.
Das Böse, das vor Schmerz heult wie ein Hund und sich am Boden wälzt und quiekt, während es zusieht, wie ihm das Blut aus den Venen und Arterien spritzt, wenn es die Därme sieht, die ihm aus dem Bauch quellen und die Knochen die aus den Stümpfen ragen, wenn es fühlt, wie mit der Kälte auch der Tod kommt. Endgültig! Dann und nur dann stehen dem Bösen die Haare zu Berge vor Angst und dann erst schreit es: "Erbarmen! Ich bereue alle meine Süden! Ich will leben und nicht sterben! Vergebt was ich getan habe!"
So kämpft man mit dem Bösen.
Wenn das Böse dir schaden und Schmerz zufügen will, dann komm ihm zuvor. Am besten, wenn es nicht damit rechnet. Wenn es dir nicht gelingt zuvor zu kommen, dann zahl es ihm heim, dem Bösen. Dann, wenn es schon vergessen hat, wenn es sich sicher fühlt. Dann zahl es ihm heim. Zweifach. Dreifach.
Sorge dafür, dass es vor Schmerz heult, dass ihm von diesem Heulen die Augäpfel bersten. Und dann, wenn es erledigt ist, dann kann man sagen, das was dort liegt fügt niemandem mehr Schaden zu. Wie auch? Ohne Hände? Ohne Augen? Ohne Leben?
Es ist vielleicht nicht das Gute, was dann übrig ist. Aber das Böse ist es ganz gewiss auch nicht mehr.[/i]

Über ihr zirpte und tirilierte ein Vögelchen. Sie hob den Kopf, wandte den Blick zu beiden Seiten und vergaß für einen Moment ihre Tirade über Rache und das Böse. Elboria schien so friedlich – im Moment.
Sie presste die Lippen aufeinander und versuchte ihren galoppierenden Herzschlag zum Schritt zu überreden, ihren fliegenden Atem zu beruhigen.

[i]Ich vergifte diesen Frieden…
Bin ich überhaupt noch eine Tel’Quessir?
Gehöre ich noch zu unserem Volk? Oder bin ich entfremdet, wie ein Rehkitz das, weil es ein Geruch überlagert, von der Mutter nicht wieder erkannt, nicht wieder angenommen wird?
Ich spreche noch die Sprache der meinen und doch tue ich es nicht. Meine Wortwahl ist so zynisch und verächtlich. Vulgär. Selbst im Scherze verletzend. Und meine Gedanken… sie sind bitter und tragen stets den Geschmack von Blut und Chaos.
Selbst wenn ich mir Mühe gebe… selbst dann.
Als ob es nichts anderes gäbe auf dieser Welt.
Ich bin gezeichnet. Nicht nur mit der Narbe in meiner Visage.[/i]
17.11.2016 12:13:34
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#113125)
Lyraee
[i]Vor einigen Monden...
...als es sich begab, dass der Widerstand gegen die Dämonenschwestern im Begriff war Formen anzunehmen und sich ein Teil der mutigen Abenteurer eben dazu auf Burg Winterrache zusammenfand um den Plänen konkrete Gestalt zu geben, da suchten die Elfe Lueith alte Gespenster heim.[/i]

Die wolkenverhangenen Berge verweigerten jeden Blick hinab ins Tal und ebenso hüllten die Wolken die Burg ganz und gar ein, sodass Winterrache für die Welt im Nebel verschwunden schien.
In sanften, weichen Flocken legte sich der Schnee, der vom Himmel fiel auf den der vorangegangenen Tage, der bereits den Erdboden gefunden hatte.
[i]Unwirklich[/i], dachte Lueith während ihre Schritte sie leise knirschend den Pfad entlang führten, der außerhalb der Burgmauern verlief. [i]Alles ist so unwirklich. Diese Insel ist einfach so anders. Auch die Leute. Ist das hier eine Illusion, ein Hirngespinst? Irgendeine Droge die mir Xulzyne verabreicht hat? Bin ich gar nicht wirklich hier sondern kämpfe in der Arena von Menzoberranzan zum Vergnügen der Dhaerow gegen Worge, Wyvern und Dämonen?[/i]

Der Gedanke, sie könnte sich noch immer in den Fängen dieses Drow befinden, noch immer fremdbestimmt und abhängig von ihm und seinen Launen sein, seinen Täuschungen auf Gedeih und Verderb ausgeliefert mit Halsband und Kette, an der er riss und zerrte und zog, der sie kontrollierte und überwachte und alles, alles von ihr wollte was man von einem Wesen nur wollen kann – in der Gewissheit es doch nie zu bekommen…
Der Gedanke erfüllte sie mit Grauen, presste ihr die kalte Luft aus der Brust, schnürte den Hals und das Herz und drohte sie in Panik, Angst und Verzweiflung zu ertränken. Sie verließ den Pfad und lief los; dorthin wo sie die Hangseite des Berges und den Abgrund wähnte. Sie wurde schneller.
Ein falscher Schritt hinein in den Nebel und sie würde aus den Wolken fallen – und vielleicht erwachen oder dankbar, sehr dankbar doch vor allem frei sterben.

Ein Schrei. Nein, kein Schrei. Ein Brüllen.
[b]Du gehörst mir![/b]
Furcht.
Der Arm der sie umschlingt engt sie ein, nimmt ihr den Atem, drückt ihr schmerzhaft gegen die Rippen.
Furcht.
Ohnmächtigmachende, lähmende, alles umfassende Furcht.
Zu Hilfe! Warum hilft mir denn niemand? Ich bin allein, ich bin klein, ich bin wehrlos, ich kann mich nicht bewegen, ich bekomme nicht einmal einen Schrei aus meiner verkrampften Kehle. Schmerzhaft reißt er an der Kette.
Lass los!
Wasser. Rauschend, tosend erstickt es alle anderen Geräusche.
Festhalten!
Da ist kein Halt… da ist keiner… da ist keiner…
Furcht.
Sein schwarzer Mantel verdeckt alles. Nur die roten Augen mit einem Blick, kälter als Eis, bösartig verfolgen sie, mit einem wilden Versprechen.

[b]Du gehörst mir, habe ich gesagt. Und dass ich mit dir machen werde, was ich will! Dass niemand mich daran hindern wird! Weder Menschen, Elfen oder Drow, noch Götter, weder Teufel noch Dämonen! Noch ein verdammtes Meer das zwischen uns liegt! Mir gehörst du, Elfenhexe! Ich erwische dich, Lueith. Diesmal werde ich dich töten. Ich lasse dich um dein Leben betteln und dann töte ich dich. DU gehörst mir![/b]

Der in Bröckchen hinabstürzende Schnee vor ihren Stiefeln warnte sie vor, riss sie aus der Panikattacke und ließ ihre Schritte abrupt verharren. Lue stieß einen dumpfen Schrei aus, ruderte mit den Armen und ließ sich nach hinten in den Schnee fallen.
[i]Konzentrieren! Das ist weder Delirium, noch Traum, noch Illusion. Es ist wirklich.
Thal’ia, Laladi, Frau Jocasta, Elboria und die Seldarelle, die Termar Tiris waren es. Der Ausflug in den Silberwald war es auch… und mein Schwert. Das uralte Elfenschwert, das Klagelied das seine Feinde in den Tod verfolgt… wirklich. Sylvar ist wirklich. So gut und liebevoll. Und Sylvars Hände… seine starken und klugen Schmiedhände… alles wirklich. [/i]
Mit einer Hand voll Schnee rieb sie sich durchs Gesicht und stieß keuchend, in weißen Wölkchen, ihren Atem in die Luft.
Der Gedanke des sie verfolgenden Xulzyne erfüllte sie noch immer mit Grauen und der Gedanke an einen Kampf gegen ihn schlug ihr mit eiserner Faust der Angst in den Magen.
Sie fürchtete diesen Mann. Nein, sie konnte nicht mit ihm kämpfen. Noch nicht.
18.11.2016 11:52:36
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#113160)
Lyraee
[i]Vor etlichen Monden…
…als Xulzyne ihr zuvorkam. Und Lue mit Hilfe einer Yathtallar und einer Dämonin zu ihm gebracht werden sollte.
…als einer der Altäre der Dämonenschwestern bereits vernichtet war und die Seele eines Jungen vorerst bewahrt werden konnte, da hatte sich die Elfe Lueith für einige Zehntage in den Silberwald zurückgezogen um Abstand zu suchen von den jüngsten Geschehnissen. Und allem anderen, was sie so sehr verwirrte.[/i]

Der Mittag breitete sich mit Hitze und Schwüle über den Wald, und der Spiegel des Sees, bis vor kurzem noch dunkel wie Jadeit, flammte golden auf, funkelte von Reflexen.
Lue musste die Augen mit der Hand abschirmen, die vom Wasser zurückgeworfene Helle blendete.
So dicht konnte der Silberwald nicht sein, dass er die hochstehende Sonne abhielt. Sie schlug sich durch das Ufergestrüpp, krempelte, am Ufer angekommen, die Hosenbeine bis über die Knie und watete in den See. Das Wasser war so klar, dass sie das bunte Mosaik des Grundes sehen konnte, Teichmuscheln und wogende, gefiederte Wasserpflanzen. Sie sah einen kleinen Krebs, der würdevoll zwischen den Steinchen einherschritt.
Lueith seufzte wohlig, beugte sich hinab und wühlte mit den Händen im Nass um sich anschließend mit den Handflächen das Gesicht zu kühlen.
Als sie sich aufrichtete, den Blick über das Ufer gleiten ließ, erstarrte sie. Sie wurde beobachtet. Jedoch nicht auf die freundlich neugierige Art der harmlosen Waldbewohner, sondern lauernd und gierig von acht reglosen Augen. Jene Augen waren zugehörig zu einer menschengroßen monströsen Spinne. Sie war auffällig. Nicht nur, weil sie Lueith vom Ufer her so merkwürdig beobachtete, sondern auch, weil sie sich von den Waldspinnen unterschied. Ein kugelförmiger, hochgewölbter Hinterleib von tiefstem, glänzendem Schwarz war von einer blutroten, sanduhrförmigen Zeichnung geziert.
[i]Dumm. Das war sehr dumm von mir. Mein Schwert liegt am Ufer, weil ich nicht wollte dass es nass wird… Großartig[/i]
In der Tat, kleine narbengesichtige Elfe. Das war ein großer Fehler. Xulzyne wird dir für deine Nachlässigkeit dankbar sein.
Es war eine weibliche betörende Stimme in ihrem Kopf, die ungefragt antwortete während die Spinne hämisch die Hinterbeine aneinanderrieb.
[i]Er hat mich gefunden…[/i]
Lueith fühlte, wie sie Furcht und Verzweiflung ergriff. Wie ihre Fingernägel sich schmerzhaft in die geballten Fäuste gruben. Sie wich im Wasser zurück in die Richtung, wo ihr Schwert am Ufer liegen musste.
[i]Flucht oder Angriff?[/i]
Lueith hob die Arme und spreizte die Finger, skandierte einen Zauberspruch und es flog ein wütender Schauer, kleiner magisch pulsierender Kügelchen auf die Spinne zu – nur um wirkungslos auf ihrer schwarzen Haut in Säureflecken zu zerplatzen.
Das wirkt bei mir nicht. Und es langweilt mich!
Die Spinne war noch immer in ihren Gedanken, wo sie nicht nur sprach sondern auch jeden Gedankenfetzen Lueiths aufsaugte und jeden gefassten Entschluss, jede Bewegung, jeden Versuch im Vornherein ahnte, erkannte und vereitelte.
Es ging sehr schnell. Lue sprang zur Seite und die Spinne krümmte und drehte sich in grotesk schneller Bewegung.
Das klebrige Gewirr an Fäden das aus ihrem Unterleib auf die Elfe zuschoss, überkam sie, wucherte in Windeseile und bedeckte den Waldboden, hüllte ihn ganz und gar ein, begrub alles unter sich und griff raffgierig nach allem darüber. So auch nach Lueiths Beinen.
Lueith brüllte vor Wut und Panik wild auf, als sie im Schwung ihrer eigenen Bewegung über die verfangenen Beine stürzte und der Länge nach zu Boden fiel, wo sie sich im Versuch sich zu befreien nur noch mehr in dem widerwärtigen Spinnennetz verfing. Es war aussichtslos sich loszureißen.
Schau dich um. Siehst du da irgendjemanden, Narbengesicht? Aber keine Angst. So gerne ich dir jetzt ein Ende bereiten würde, noch ist es nicht für dich gekommen… ich bin einem höheren Befehl verpflichtet und dieses schwächliche Männchen, dem meine Herrin so gnädig war zu helfen, ist ganz wild darauf, dass ihm dieses Vergnügen zu Teil wird und niemand anderem. Solange wir nicht bei ihm sind, wirst du also nicht sterben, hörst du?
Ihre Stimme kicherte in Lues Kopf. Sie sah den schwarzen Bauch über sich schwanken, die Beine die sie wie pechschwarze Säulen einpferchten. Erneut schrie sie, als die Spinne sie in ihre grausige Umarmung schloss. Lueiths mentaler Widerstand sich dem magischen Impuls zu verweigern, den die Spinne auf sich selbst und Lueith wirkte, hatte dem mächtigen Zauber nichts entgegenzusetzen.
Die Luft begann zu flirren und für den Bruchteil einer Sekunde gellte ein Knall, ein Lichtblitz durch den Silberwald.
Die Spinne und die Elfe waren verschwunden.
Es regte sich noch leicht das Wasser und fand nach und nach zur Ruhe. Auch der Krebs wagte sich langsam wieder unter dem Stein hervor und setzte seinen Weg fort.
Nichts blieb zurück, was verraten konnte was soeben geschehen war.
29.11.2016 14:41:49
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#113630)
Lyraee
Sie befanden sich in einer gigantischen Höhle.
Es roch nach Wasser. Frischem Wasser. Und Fisch. Es herrschte ein dämmriges Licht, das von den fluoreszierenden Pilzen ausging, die hier überall wuchsen. Ansonsten ließ das Stadtbild wenige Fragen offen. Dicht an dicht reihten sich Häuser und Hütten, Lagerhallen und Schuppen. Alles wirkte irgendwie zusammengeschustert, dennoch ließ so manches Gebäude nicht an Luxus und Gepränge fehlen. Ratten huschten die Rinnsteine entlang. Betrunkene, Prostituierte und unheimliche Gestalten passierten sie. Es war auf seine eigene Art und Weise übel. Nicht wie in Menzoberranzan – aber ähnlich. Das eigentlich unübersehbare Zeichen war ein glühender Schädel der über alledem schwebte.
Xulzyne riss an der Kette, zog sie näher zu sich.
"Willkommen in Schädelhafen" erklärte er mit seinem gespenstischen Lächeln.
Er zerrte sie zu einem großen Gebäude hin. Laternen pendelten vor dem Eingang, aus dem Inneren drang ein Stimmengewirr heraus. In der Tür des Gebäudes standen schon etliche bewaffnete Männer. Zum Großteil mit Knüppeln und Langdolchen ausgerüstet.
Heraus trat ein fülliger Menschenmann. Tethyrer, schätzte Lue. Er trug einen reich verzierten Brokatrock und eine Mütze, die mit schillernden Federn verziert war
"Xulzyne! Welch Freude! Lange ist es her, dass wir uns getroffen haben, mein Freund! Wie laufen die Geschäfte? Ja, sag… was macht das Geschäft?"
"Die Geschäfte laufen. Du weißt ja wie das ist, Filister. So jemanden wie mir geht die Arbeit nie aus. Ich überlege schon mich langsam zur Ruhe zu setzen. Vielleicht noch ein paar Aufträge..."
Der, den er Filister genannt hatte, schaute Lue eine Zeitlang direkt in die Augen. Sie schauderte und verstand sofort, dass hinter der dicklichen, weichen und überfreundlichen Fassade ein Geist von beunruhigender und dunkler Tiefe steckte in dessen Abgrund sie nicht blicken wollte.
"Zur Ruhe setzen? Ich bitte dich… was tätest du denn ohne dein Geschäft? Aber noch bist du ja tüchtig, nicht wahr? Komm herein. Lass uns reden. Bitte sehr."
Im Flur warteten zwei weitere Personen. Eine hochgewachsene Frau mit blondem Haar, hager und mit stechendem Blick und ein Halbelf, relativ jung, zerzauste aschblonde Haare und gräulich dunkle Haut.
"Ach…" Filister drehte sich um. "Reden wir unter sechs Augen. Samara kam ja nicht extra aus Zentilfeste nur um sich das gute Bier hier schmecken zu lassen. Ha! Geben wir das graue Täubchen doch vorübergehend unter Bewachung und dann folgt mir bitte. Herr Beißer!"
Der Halbdrow trat auf sie zu. Xulzyne reichte ihm die Kette. "Aber pass mir nur gut auf sie auf. Wie auf deinen Augapfel."

Buckelroff hielt sich abseits. Freilich wollte er, wie alle anderen auch, das Elfenmädchen ansehen, von dem in letzter Zeit so oft die Rede war. In der Grube war man schon ganz heiß auf ihre Ankunft – entsprechend viele hatten sich jetzt versammelt. Doch er empfand einen enormen Widerwillen dagegen, sich mit den anderen Neugierigen in eine Reihe zu stellen. Die gafften und drängten. Manche versuchten sogar sie anzufassen, zu stoßen und zu kneifen. Nein, darauf hatte Buckelroff keine Lust. Er hatte genug in seinem bisherigen Hin-Leben erlebt um sagen zu können, dass ihn das, was dem Mädchen bevorstand einfach nur abstieß.
Doch er konnte einen Blick auf sie erhaschen. Sie hinkte leicht, schritt jedoch hoch erhobenen Kopfes an Halsband und Kette hinter ihrem Wärter her.
Sie war geschlagen worden. Der Drow hat sie geschlagen aber nicht gebrochen, dachte Buckelroff.
"Das ist also diese Elfe!"
"Pah, die ist ja schmächtig!"
"Schmächtig ja? Eine Schlächterin ist sie. Eine Schlächterin die unter den Drow selbst ihresgleichen gemordet hat!"
"Einen Elfen, fünf Menschen und dutzende Kreaturen soll sie in der Arena von Menzoberranzan erledigt haben. Die Bestie!"
"Was für eine Bestie!"
"Eine Wölfin!"
"Dieses Kind?! Niemals! So einen Müll kannst du jemand anderen erzählen, du Lügner!"
"Wen nennst du hier Lügner?!"
"Nicht anfassen!" rief ihr Wächter. "Hände weg habe ich gesagt! Griffel weg! Betatscht ihr immer fremde Sachen?! Und kein Wort mit ihr gesprochen, klar?!"
Der Halbdrow machte ein grimmiges Gesicht. Buckelroff wusste, dass er unter den Namen 'Beißer' bekannt war. Das war so, weil er sich seine Zähne spitz zufeilen hatte lassen. Vielleicht war es aber auch nur eine besonders aufwändige und gute Illusion. Das Zufeilen hatte aber etwas Martialischeres und wurde deshalb für besser, härter befunden.
"Na wer weiß ob sie heute Abend noch lebt, nach dem Kampf in der Grube, eh? Vielleicht sollten wir ihr den womöglich letzten Tag ihres jungen Lebens noch ein wenig versüßen, hm? Richtig durchvögeln im Heu! Ihr tüchtig besorgen!" rief ein Zwerg mit merkwürdig zweifarbigen Augen.
"Das wär’s! Wie eine Dirne! Hähähä!" ein Menschenbursche von vielleicht 15 Jahren lachte brüllend.
"Nur ohne Bezahlung!"
Grölend hielt sich der Bursche den Bauch.
"Wenn ihr euch traut dann fragt Xulzyne ob ihr dürft. Der reißt euch den Schwanz mitsamt der Eier ab. Mit bloßen Händen."
"Oha! Oha! Wohl eher dir, wenn du nicht richtig auf sein Eigentum aufpasst ,eh?"
"Zieht Leine! Ihr habt doch wirklich weiter nichts im Kopf, Ficker, verdammte. Ihr könnt sie noch früh genug begaffen. Haut ab, sag ich – oder wollt ihr eins mit dem Knüppel?"
"Oha. Na dann eben nicht. Uns ist das doch egal. Kommt Jungs, zum Schober, da braten sie einen Hammel und ein Ferkel. Heute ist ja die Tagundnachtgleiche, ein Feiertag. Gehen wir ein bisschen feiern."
Unter Gemurre und verstohlenem Geschimpfe zerstreute sich nach und nach die schaulustige kleine Menschentraube.
Beißer riss erneut an der Kette und zerrte die grauhaarige Elfe über den Platz. An einem Pfosten, nahe einem Lagerhaus band er sie schließlich an. Die Elfe setzte sich mit stoischem Blick auf den Boden.

Doch Buckelroff war geblieben. Er schaute in den Schatten gedrückt hin zum Lagerhaus, um das es ruhiger geworden war. Beißer lehnte an der Bretterwand und spielte mit einem Dolch, während sein Knüppel neben ihm an der Wand lehnte.
Jetzt oder nie. Der Hin hob die Hand, begann ins Gewebe zu greifen und es nach seinem Willen zu formen, der Blick unverwandt auf den Halbdrow gerichtet. Er spürte in seinem Kopf eine kurze aber heftige Gegenwehr. Buckelroff war es, als knackte es schmerzhaft in seinem Hinterkopf. Beißer war widerstandsfähiger als er erwartet hatte und er versuchte den Zauber, der auf ihn eindrang, von sich zu stoßen. Der Halbling spannte sich an und verharrte, als das widerlich schlüpfrige Gefühl endlich nachließ. Beißer erstarrte ebenfalls – aber unnatürlich, inmitten seiner Bewegung. Er gefror einfach wie zu Stein.
Ein Keuchen der Erleichterung von sich gebend rannte der Halbling los. Die Elfe sprang auf, als sie ihn auf sich zueilen sah und riss an der Kette, verwirrt glitt ihr Blick zu dem gelähmten Halbdrow und zuckte wieder zu ihm, sie knurrte, warf ihm einen bedrohlichen Blick zu.
"Nicht nötig" warnte er sie rasch. "Ich bin auf deiner Seite. Ich will dir helfen! Komm, ich schneide dir die Fesseln durch. Da hast du das Messer, schneide das Halsband selber auf. Und dann komm! Schnell! Wir haben nicht viel Zeit!"
"Wer bist du?"
"Ich bin…"
"Buckelroff! Du Verrä…"
Das Elfenmädchen war wie aus dem Nichts bei dem hinter dem Lagerhaus erschienen Mann und stieß mit dem Messer ohne zu zögern auf ihn ein. Sie rammte ihm die Klinge direkt in die Seite seines Halses und riss sie kraftvoll schneidend wieder heraus. Das Blut strömte ihm reichlich aus der Wunde und er fiel hin, krümmte sich zur Embryonalhaltung zusammen um zu verbluten, um zu sterben.
"Alarm!" schrie plötzlich eine bewaffnete Frau und ließ vor Schreck ihre Hammelrippe fallen, nach ihrem Schwert greifend.
"Alaaaarm! Filister, Samara! Die Elfe flieht!"
Die Frau, die sie Samara nannten und Xulzyne stürzten aus dem Gasthaus jenseits des Platzes. Es erschien auch Filister auf der Schwelle der Tür und schaute verblüfft drein.
"Schnell jetzt!", schrie der Halbling und berührte Lueith am Ellenbogen, nur kurz um gleich darauf in die Gassen loszupreschen.
"Fangt sie!" brüllte Samara aus Zentilfeste. "Fangen oder töten!"
"Lebendig!" schrie Xulzyne, der seine Schwerter bereits in der Hand hatte. "Lebeeendig!"
Aus den Hütten stürzten Bewaffnete. Armbrustbolzen surrten durch die Luft und schlugen gegen Hausmauern oder in Bretterverschlägen ein, als Lueith und Halbling im Zickzack durch die finsteren Gassen flohen. Nach und nach wurden die Rufe leiser, trog der Schein oder hatten sie den Großteil ihrer Verfolger wirklich bald abgehängt? Hinter der nächsten Biegung entdeckte Lue Schiffsmasten emporragen und hörte das leise, friedliche Plätschern von Wasser. Die Hüfte, in die sie Xulzyne kürzlich getreten hatte, stach sie schmerzhaft als sie ein weiteres Mal scharf in eine heruntergekommene Straße einbogen und bald dröhnten ihre Füße über die sich leicht biegende Holzplanken des Piers. Es glitt langsam ein kleiner Schoner über das schwarze Wasser, noch nicht sehr weit von ihnen entfernt. Auf eben dieses Schiff deutete der Halbling jetzt.
"Wir müssen dahin schwimmen. Sie nehmen uns mit. HEY!!" schrie er und es erschienen Gestalten an der Reling. "Was legt ihr ohne uns ab?!"
Xulzyne lief heimlich wie ein Wolf von links heran. Sein Arm umschlang die Elfe von hinten, zog sich um ihre Kehle, sie schrie auf. Buckelroff fluchte lauthals und stürzte sich geradewegs auf Xulzynes Beine, beharkte sie mit seinem Dolch. Das Gerangel wurde verbissen, der Drow drückte Lueith immer fester die Kehle zu, doch schließlich, er konnte den mindestens ebenbürtig hartnäckigen Buckelroff nicht abschütteln, brüllte er schmerzerfüllt und wutentbrannt auf. Lueith entwand sich seinem Griff.
"Spring und schwimm um dein Leben!"
Mit einem Satz war sie im Wasser.
Nun, da sich der Drow ganz auf ihn konzentrierte, hatte der Halbling keine Chance mehr. Mit einem Schlag des Schwertknaufs stieß er Buckelroff von sich weg, versetzte ihm einen schrecklichen Hieb quer über die Brust und macht einen Sprung nach vorne um der Elfe nach zu hechten. Der aufgeschlitzte und Blut überströmte Buckelroff konnte ihn noch bei den Füßen packen und ließ erst los, als ihn ein Schwertstich auf die Planken nagelte. Doch diese wenigen Sekunden Verzögerung genügten.

Das Wasser verschluckte Lueith beinahe, zog sie mit sich und in sich hinab. In ihren Ohren begann es zu hämmern und zu dröhnen wie in einem Glockenturm. Sie hatte Glück und tauchte mit Schwung auf, spuckend und keuchend. Sie griff in die muschel- und algenbewachsenen Holzbretter des Schiffs.
"Festhalten!"
Rief ihr jemand von oben zu.
"Festhalten Elfenkind!"
Mit riesiger Anstrengung klammerte sie sich an das zugeworfene Seil und wurde aus dem Wasser und an Deck gezogen. Keuchend lag sie da, das Wasser rann plätschernd an ihr herab.
Sie rollte sich zur Seite und schloss schwer atmend die Augen.
06.12.2016 23:17:49
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#114057)
Lyraee
[i]Vor etlichen Monaten…
…als sich Lueith auf einer anderen Ebene wiederfand.
…als die Pläne Xulzynes von denen der Priesterinnen der Spinnenkönigin, der Monddame Sehanine sowie derer Eilistraees unwissentlich, zufällig und glücklicherweise durchkreuzt wurden.[/i]

In Lueiths Augen sprühten Funken, worauf sie absolut nichts mehr sah, hörte oder fühlte außer Kälte. Inmitten eines schwarzen Nichts, inmitten von Form- und Zeitlosigkeit war Kälte das einzige, was sie empfand.
Der Bruchteil einer Sekunde ging vorüber und eine fremdartige Welt flammte vor ihren Augen auf.
Sie keuchte vor Entsetzen und zurück auf dem harten Boden der Wirklichkeit befand sich über ihr keine Spinne mehr, sondern Dunkelheit. Unter ihren Füßen polierter, anthrazitfarbener Stein statt des weichen, moosigen Erdbodens des Silberwalds. Ein langer, schwarzer Korridor vor ihr und hinter einem Torbogen erstreckte sich eine gewaltige, scheinbar endlose Höhle. Jenseits des Torbogens erkannte Lue ein felsartiges Gebilde, über und über verstrickt in einem enormen Spinnennetz. Der Mitte dieses Gebilde entsprang ein bedrohlicher Turm violetten Kristalls umgeben von weiteren, kleineren aber ebenso unheilvoller Kristalltürme. Lueith war wie zur Salzsäure erstarrt.
[i]Sie hat mich zurückgebracht. Das ist das Unterreich. Aber nein… das Unterreich. Das hier ist anders. So… anders![/i]
Wilde Gedanken hämmerten auf sie ein, die Furcht dröhnte in ihren Ohren wie das Summen hundert wütender Hornissen. Sie nahm die Stimme zunächst wie aus weiter, weiter Ferne wahr.
"Hier wären wir. Und es tut mir Leid dich enttäuschen zu müssen, doch das ist nicht das Unterreich."
Die berückend schöne Drow, die obendrein nackt war, lächelte bösartig und bedrohlich. Das eigentlich verstörende war aber weder ihre Nacktheit, noch ihr Lächeln – sondern die von der Taille an abwärts sprießende Vielzahl schwarzer und roter Tentakel, die die Beine der Drow umpeitschten.
Mit überheblichem Blick sah sie auf Lueith herab.
"Xulzyne wollte dich sofort haben. Doch er wird sich gedulden müssen und sehen, was von dir übrig bleibt, wenn ich mit dir fertig bin. Das ist der Wunsch der Priesterin. Denn was dieses aufsässige, eingebildete Männchen vergessen hat in seiner Besessenheit und seinem Stolz ist, dass sich die Yathallar niemandes Wunsch beugen, niemandes Interessen unterstellen; nur der Spinnenkönigin selbst. Und sie hat mit dir anderes vor. Du bist hier in ihrem Reich und ich werde dich würdig willkommen heißen. Du bist Zauberin? Dann beginne ich vielleicht am besten damit, dir die Finger und die Zunge zu nehmen. Du wirst so laut schreien, dass dir förmlich die Augäpfel bersten. Und dann lasse ich sie wirklich platzen." Sie kicherte gespenstisch. "Du wirst leiden. Dein Wimmern, dein Weinen wird das höchste Gebet, das finsterste aller Bekenntnisse" einige der Tentakel erzitterten vor Erregung "an unsere Königin sein. Ohja." Auch ihr Lächeln begann nun vor Ergriffenheit zu beben doch ihre Miene nahm plötzlich etwas Sonderbares, Hartes an. Anstatt sich weiter einer Tirade zu ergeben, schrie sie erbost auf, während sie ihre Gesichtszüge kaum mehr unter Kontrolle bekam und Lueith begriff: vor Wut. "Wer wagt es? Nein. Nicht jetzt!"
Und sie brüllte auf. Einen Namen – oder ein Wort, einen Befehl. Lueith verstand es jedenfalls nicht, doch sie gewann die Beherrschung über das die Kehle zusammenpressende Adrenalin und wich gerade noch dem nach ihr schlagenden Tentakel aus. Mit einem Knall und Lichtblitz war das Wesen verschwunden. In der Dunkelheit vibrierte noch immer sein hasserfüllter Schrei. Lueith starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die leere Stelle in der Luft und taumelte zurück, stieß mit dem Rücken gegen die Wände. Spinnweben verfingen sich ihr im Haar und plötzlich schien sich die Geometrie der sie umgebenden Wand zu verändern und zu verformen, so heftig, dass sie nach nur einem Blinzeln eine Gestalt darin zu erkennen glaubte. Zunächst der Abdruck eines schmerzverzerrten Gesichtes, dann krallenartige Hände die sie packen wollte. Jäh sprang sie von der Wand hinfort und hörte auch schon aufgeregte Rufe aus Richtung der Kristalltürme. Lueith schaute sich nicht um in diesem Alptraum. Sie rannte blindlings hinein in die Finsternis des Korridors, unter Bögen hindurch, zwischen Säulen und den wie lebende Statuen nach ihr Greifenden aus den Wänden vorbei. Die Dunkelheit begann wie Rauch zu wogen, ein aufdringliches Flüstern, Seufzer, leise Beschwörungen drangen ihr in die Ohren. Absolutes Chaos, das sie vollkommen verwirrte und verunsicherte. Lueith überkam ein Schwindel, es schien ihr, als befände sie sich im Inneren irgendeines unmöglichen, vielflächigen Körpers, während sie lief und lief, um eine Biegung nach der anderen schlitterte. Vor ihr an der gegenüberliegenden Wand öffnete sich plötzlich lautlos eine riesige Tür. Hinter dieser Türe lag die Helligkeit eines tristen, trüben jedoch freien Himmels. Und der durchdringende Duft von Wald. Tannen, Moos, Erde. Die Elfe hielt inne und ging mit fliegendem Atem langsam auf die Pforte zu.
Durch eine Schneise durch den duftenden, dichten Wald konnte sie einen wunderschönen Garten erkennen und auf einem Hügel von Zinnen und gertenschlanken Türmen ehrwürdig gezähnt, ein Schloss. Jemand in der Nähe spielte auf einer Schalmei oder Flöte eine lustige, hüpfende kleine Melodie.
Sie überlegte nicht lange. Sie wollte nur fort von hier. Fort aus dieser Finsternis, dieser Fremde, diesem Chaos. Diesem Alptraum entkommen. Sie sprach in Gedanken ein kurzes Stoßgebet, auch wenn sie das Gefühl hatte die Seldarine könnten sie hier an diesem Ort ohnehin nicht hören und sie durchschritt das Tor.
09.03.2017 13:23:40
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#116502)
Lyraee
Xulzyne führte die Elfe an Halsband und Kette durch den Raum hin zu einem Tischchen.
Mit einem spöttischen Grinsen beobachtete Durdyn, der dunkelelfische Arenameister, den neuen Gast mit Zufriedenheit. Eine interessante Erscheinung und, was man so hörte, übertraf diese unterhaltsame Erscheinung nur ihre Art mit dem Schwert zu töten. Schade, einfach schade, dass Xulzyne sich weigerte sie zu verkaufen oder abzugeben. Würde er sie hier lassen, in seiner Arena… Zum Teufel. Wozu sich Gedanken machen. Eher würde er, der Kopfgeldjäger, die Elfe persönlich töten, als sein liebstes Haustierchen herzugeben.
Xulzyne wischte mit dem Ärmel über die Onyxtischplatte, zog ein kleines Medaillon aus der Tasche, öffnete es und schüttete ein kleines Häufchen weißbläuliches Pulver darauf.
"Du weißt wie man das nimmt?"
Lue wusste es nicht. Das gab sie aber nicht zu. Sie schwieg einfach und presste die Zähne aufeinander.
"Du ziehst es dir durch die Nase oder reibst es dir ins Zahnfleisch ein."
"Nein!"
Xulzyne zuckte nicht einmal mit der Wimper. Als er das trotzige Funkeln in den Augen Lueiths erkannte riss er unvermittelt und heftig an der Kette. Ihr Kopf schlug Stirn voran auf die Onyxplatte. Sie drohte zusammenzusacken doch seine Hand presste ihren Kopf mit der linken Gesichtshälfte gegen den kühlen, schwarzen Stein und mit der anderen hielt sie an der Hüfte bis sie die Kontrolle über ihre Beine zurückerlangt hatte. Ihre Wange pochte, brannte, die Nähte der schlecht versorgten Wunde spannten und Lue spürte, wie frisches Blut daraus hervorzusickern begann.
"Was habe ich dir über dieses verächtliche, respektlose Wort gesagt, kleine Ratte? Hm? - Du wirst es nun selbst tun" knurrte er dicht an ihrem Ohr. Lue presst die Augen zusammen. "oder ich tue es auf eine Weise, die allen Anwesenden hier Vergnügen bereitet. Du hast nicht nur in Mund und Nase Schleimhäute sondern auch an allen möglichen anderen komischen Stellen, von denen ich Gebrauch machen kann."
"Interessanter Einfall" kommentierte der Arenameister, der die Szene leidenschaftslos beobachtet hatte.
Der Duergar, der bislang unauffällig im Hintergrund klirrend und klappernd mit verrosteten Rüstungsteilen hantierte, hielt gar mit seinem Tun inne und stierte, neugierig geworden mit bösartiger Freude herüber. "Komische … Stellen" gluckste er und schaute ein wenig enttäuscht dabei zu wie Lueith mit zitternder Hand und furchtgeweiteten Augen nach dem Pulver griff.
"Schau her, wir haben schon jemanden der sich als Knecht anbietet um dich auszuziehen und festzuhalten. Vielleicht probieren wir es das nächste Mal einfach aus, hm? Was hältst du davon, Elfe? Vorsicht. Verschütte das gute Pulver nicht."

Die Droge war stark, sehr stark und wenige Augenblicke nach der Einnahme wurde Lueith von einer blendenden Euphorie erfasst. Die Gestalten bekamen schärfere Konturen, Licht und Farben stachen sie in den Augen, Gerüche reizten ihre Nase und sie musste mehrmals niesen, Geräusche wurden unerträglich laut. Dennoch verschwamm alles ringsum, wurde flüchtig und unwirklich wie ein Traumgebilde.
Die folgenden Stunden vergingen wie rasend. Mal schmerzten sie die erschreckend klaren Bilder in den Augen, mal taumelte sie wie im Nebel.
Da waren Treppen, stinkende Gewölbe, die sie durchquerten. Warten. Jemand der ihren Namen rief, an der Kette zog. Da war heiseres Lachen. Wieder ein Ruck an der Kette. Jemand griff nach ihr, zwickte und stieß sie. Lärm. Dröhnendes Lärmen von den Sitzplätzen her. Dann der Schwertgriff in ihrer Hand. Und schließlich sah sie sich einer schrecklichen eberartigen Kreatur gegenüber. Die schlagartige Anfangswirkung hatte nachgelassen, nun schärfte die Substanz nur noch ihre Sinne – und hob die Stimmung. Lueith rollte mit der Schulter, ließ die Klinge wirbelnd durch die Luft tanzen.
"Komm her", zischte sie.

...

Das fröhliche, dem Frühling huldigende Zwitschern der Vögel veranlasste sie, ihre Reverie zu beenden. Mit einem tiefen Durchatmen schüttelte sie den Nachhall der Emotionen ab die sie erfasst hatten. Die leise Sehnsucht nach dem Rauschzustand, der eminenten Klarheit, der Entspannung und die körperliche Erschöpfung danach wurde sie hingegen nicht so einfach los.

Ihre Traum'ruhe' war seit jeher weit von 'Ruhen' entfernt. Zu häufig kreisten die Gedanken wieder und wieder um die Erlebnisse der Vergangenheit, was ihr selten Erholung erlaubte. Ihr Geist verselbstständigten sich dann und ihre Reverie kam dem, was ein Mensch unter 'Alptraum' verstand, sehr nahe. Es gab Tage, an denen ging es besser – und solche an denen wurde es schlimmer. Es war stark davon abhängig, was Lueith in der Zeit ihres Wachens beschäftigte. Also war ihre Traumruhe und damit Lue selbst auch, dem ständigen Auf und Ab ihrer emotionalen Verfassung ausgeliefert.
Sie kehrte dann meist im Moment der höchsten Anspannung zurück, der größten Angst und Verzweiflung wenn es unerträglich wurde. Nicht selten gingen damit Tränen einher. Nur um sich anschließend von sich selbst angewidert zu fühlen, sich für die widerwärtige Unterwerfung damals und dem dekadenten Selbstmitleid heute zu schämen was einer Elfe nun einmal wirklich nicht stand. Sowieso verlor sie viel zu oft die Haltung und Contenance. Für das stolze, schöne Volk zierte sich das wahrhaftig nicht.

Gleich aber wie es ihr dabei erging: Ihre Reverie gehörte ihr. Es war der letzte Raum gewesen, der selbst in Xulzynes Gefangenschaft alleine ihr zugänglich war, in den sie sich hatte zurückziehen können.

Schließlich hatte jedoch auch hier das Böse ein Schlupfloch gefunden um einzudringen. Wiedermal hatte es sich eingeschlichen mit dem Ergebnis, Lueiths gehetztes Gemüt niemals, nie auch nur einen Moment Frieden und Sicherheit zu gönnen. Denn seither fiel es ihr noch schwerer als ohnehin ihrer Reverie gute Gedanken zu widmen – vielmehr sich überhaupt erst in diesen meditativen Zustand einzufinden. Immerzu schreckte sie beim geringsten Geräusch zusammen. Sei es das Krächzen eines Raben oder das nahe Rascheln des Windes in den Bäumen.

Dabei hatte es jüngst auch gute, schöne und angenehme, obschon auch verwirrende Momente gegeben. Es war ihr ein Bedürfnis, zu entschlüsseln und zu enträtseln, was es damit auf sich hatte. Was das in ihr bewirkte, wohin es führte, was davon sie [i]glauben konnte[/i], worauf sie hoffen durfte? Wahrheit, Lüge. Was ist wahr? Ja, es wäre ihr wirklich ein Bedürfnis gewesen, sich endlich klar werden zu können über so viele Dinge...
28.07.2017 09:38:35
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#120271)
Lyraee
Der Kopfgeldjäger Xulzyne hatte sie schon durch etliche Arenenkämpfe geschickt. Aber die Aufsässigkeit, die Wut und der Hass des Elfenmädchens ihm gegenüber glommen weiterhin immer wieder auf und verärgerten ihn maßlos. So war es auch heute geschehen, als er sie aus dem kleinen Verließ unterhalb des blutigen Amphitheaters geholt hatte um sie gegen einen Worg antreten zu lassen. Sie hatte ihn so angesehen. Ihm geradezu in die Augen gesehen. Dreist und mit gefährlichem Blitzen in den grünen Augen.
Also zerrte er die Elfe, gerade als sie sich vom Kampf etwas erholt hatte, auf den Vorplatz des Tempels der umsäumt war von grauenvollen aber auch wunderschönen Skulpturen und Stelen die der Schönheit und Grausamkeit der Spinnenkönigin huldigten.
Nicht weit ab war der Sklavenmarkt und der Markt für exotische Oberflächenwaren – entsprechend dem reichhaltigen und exquisiten Angebot herrschte dort Gedränge und Umtriebigkeit.
Auf diesem Platz, an Ort und Stelle wo Schaulustige angezogen wurden, peitschte er sie mit der Karbatsche aus. Versprach ihr nach jedem unerbittlichen Schlag, dass ihr niemand zu Hilfe kommen würde und selbst wenn er sie totprügelte: Weder Götter, Dämonen, Teufel oder zu wem auch immer sie heimlich betete, weder solche noch irdische Wesen – einfach niemand würde kommen.
Er verdrosch sie ausgiebig und sehr gründlich. Die Leute schauten zu.

"Grüß dich. Vendui Xulzyne."
Er richtete sich seinen Mantel und legte in dessen Schatten die Hand auf den Schwertgriff ehe er auf eine Menschenfrau in Lederrüstung mit Schwert blickte. Sie war von dunklem Teint und trug die schwarzen Haare zu einem dicken Zopf geflochten. Die Oberlippe zuckte ihr immer wieder unwillkürlich womit sie ständig zornig aussah - wie ein wütender, zähnefletschender Hund. Es begleiteten sie drei Männer. Einer von ihnen war ein Drow. Xulzyne ließ die Hand wieder unter dem Mantel hervorkommen.
"Vendui Nezrina." Ohne Eile trat er der Menschenfrau entgegen.
"Dich habe ich hier ja schon lange nicht mehr gesehen. Verdingst dich immer noch als Karawanenführerin, was? Kein Risiko zu hoch für ein gutes Geschäft."
"Von irgendwas muss man ja leben. Wenn nicht vom Geschäft, wovon dann? Und dass mit den besonders guten auch Risiken einhergehen… tja – so ist das eben. Risiko lässt sich kalkulieren und in Münzen verrechnen. Aber was interessieren dich meine Geschäfte? Es kümmern dich ja nicht mal mehr deine eigenen. Deine Geschäfte waren es nämlich mal Verträge zu erfüllen – und davon scheinst du ja neuerdings nicht mehr viel zu halten. Oder? Hm? Hast stattdessen lieber Spaß mit deinem neuen Haustier? Dachte ich seh und hör nicht recht, als du sie da über den Tempelplatz gezogen hast."
Der Kopfgeldjäger wahrte einen gleichgültigen, gelangweilten Ausdruck in der grauschwarzen Miene – doch seine blutroten Augen funkelten bedrohlich. Nezrina fühlte einen kalten Schauer über Rücken und Nacken kriechen – doch sie zeigte die Zähne und fuhr fort: "Nun ist es aber langsam gut, mit dem Vergnügen. Ich würde sagen wir helfen dir, wieder auf Kurs zu kommen und deinen Vertrag zu erfüllen. Boban, Jano – wir nehmen sie mit. Geht schon mal vor. In den Verliesen findet ihr sie, nehm' ich an."
"Gemach, Nezrina" Xulzyne hob eine Hand, während die andere wieder unter den Mantel glitt. Ihre beiden benannten Begleiter machten einen Schritt nach vorne, hielten aber sogleich wieder inne. Angst haben sie, dachte Nezrina. Ungeheuerliche Angst.
Mit allen Wassern gewaschen, gegen allerlei Monster erprobt die das Unterreich auf seinen unsicheren Pfaden so zu bieten hat, bis an die Zähne bewaffnet – und dennoch haben sie Angst.
"Ist ja rührend, wie du mir helfen willst" sprach der großgewachsene Dunkle. "Aber ihr werdet niemanden mitnehmen. Warum? Weil ich sie euch nicht gebe. So simpel. Ich behalte die Elfe zu meiner eigenen Verwendung."
"Deiner eigenen…?" Nezrina beugte sich vor und spuckte saftig aus. "Pfui Xulzyne. Was ist mit dir los? Du warst immer bekannt dafür, dass du solide warst. Ein Profi. Dass du zuverlässig bist und erledigst, wofür man dich angeheuert hat. Jemand, mit dem man arbeiten kann. Und jetzt zeigt sich, dass dein Wort einen Scheißdreck wert ist? Wirklich du bist doch der letzte…"
"Vorsicht, Nezrina. Vorsicht, dass dir nichts versehentlich aus deinem Mund rutscht, das ich gezwungen bin dir in die Gurgel zurück zu stopfen. Denn es könnte wehtun. Und ich will dir eines sagen, bevor du weiter quäkst wie ein alter Leierkasten: Du willst die Elfe haben? Dann hol sie dir. Was schaust du wie ein Rothé? Ich leg keinen Wert, auf dieses Vögelchen. Du kannst sie haben. Aber geben werde ich sie dir nicht. Ach sei doch nicht so bequem. Du darfst dir schon selbst die Mühe machen, gnädige Frau. Wer will, kann sie sich nehmen – wenn er kann."
Nezrina kniff die dunklen Augen zusammen.
"Wie das? Ich wittere doch, dass in diesem Köder ein Haken steckt."
"In der Arena brauchst du bloß zuzugreifen." Xulzyne lächelte giftig. "Du hast ein Schwert. Sie hat ein Schwert. Das ist der ganze Haken. Ganz offenkundig und ehrlich. Nicht versteckt. Keine List und keine Tücke. Ich werde mich nicht einmischen. Ganz fair. Da kannst versuchen sie mitzunehmen – oder mir zu helfen, meinen Vertrag zu vollenden, wie du gerade noch so großzügig verkündet hast. Ist doch bloß ein Mädchen, Nezrina. Schaffst du doch wohl, oder?"
Sie biss sich auf die Lippen um das heftige Zucken zu unterdrücken.
"Soll ich mich selbst zum Spektakel machen, oder was? Da mach ich nicht mit."
"Willst du jetzt vor einer kleinen Elfe davonlaufen? Mit eingezogenem Schwanz wie ein Köter? Oder was?"
Xulzyne lachte auf und es klang, als würde Eis an Stahl reiben.
"Das wird ganz Menzoberranzan erfahren, das versprech ich dir. Hah! Dass du so ein Feigling bist! Dass das schwarze Netz so ängstliche Hasen herunter schickt!"
Nezrinas Oberlippe zuckte, sie spürte, wie ihr heiß und kalt wurde vor Wut, spürte die Blicke ihrer Begleiter wie Nadelstiche im Nacken und im pochenden Hinterkopf. Schwäche zu zeigen war tödlich – im Unterreich und im schwarzen Netz gleichermaßen. Sie knurrte mit gefletschten Zähnen.
"Und wann?"
14.09.2017 18:48:37
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#121237)
Lyraee
[quote]"Es heißt, das Einhorn Eoktesiasairhle, genannt der Dämmerstern, besucht noch heute den Hügel, auf dem Lorácarynn ihr Leben ließ. Und nur auf jenem Hügel des vergangenen Reiches Eaerlann und in den Gärten des Hauses Raernean in Immerlund wachsen die weißen und wie von rotem Blut gesprenkelten Rosen von Lorácarynn."[/quote]
[i]~Erzählt im Eleint des Jahres 1322 TZ,
Virmenor Quikas - Elfischer Gelehrter aus Silbrigmond[/i]



[quote][b]Die Sage von Lorácaryn nil'en'Raernean – die Erste der Einhornreiter[/b]
[spoiler]Legendenkunde SG 40 - nach Ermessen und gerne Rücksprache, sollte es im RP relevant werden[/spoiler]

Die Erste der Einhornreiter, so erzählen es die alten Legendenhüter und Barden des Hauses Raernean, war die elfische Maid Lorácarynn. Vor vielen, vielen Jahrhunderten wuchs sie zu den glücklichen Zeiten des blühenden Elfenreiches Eaerlann als Tochter von Daemus dem Magier und Helelynn der Seherin im Hochwald auf.

Die Legende besagt, dass sich das Mädchen eines Tages alleine im Walde verlief und in die gefährlichen Tiefen gelangte wo kein Lichtstrahl den moosigen Boden je erreichen konnte. Allein, hungrig und voller Angst irrte sie durch die wie finstere Ungeheuer stehenden Bäume und fand keinen Weg und keine Spur zurück. Plötzlich hörte das Mädchen ein Wimmern und Klagen, sah einen Schimmer hinter einem dichten Dornengestrüpp hervor. Entgegen jeder Vernunft und jeglichen eingebläuten Warnungen vor Irrlichtern und Schlimmerem zum Trotz, suchte die Maid nicht das Weite und wandte sich auch nicht zur Flucht. Denn das Mädchen so jung, doch schon so weise, erkannte in der Stimme einen uralten, fast vergessenen Freund eines vergangenen Lebens, eines vergangenen Zeitalters.
Sie kämpfte sich durch das Dornendickicht und erreichte mit blutigen Händen, Armen und Beinen, das arme, klagende Wesen. Es war ein Einhornjunges, das gefesselt und ganz verfangen in den Dornen lag. Mit jedem Hufschlag zogen sich die Schlingen fester zu, mit jedem Versuch sich zu befreien, banden es die Wurzeln wie ein Nest voll Schlangen noch weiter und unerbittlicher in sich fest. Als das Wesen das Elfenmädchen sah, erschrak das Einhorn und versuchte sich erneut zu befreien, wieherte verzweifelt, warf sich hin und her, schlug ohnmächtig mit den Vorderhufen und verstrickte sich mehr und mehr in die tödliche Falle, vor Schmerz und Angst ganz wahnsinnig. Lorácarynn aber beruhigte das Wesen indem sie begann das Wiegenlied der Sehanine zu singen, das sie von ihrer Mutter Helelyn der Seherin kannte. Erst als das Einhorn die Sprache des edlen Volkes vernahm, glaubte es, dass es sich vor dem Mädchen nicht zu fürchten brauchte, dass das Mädchen wahrhaft war und rein und kein Trugbild des finsteren Waldes sein konnte. Als Erstes durchtrennte Lorácarynn mit einem scharfen Stein die Schlingen, die das Horn des Fohlens banden – zum Zeichen ihres Vertrauens. Und das Einhorn legte erschöpft und ohne jede Furcht seinen Kopf auf den Schoß der Maid.
Auch das Einhornfohlen hatte die Seinen verloren und war unwillentlich in die gefährlichen Gefilde des Waldes gelangt…[/quote]
20.09.2017 14:41:58
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#121361)
Lyraee
[quote][b]Die Sage von Lorácaryn nil'en'Raernean – die Erste der Einhornreiter[/b]

...

Die Hoffnung einander zu haben und gemeinsam einen Ausweg zu finden, verlieh ihnen beiden Kraft und erfüllte sie mit Energie. Mal führte das Einhorn durch den Wald und Lorácarynn folgte. Mal ging das Mädchen voran und das Einhorn folgte vertrauensvoll.
Das magische Wesen führte Lorácarynn zu einer frischen Wasserquelle, wo sie selbst bisher nur das morastige und krankmachende Wasser eines Sumpfs entdeckt hatte. Dafür fand die junge Elfe schmackhafte Beeren und Nüsse, die das Einhorn bislang verschmäht hatte, sich nun aber getraute zu essen. Gemeinsam erreichten sie nach etlichen Tagen und kalten Nächten, die sie sich gegenseitig gewärmt hatten, die heimischen Gebiete des Hochwaldes. Noch ehe sie auf einen Pfad stoßen konnten, fanden das Mädchen und das Fohlen die Herde des Einhorns. Da Einhörner Wesen des reinen Guten sind, erkannten sie sofort die Unschuld, Sanftheit und den in Lorácarynn glimmenden Mut, dem es letztlich zu verdanken war, dass das Fohlen noch am Leben und wohlauf gefunden worden war.
Die Mutter des Einhornfohlens sank vor dem Elfenmädchen nieder und sprach im Geiste zu ihm:
"Du hast mein Kind gerettet und hast Mitleid und Güte gezeigt. Dank dir ist Eoktesiasairhle wieder bei uns. Das will ich dir vergelten und auch dein Leben bewahren."
Das Einhorn trug Lorácarynn auf seinem Rücken willig und voll Anmut und Schönheit zurück nach Teuveamanthaar, wo den Eltern beim Anblick die Augen übergingen und Lorácarynn von nun an den Beinamen "Raernean" trug unter dem sich Jahre später, ein edles Haus zusammenfinden sollte.[/quote]

[quote]"Wissen ist ein Privileg. Und mit diesem geht Macht einher. Solcherlei teilt man nur mit seinesgleichen. Warum sollten wir elfische Hochmagier irgendetwas davon mit den Menschen teilen, diese niedere Rasse die sich aus den Affen heraus entwickelt hat? Welchen Schaden sie mit ihren behaarten Händen anrichten können haben wir gesehen. Denkt an die Eaerlanni und Nesseril. An die traurige Geschichte Ascalhorns. Durch die Gutgläubigkeit und Leichtfertigkeit unserer Ahnen das Wissen um die Magie zu teilen wurde der Aufstieg dieses machtgierigen Volkes erst möglich und es wuchs der schreckliche Größenwahn bis zur Torheit des Affen, der fliegen wollte.[/quote]
~ so gesprochen im Jahre 1355 TZ
Ishirith Galanthdradra - Sonnenelfischer Erzmagier


[quote]Es heißt, wahre Liebe und wahre Freundschaft kennt keine Grenzen und keine Zeit.
Für diese Redensart gibt es kaum einen besseren Beweis als diese Sage, als die Liebe und Freundschaft zwischen Lorácarynn und Dämmerstern dem Einhorn. Denn die Jahre vergingen, doch das Band zwischen der Maid und dem Einhorn hatte bestand. Aus dem Fohlen wurde ein starker Hengst, aus dem Mädchen eine kluge und fähige Magierin und Schwertkämpferin.

Lorácarynn wurde zu einer der mächtigsten Klingensängerinnen ihrer Zeit und darüber hinaus zur entschlossenen und mahnende Stimme des jungen Elfenreiches Eaerlann gegen die Machenschaften der machthungrigen und skrupellosen Sonnenelfen von Siluvanede. Auf Dämmersterns Rücken ritt und kämpfte sie gegen die Fey’ri und ihre Schöpfer, die korrumpierten Sonnenelfen von Siluvanede, die sich auf die verführerischen und bösartigen Mächte der Dämonen einließen.
Die zwei Jahrhunderte des Krieges der sieben Zitadellen, die darauf folgten, endeten in einem Sieg Eaerlanns und seiner Verbündeten über die befleckten Sonnenelfen von Siluvanede. Wie weit der Einfluss der Dämonen seine unseligen, giftigen Wurzeln in die Gesellschaft gestreckt hatte, erschütterte und erschreckte die Eaerlanni zutiefst. Das ganze Ausmaß wurde erst nach der Annexion von Siluvanede bekannt. Das ganze Reich, so schien es, stand heimlich und im Verborgenen oder auch mit vollem Einverständnis unter der Führung dämonischen Einfluss.
Die verräterischen Anführer konnten enttarnt und gefasst werden und wurden schließlich in Nar Kerymhoarth – dem namenlosen Verlies - gefangen gesetzt. Vor dem Reich Earlann aber lagen viele Jahre des Friedens, nachdem das Böse aus Siluvanede vertrieben worden war.

Als das erste Zeitalter der Nesseril begann, heißt es, war Lorácarynn unter jenen Elfen, die sich für die Annäherung der Völker aussprachen und soll auch daran beteiligt gewesen sein, dem Volk der Menschen die Magie näher gebracht zu haben.
Den wortwörtlichen Aufstieg der Nesser in ihre fliegenden Städte und schließlich ihren Fall sollte Lorácarynn jedoch nicht mehr erleben. Über den Tod der ersten Einhornreiterin existieren vielerlei Versionen, wovon nur eine von dem Haus Raerneann unterstützt wird. Demnach wurde Lorácarynn von einer der wenigen Fey’ri gefunden, der es gelang ihre wahre Natur zu verschleiern und dem namenlosen Verlies zu entgehen. Die mordlüsterne und bösartige Fey’ri hatte sich als verirrtes, junges Mädchen getarnt ganz so, wie es Lorácarynn einst selbst war. Als Lorácarynn sich zu ihr beugte um das Mädchen zu sich auf Dämmersterns Rücken zu nehmen, da ließ die Fey’ri ihre Tarnung fallen und schlug der Einhornreiterin ein vergiftetes Dolchmesser in die Brust. Dämmerstern erkannte den Betrug, stieß noch im selben Moment zu und durchbohrte die Dämonin mit seinem Horn, richtete sie keinen Atemzug später für ihre hinterhältige Tat. Lorácarynn jedoch fiel von seinem Rücken auf die Erde und konnte nicht einmal mehr von der Magie des Einhorns gerettet werden, so erlag sie der Verletzung durch den vergifteten Dolch und starb an Ort und Stelle.[/quote]
~ Auszug aus "Verlorene Reiche des Hochwalds" von Vicamros Belgean
20.02.2020 21:47:59
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#127757)
Lyraee
[quote]"Du bist dort wo du bist nicht in Sicherheit. Etwas streckt die Hände nach dir. Hinter geschlossener Tür hervor streckt etwas seine Krallen nach dir aus. Es fürchtet sich vor dir und es will bewirken, dass du es bist, die Furcht empfindet. Darum schickt es dir Träume. Hüte dich, Elavin."[/quote]
[i]~so prophezeiht von Al'eth'emar, dem Weisen[/i]

Xulzyne spürte das Messer das man ihm in den Rücken jagte und gleich darauf einen jähen, brennenden Schmerz. Einen durchdringenden Schmerz, der ihm schwarz vor Augen werden ließ. Sein Herz begann wie rasend zu schlagen, sein Blick verdunkelte sich und die Welt vor seinen Augen begann zu wirbeln, zu verschwimmen und zu zerbrechen.
Die Kehle war ihm zugeschnürt. Als er hart auf den Boden aufschlug hatte er schon keine Möglichkeit mehr zu schreien, fluchen oder sonst irgendetwas zu tun. Er spürte die Klinge tief in seinem Rücken als Zentrum des wellenartigen Schmerzes. Ein Wurfdolch. Sein zuckender Körper rollte sich in unkontrollierten Spasmen zur Seite, dann kam er endlich zum Erliegen und konnte von da an keine Hand, keinen Finger, keinen Zeh mehr rühren. Die Augen weit offen aber unfähig zu blinzeln, unfähig Speichel hinab zu schlucken. Schon jetzt hatte er das Gefühl die Zunge schwelle an, fülle die ganze Mundhöhle aus.

[i]Ahhh verdammt, wie das brennt und bewegen kann ich mich nicht. Ich weiß schon, was mich erwischt hat. Nichts lähmt so zuverlässig und schnell wie das Gift des weißen Skorpions. Bald beginnen die unkontrollierten Bewegungen der Augäpfel und Sehstörungen. Dann kommen die Muskelkrämpfe, wirklich starke Krämpfe. Bestimmt wird mir das Rippenfell und die Rippenmuskulatur reißen. Die Zähne werd ich mir zerbeißen. Schleimfluss, Atemnot. Schließlich der Tod. Scheiß Dreckskerl. War das nötig? Hätte er mir nicht einfach die Kehle durchschneiden oder einen Bolzen in den Kopf jagen können? Selbst dafür wohl zu feige. Nun. Oder er wollte sichergehen… So sterbe ich also, Xuzlyne, gefürchteter Blutjäger. Paria und bedeutungsloser Sohn eines unwichtigen Hauses, von allen missachtet. Und doch gab es eine Zeit, da haben sie mich gefürchtet und respektiert. Ich habe es ihnen gelehrt, das zu tun. Habe jede Möglichkeit genutzt, keine Grausamkeit ausgelassen. Auf jede Regel geschissen und mich immer behauptet. Und nun? Hinterrücks getroffen und zurückgelassen zum Sterben. Ja, das ist ein Finale das sich perfekt einreiht in die beschissenen letzten Zyklen meines Lebens. Alles ist schief gegangen seit mir diese kleine Elfenschlange entwischt ist. Die grünäugige Natter. Mein Glücksbringer. Meine Zukunftsinvestition. Hätte mich zur Ruhe setzen können, mit ihr an der Leine. Von der ich sie von Zeit zu Zeit loslassen, in die Arenen schicken würde. Gold einstreichen. Beste Unterhaltung... in und jenseits der Grubenkämpfe.
Aber mein Glück hat mich verlassen. Alles ging in den Abgrund. Seither ist mein Ruf beschmutzt, mein Gold verloren, keine Aufträge die sich einstellen. Ist nicht viel geblieben von damals. Trotzdem blieb ich ein gutes Ziel. Eine feine Trophäe für kleine Emporkömmlinge die sich einen Namen machen wollen, in dem sie mir die Ohren abschneiden und um den Hals hängen. Einer hat es nun geschafft. Verdammt. Hätte ich sie noch einmal in die Finger bekommen. Aber ich bin sicher vergessen hat sie mich nicht, die kleine Ratte. Ich weiß genau, dass sie sich bis zu ihrem jämmerlichen Ende vor mir gefürchtet hat. Langsam, langsam habe ich eine Bestie aus ihr gemacht. Ich habe ihr das mit Peitsche, Faust und Stiefel beigebracht. Lange hab ich das getan. Ah... ja. Das war eine gute Zeit.[/i]

In seinem Geist formte sich ein zynisches Lachen – doch aus seiner Lunge drang nur ein makaberes Gurgeln. Er sah immer schlechter. Die Augen verschleierte und verklebte ihm ein zäher, trüber Schleim.

[i]Wäre sie mir nur nicht entwischt. Hätte ich sie nur noch einmal in die Finger bekommen, dann wäre für mich alles anders verlaufen… Was? Wer ist da? Ich erkenne dich nicht. Eine Drow. Du bist also meine Mörderin? Natürlich. Wer bist du? Egal. Es ist mir egal, wer du bist. Aber geh weg. Geh mir aus den Augen und lass mich in Ruhe sterben. Lass mich in Ruhe hassen... sie hassen.[/i]

Er wusste, dass seine Worte die über ihn gebeugte Drow nicht erreichen konnten – denn sie waren nur in seinem Geist. Sie war hager, ziemlich unansehnlich für eine Drow und fasste mit spindeldürren Fingern nach seinem Kinn, umschloss es, griff zu. Aus ihren Augen lachte der blanke Wahnsinn und sie sah ihm in die seinen, ganz aus der Nähe und zwang ihm ihren Blick auf. Alle Gedanken zerflossen wie zähes Harz, machten einer Leere Platz, einem gewaltigen Sog.
Die Finsternis der Höhle und die Leere seiner Gedanken durchschnitt eine unnatürliche Eiseskälte, ein Lichtblitz zuckte auf. Da stand eine Frau, eine Dunkelelfe mit langen glatten strahlend weißen Haaren. Kaum ein Stück Stoff bedeckte den schlanken, hochgewachsenen Leib. Die linke, von zahlreichen Silberringen geschmückte Hand war nach ihm ausgestreckt. Die Frau lachte wild, grausam, ein Schneesturm umtoste sie, blendend hell.

[color=#001166][i]Xulzyne. Kopfgeldjäger. Mächtiger Assassine. Einst gefürchtet und geschätzt, nun verachtet, verraten und betrogen. Ohne auch nur eine letzte Genugtuung. Alles was dir Freude machte ist von dir gegangen, ist dir in den Fingern zerronnen oder wurde dir mit Tücke und Lügen vorenthalten. Ja, Xulzyne. Dein Fall war tief und nun liegst du hier, in den Armen meiner Yathrinshee. Sterbend. Und du denkst du hättest kein Ziel im Leben mehr gehabt. Dass es gut ist zu sterben, da dich ohnehin nichts mehr erfüllen konnte, nichts dein Interesse wecken konnte. Dabei hättest du eine Aufgabe gehabt. Deine Rache hat auf dich gewartet. Und ich dachte, du würdest sie finden. Ich dachte du würdest sie bis ans Ende der Welt verfolgen und darüber hinaus. Genau so, wie du es ihr versprochen hast, damals am dunklen Wasser von Schädelhafen. Ja, ich war mir sicher, denn dein Hass und dein Rachedurst – sie waren so stark, so mächtig. Selbst jetzt noch glüht es fiebrig in dir. Aber hast du es getan? Nein. Du hast dich täuschen lassen. Du hättest sie erwischt. Wärest du nicht betrogen worden. Wärest du nicht einer Lüge aufgesessen. Du hast dich übertölpeln lassen. Die Elfe, die dich so schwer gekränkt hat, als sie dich verließ, die deine Existenz ins Unglück gestürzt hat… sie ist nicht tot sondern noch am Leben. Ganz richtig gehört. Sie lebt. Ist sogar glücklich! Sie hat dich ganz und gar hinter sich gelassen. Sie tanzt im Licht der Sonne. Genießt ihre Freiheit in deren Schönheit kämpft, singt und liebt sie. Führt das Leben einer glücklichen, kleinen Mondelfe, die über dich, Xulzyne, triumphiert und auf deine Rache spuckt und deine Vergeltung verlacht. [/i][/color]

[i]Nein. Nein. Nein. Nein! [/i]
Er fühlte ein reißendes Zittern, dessen er einfach nicht Herr wurde. Vom Gift – und dem Gift der Wut und der überwältigenden Frustration.

[color=#001166][i]Doch[/i][/color], schrie die Frau auf. Ihre Stimme hallte gespenstisch wieder und wieder, das Lachen schwoll an zu einer tosenden Kakophonie. Der Schädel drohte ihm davon zu platzen – oder war es das Gift, sein Körper im Todeskampf? Hinter dem Rücken der Frau Schneetreiben und Nebel, in diesem Nebel eine Gestalt – Lueiths Gestalt, die durch einen Tunnel rannte, stolpernd, aus den Wänden griffen grotesk zahllose Hände nach ihr. Sein Röcheln wurde heftiger, erregter, als er erkannte, dass ihr vernarbtes Gesicht voller Angst war. Dann eine Tür von Licht. Lueith trat in dieses Licht, fremd und warm, und verschwand. Und dann war dort wieder leere Finsternis.

[i]NEEEEEIN! [/i]

[i][color=#001166]An die falschesten der Falschen hast du dich gewandt, an die Betrüger und Lügner. Llothi. Hah! Sie wollten sie für sich. Wollten sie der Spinnenkönigin zum Opfer geben – aber nicht einfach so, in ihrem Namen umbringen und Schluss. Nein, nein. In den Dämonennetzen selbst sollte sie bis zur Ewigkeit gefoltert werden. Unerreichbar für dich. Im Tempel der Yochlol, da wollte man sie in Ketten legen. Und du schwaches dummes Männchen hättest sie nie, nie, nie bekommen. Sie hätten sie dir niemals gegeben! So endet ein Handel mit denen, die der Spinnenkönigin dienen! Verrat und Betrug und dafür erhält man nichts, nicht einmal eine Hand voll Staub, du Narr! Verraten haben sie dich! Dich getäuscht! Trotzdem, stell dir vor, ist sie ihnen entkommen. Selbst dem Abyss ist sie entschlüpft. Aber ich gebe dir die Macht dich nicht nur an dem Elfenkind zu rächen… oh nein! Mehr! Mehr gebe ich dir![/color][/i]

Auf einem hohen Pfahl zuckte die Priesterin der Lloth, ihr schönes, täuschend edles Gesicht war verzerrt und gänzlich schwarz vor Qual, das spitze und blutige Ende des Pfahls ragte ihr am Schlüsselbein heraus.
Lueiths Lippen waren aufgesprungen, zerschlagen, sie bluteten, an ihren Händen und Füßen waren Fesseln, schwere Eisenketten. Die Gewicht der Kette an ihrem Halsband zog sie nach unten, das Ende der Fessel wurde ihm von einer beringten Hand gereicht, ihm in die Hände gelegt.
Blitz. Donner. Eis und Sturm. Und Schmerz.

[color=#001166][i]Ich gebe sie dir und du bekommst deine Rache, das wonach du dich sehnst. Selbst jetzt noch, selbst im Tod kannst du das Elflein besitzen und mit dir reißen – auch wenn dein Tod unausweichlich ist. Auch ihre letzte Stunde hat geschlagen wenn du dich mir opferst, dich meinem Willen unterwirfst - zu meinem Diener wirst. Das ist deine letzte Chance, deine allerletzte, Xulzyne! Sonst gehst du in das Netz der finsteren Spinne und verzehrst dich für die Ewigkeit nach deiner unerfüllten Vergeltung.
Oh zahl es ihr heim! Zahl es ihnen allen heim! Verachtung und Rache. Tod, Tod der ganzen Welt! Tod, Vernichtung und Blut! Die Zeit ist gekommen! Du willst es! Dich verlangt danach! Verlangen, Gier und Rache brennen in dir wie eine Flamme! Die Lust darauf hält dich gefangen! Nur mit Macht, mit Kraft, mit Herrschaft über den Tod kannst du sie befriedigen und in der Ewigkeit bezwingen! Tu es! Tu es und schwöre mir Leib und Seele zu schenken! Treue bis in alle Ewigkeit! Mir! Kiaransalee![/i][/color]
22.02.2020 23:45:30
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#127758)
Lyraee
Hufe trommelten, Reiter galoppierten in die Nacht, zum Horizont hin erblühte der Himmel im Widerschein eines Brandes. Eine Möwe schrie und breitete die Flügel aus, flog auf salzigen Lüften über Tiefwasser. Lueith war wieder im Traum ihrer Reverie versunken und hörte dabei, wie jemand mehrfach ihren Namen aussprach. Einmal war es Aidan und… sie erschauderte... einmal die schnarrend, scharfe Stimme Xulzynes. Schließlich – und das mehrere Male hintereinander – eine ihr unbekannte schmächtige Gestalt eines Mannes mit graubraunem Haar und einem widerwärtigen Grinsen im Gesicht.

Sie sah eine schmale Tür inmitten einer Steingasse. Das Gebäude war klein und drängte sich dicht an dicht an andere Mauerwerke. Eine solide Mahagonitür mit Eisenbeschlägen und einem Türklopfer aus Messing in Form eines Greifenkopfes. Über der Tür pendelte ein Schild. "Herberge zum singenden Greif". Sie sah ein Regal voller Bücher, ein von mehreren Kerzenständern erhelltes Pult, daran ein über Pergamentbündel gebeugter Mann. Vor ihm tanzte eine schillernde Feder über das Papier. Es war Aidan. Ein etwas verzweifelt wirkender Aidan.
"Scribe: An das Fräulein Lueith zu Mirhaven, Amdir.
Frau Kuchens Mietshaus. Und Absatz. Nein, verflucht! Was schreibt das Ding da?! Fine! Fine!"
Er seufzte, rieb sich mit der Hand über das Gesicht und schnappte nach der unschuldig und still daliegenden Feder, knüllte das Pergament zusammen, schrieb selbst auf einen neuen Bogen an wen und wohin der Brief gehen sollte und legte die Feder dann wieder gerade hin. Konzentriert fixierte er das magische, störrische Schreibutensil. Deutlich und ruhig verlangte er erneut: "Scribe"
Die Feder raschelte leise und hob sich an, wie von unsichtbarer Hand ergriffen, den Kiel im spitzen Winkel schreibeifrig über dem Pergament schwebend. Aidan atmete durch, beobachtete die getüpfelte Feder argwöhnisch eine Weile, ehe er langsam begann zu sprechen:
[center]
[quote]Meinen Gruss Euch Beiden.
Ich hoffe, ihr befindet euch wohl. Euer Brief hat mich erreicht. Und ebenso euer Geschenk, für das ich mich recht herzlich bedanken möchte.
- [/quote][/center]

Ein Klopfen an der Tür im Nebenraum. Eindringlich.
[i]Öffne nicht[/i], schrie Lueith. [i]Aidan! Öffne diese Tür nicht! Dahinter ist Gefahr! Ist der Tod! Öffne diese Tür nicht![/i]
Die Feder schrieb:
[center]
[quote]Einen Moment! Ich mache auf![/quote][/center]
"Herr Aidan Winterfurth?"
[center]
[quote]Ja, der bin ich. Mit wem habe ich bitte das Vergnügen?[/quote][/center]
"Verzeiht bitte die Störung. Mein Name ist Alsterich Reck. Mein Begleiter nennt sich Hecht. Wir stören euch nicht lange, guter Herr."

[center]
[quote]Erfreut. Womit bitte kann ich zu Diensten sein?[/quote][/center]

"Wir sollten nur einen Brief abgeben. Es war von dringender Wichtigkeit, dass wir allein euch diesen in die Hände geben, darum haben wir geklopft. Dürfen wir euch diesen getreulich übergeben?"

[center]
[quote]Ja gewiss. Ein Brief also. Von wem? Und wo ist er?[/quote][/center]

"Hier mein Herr", der, der sich als Alsterich Reck vorgestellt hatte, reichte ein zusammengerolltes Pergament, um das eine rote Schnur gewickelt war. Aidan streckte die Hand danach aus. Die Schnur um das Pergament wickelte sich ab wie eine angreifende Schlange, schoss vor und umschlang fest Aidans Handgelenk. Der großgewachsene, grob aussehende Kerl namens Hecht, hielt das andere Ende in der Hand, ruckte heftig daran. Aidan, im ersten Überraschungsmoment stolperte einen Halbschritt nach vorne, holte mit der freien linken Hand jedoch sofort instinktiv aus um Hecht ins Gesicht zu schlagen. Aus dieser Position heraus war es unmöglich, dem Stilett auszuweichen, das ihm von Alsterich in die Seite gerammt wurde. Zu zweit stießen sie ihn in das Zimmer zurück. "Du hältst schon die Fresse, Schönling, sonst schlitz' ich deinen Wanst auf wie einen Fisch! Wir haben nur ein paar Fragen, hörst du. Du gibst Antwort. Fließend, rasch und erschöpfend. Einverstanden? Und wir machen die Sache hier kurz und schmerzlos. Andernfalls... stell ich dir jemanden vor. Der macht das nicht schmerzlos. Und schon gar nicht kurz. Daher nehme ich an, dass du reden wirst. Habe ich recht, Schönling?"
Aidan keuchte schwer, fühlte das Blut, das den Stoff seines Hemdes füllte. Die linke Seite brannte höllisch. Er schrie auf, als ihm die Männer grob die Arme auf den Rücken drehten und ihn auf einen herangezogenen Stuhl stießen. Im Nebenraum, an einem von mehreren Kerzenständern erhellten Pult tanzte leise kratzend eine schillernde, getüpfelte Feder über das weiße Papier.
"Und wer seid ihr wirklich?!"

Die hellen, silbernen Augen Al'eth'emars blickten sie an. Die Stimme des Elfen war fern, ein eindringliches Wispern im Wind.
[i]Du bist dort wo du bist nicht in Sicherheit. Etwas streckt die Hände nach dir. Hinter geschlossener Tür hervor, streckt etwas seine Krallen nach dir aus. Es fürchtet sich vor dir und es will bewirken, dass du es bist, die Furcht empfindet. Darum schickt es dir Träume. Hüte dich, Elavin.[/i]
Ein schwarzer Umhang flatterte. Tote, rote Augen starren sie unerbittlich an.

Sie schreckte auf, mit einem Schrei. Der Schrei, der sie aus ihrer Traumruhe gerissen hatte, klang, vibrierte noch immer mitten in ihr, unter dem Brustbein, brannte ihr in der ausgetrockneten Kehle.
"Larin, Beruhige dich. Es war nur ein Alptraum."
Ringsum war Nacht, eine dunkle und windige Nacht, die eintönig und melodisch die Wipfel der Bäume rauschen, die Stämme knarren ließ. Ein leises, rauschendes Wiegenlied. Neben ihr waberte Licht und Wärme des Lagefreuers, die Flammen glänzten auf den Schnallen des Zaumzeugs von Pandaemonia und Zicke, spiegelten sich rot auf Griff und Scheide ihrer Schwerter. Die Hand, die ihre Wange berührte, roch nach Haut und Asche. Nur ein Traum. Nur ein Traum. Sie fasste seine Hand, die hart und rau war, wie unbearbeitetes Holz.
"Es war nicht nur ein Traum" flüsterte sie.
24.02.2020 20:28:23
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#127760)
Lyraee
Einige Mondläufe später erreicht ein Brief das Mietshaus von Frau Kuchen. Die resolute Dame des Hauses kümmert sich wie üblich pflichtbewusst um den Briefkram ihrer Mieter. Das Pergament wurde unter der Türe zum Grünen Salon durchgeschoben.
Der Brief, der sich später der Leserin enthüllte, zeugt von einem ausgesprochen perfekten Schriftbild und bestechender Orthographie. Der Inhalt wiederum war weniger klar und strukturiert. Vielmehr beschwor er recht rasch einen Schatten der Beunruhigung, der sich über die vernarbten Miene der Elfe legte.

[center][quote]Meinen Gruß euch beiden,
ich hoffe, ihr befindet euch wohl. Euer Brief hat mich erreicht und ebenso euer Geschenk, für das ich mich recht herzlich bedanken möchte.
Einen Moment! Ich mache auf!
Erfreut. Womit bitte kann ich zu Diensten sein? Ja gewiss.
Ein Brief also. Von wem? Und wo ist er?
Und wer seid ihr wirklich?
Ich bezweifle doch, dass "Alsterich Reck" dein und "Hecht" der dieses kurzgeschorenen Kraftprotzes tatsächlicher Name ist.
Was bei allen Höllen wollt ihr von mir, dass ihr mich hier im Singenden Greifen überfallt?
Natürlich wollt ihr mir nicht verraten, wer eure Auftraggeber sind.
Ach, nur ein großer Boss, der euch die Drecksarbeit machen lässt?
Das dachte ich mir. Also doch das schwarze Netz. Du leugnest nicht? Gut.
Was dann?
Pest und Teufel!
Verdammt nochmal, sei verflucht, Triefauge. Aus welchem Kanal seid ihr eigentlich gestiegen, ihr stinkt nach Fisch und Scheiße.
Ich kenne keine Elfe mit diesem Namen. Luiss?
Nein.
Nie gehört.
Ich weiß nichts.
Tja, das muss mir wohl entgangen sein, du hässlicher halbelfischer Bastard.
Ich habe gesagt, dass-
Verdammte Mistkerle. Scheiße.
Ihr habt meine Kameraden umgebracht, oder?
Wo sind sie? Du behauptest sie leben? Ich rede erst, wenn ich sie seh.
Ja, ich habe verstanden.
Zu einem Lagerhaus am Hafen? Haha, das passt zu euch Typen.[/quote][/center]

Unter diesem Zeugnis einer offensichtlich unerfreulichen Begegnung stehen, nebst einigen Tintenklecksen, in reichlich gegensätzlicher Schrift folgende Zeilen gekrakelt:
[quote]Aidan in Schwierigkeiten. Folg ihm nach. Kommt'er, aj?[/quote]

+++++++++++++++++++++++++++


Der grau-weiße Kater hockte sich auf ein Mäuerchen in der Nähe des Lagerschuppens. Auf seinen gelben Augen spiegelte sich der Widerschein eines Feuers, das die freundliche Nacht in eine schreckliche Parodie des Tages verwandelt hatte. Die Gegend hallte von Geschrei und Gelärm wider. Es brennt! Es brennt! Wasser! Holt Wasser ihr Leute! Feuerglocken wurden wie wild geschlagen. Leute rannten auf das Haus zu. Der Kater erstarrte. Schaute voller Verwunderung und Geringschätzung auf die Leute. Diese Dummköpfe wollten offensichtlich zu dem Feuerschlund, dem er gerade mit Mühe entkommen war. Ein weiblicher Mensch stach besonders hervor. Klein und begleitet von feinem Klirren und Klingeln kleiner Glöckchen und allerhand Tand rannte er – ohne Leder, Holz oder Stahl an den Füßen - direkt auf die lichterloh brennende Feuerwand zu. Es schien dem Kater merkwürdig, wie die Flammen sich plötzlich zur Seite bogen wie von einem starken Wind auseinandergedrängt. Die Hitze ließ das schwarze Haar der Frau wirbeln, als sie durch die feurige Pforte trat. Ungläubige Schreie, Rufen. Doch der Kater wandte sich gleichgültig ab und widmete sich wieder dem Ablecken seiner in Blut getauchten Pfote.
28.03.2020 22:30:41
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#127782)
Lyraee
Nach fünf Tagen hörte es auf zu regnen, die Sonne kam hervor. Das Meer, das Schiff atmete Dunst und der Nebel löste sich rasch auf. Lueith versuchte den aufgezwungenen Entzug von frischer Luft im Schiffsbauch mit Macht wettzumachen. Sie stand am Bug, lehnte über der Reling und ließ sich den salzigen Wind um die Nase peitschen und das Haar zausen. An Bord eines Schiffes war es gewesen, dass sie das erste Mal... nach sehr, sehr langer Zeit, die Gestirne wiedergesehen hatte. Das sanfte Licht des Mondes und der Sterne, wo die Sonne für ihre Augen noch viel zu grell war. Den grenzenlosen Himmel über sich und den freien Wind in den Haaren. Sie dachte immer daran. Immerzu, wenn sie auf dem Deck eines Schiffes stand, auch wenn dieses Ereignis nun schon Jahre hinter ihr lag...
Es war bereits spürbar kälter geworden. Der Norden!
Die Laune der Mannschaft und der Passagiere hatte sich deutlich gebessert. Es hieß, sie würden Tiefwasser in höchstens einem Zehntag endlich erreichen, eine Nachricht die diese Hochstimmung befeuerte. Überall auf Deck lagen zum Trocknen aufgehängte, stinkende Gewänder. Dreufang saß bei einer Gruppe Zwerge, die unermüdlich ein Spiel spielten, das eine Mischung aus Kartenspiel und Würfelei war. Damit vertrieben sie sich die ganze Fahrt über schon die Zeit. Selbst die letzten, stürmischen Tage hatten sie gespielt, obwohl ihnen die Würfel nicht selten davonrollten, was dann zwangsläufig in wilde Streitereien mündete, sie aber keineswegs davon abhielt weiterzuspielen. Dreufang setzte sich oft dazu und kiebitzte, so auch jetzt. Die komplizierten Regeln dieses Zwergenspiels verstand er immer noch nicht, doch ihn fesselten die außerordentlich seltsame Ausführung der Karten und die Zeichnung der Figuren. Im Vergleich zu den Karten, mit denen die meisten Menschen spielten, oft nicht mehr als zerfledderte, schmutzige Pappstücke mit schluderig gezeichneten schwer unterscheidbaren Figuren, waren die Zwergenkarten wahre Meisterwerke der Druckerkunst. Die Fähigkeiten der Techniken des bärtigen Volkes, beschränkten sich keineswegs nur auf dem Gebiet von Bergbau, Hüttenwesen und Metallurgie.
Die Sonne wärmte, das Schiff pflügte durchs Wasser, Gischt spritzte schimmernd vom Bug auf, Dreufang kiebitzte und Lueith lehnte auf der Reling und las zum sicherlich hundertsten Male den Brief von Aidan, der sie in Mirhaven erreicht hatte...

Das Deck ächzte und bewegte sich unter ihren Füßen, das Segeltuch flatterte sanft im Wind, in der salzigen Luft krächzten und schrien die Seevögel. Endlich. Tiefwasser.
Die Stadt war ein riesiges, weißes Halbrund, das sich um die Küste erstreckte und sich über zahllose schlanke hohe Türme ausdehnte. Hier und da waren zwischen aneinander gedrängten Gebäuden grüne Parks auszumachen. Auch eine Stadtmauer gab es, ebenfalls von weißen, glänzenden Türmen gekrönt, die sich um den entfernten Rand der Stadt zog und kühn durch das Gewirr von Häuser schnitt.
"Tiefwasser. Die mächtigste Stadt der Schwertküste und darüber hinaus! Die Dichter nennen sie die Glänzende Stadt, die Prächtige, die Stadt der Wunder... und welch fantastische Namen man ihr noch so alles gegeben hat. Und sie trägt diese alle zurecht! Eine sehr schöne Stadt, nicht wahr? Für eine Menschenstadt, oder? Jedenfalls aus der Entfernung." Der Kaufmann, der einen Mantel mit feinem Hermelinkragen trug und auf den Namen Witold Szymon hörte, beugte sich zu Lueith herüber und zwinkerte jovial. An der Samtmütze, die sein strähniges Haar bedeckte, wippte rauflustig eine Fasanenfeder. "Glaubt mir, schönes Fräulein, sie stinkt, wenn man näher kommt."
"Wie so manch andere Dinge ebenfalls" murmelte Lueith und brachte wieder etwas Abstand zwischen sich und dem schmierigen Krämer, der dies geflissentlich übersah und es sich offenkundig nicht nehmen ließ, sich der vermeintlich unwissenden Elfe und ihrem vermeintlich ersten Besuch in Tiefwasser anzunehmen. Ein gewaltiges Schloss erhob sich auf dem Gipfel eines Berges über der Stadt, glatt und weiß über dem Teppich aus kleineren Gebäuden vor ihren Toren, und das helle Sonnenlicht brach sich auf schimmernden Kuppeln innerhalb ihrer Mauern. Die gewaltige Festung reckte trutzige Zinnen und Türme in die Luft, wehrhaft und mit mächtigen Katapulten prahlend, deren Gebilde als schwarze Silhouetten jedem drohten, der nur davon träumte, die Stadt vom Hafen aus angreifen zu wollen. Über alledem schwebten winzige Punkte über der Stadt. Keine Vögel, ganz gewiss – die hätte man aus der Entfernung ohnehin niemals ausmachen können. Selbst mit Elfenaugen nicht. "Die Greifenreiter - Tiefwassers Kavallerie. Beeindruckend, nicht wahr? Ihr seid doch beeindruckt? Das seh' ich an euren schönen, bezaubernden Äuglein, Fräulein, wie ihr sie weit macht wie ein Rehlein."
Lueith schwieg und schaute. Sie wusste ja tatsächlich kaum etwas von den Wundern, die die Glänzende, die Prächtige an ihrer Oberfläche bereithielt. Sie hatte nicht viel davon gesehen, als sie unter Deck eines Schiffes verborgen von hier floh. Genau genommen gar nichts. Sie erinnerte sich einzig und allein an die grauenvollen Dinge, die sich in den Einweiden unter dieser Stadt, unter den glühenden Augen eines riesigen, schwebenden Schädels abspielten. Kein Greifenreiter flog in den Untergrund oder nach Schädelhafen um dort für Recht und Ordnung zu sorgen, es gab sicherlich auch keine glanzvolle Kavallerie im Unterberg des wahnsinnigen Magiers Halaster...
"Ich nehme an" sagte Witold Szymon mit angedeutetem Lächeln und kam wieder näher, tat geheimnisumwittert, "dass ihr auch noch nie von der Kehrseite dieser schönen Stadt gehört habt. Was darunter liegt. Ich nehme an, dass ihr gewiss noch nie... sagen wir vom Unterberg gehört habt, schönes Fräulein?" Lueith warf ihm einen funkelnden Blick zu. Dann räusperte sie sich lange, beugte sich über die Reling und spuckte in die schäumenden Wellen, die sich am Schiff brachen. Das war ekelhaft... aber wirksam, wenn es hieß, den Eifer eines Möchtegern-Verführers abzukühlen. "Dann nimmst du falsch an."
"Das Fräulein ist ja so gebildet! Dann erspare ich uns die Warnungen. Recht so. So etwas schlägt nur auf's Gemüt – und das wäre doch unpassend. Die Furie der Meere hat uns verschont! Wir befinden uns jetzt endlich am Ziel unserer Reise. Oder vielleicht ist es der Beginn? Eine Symbolik wie im Märchen vor solch einer Kulisse! Wohin also, wenn man fragen darf, führt euch der Weg?"

Als ihr Schiff in den Hafen einlief, wirkte Tiefwasser noch gewaltiger. Ein Irrgarten weißer Gebäude, gespickt mit dunklen Fenstern, umfing sie von allen Seiten, bedeckte die Hügel mit Dächern und Zinnen, drängte sich zusammen, eine Mauer schob sich an die nächste, immer weiter, bis hinunter zum Meeresufer. Eine monströse, wundervolle, endlose Stadt. Am Hafen von Tiefwasser brummte es vor Geschäftigkeit. An den Kais wimmelte es vom Volk, die Luft erzitterte und bebte vor Lärm. Dröhnen von Stimmen, Geschrei, ratternden Wagen und Ladung, die an Land geschafft wurde.
Eine Stundenkerze später befanden sich die Elfe und der Söldner mitten im Getümmel des Hafenviertels, einem elenden Gedränge und Gestank nach Fisch jeglicher Form, süßlichen Gewürzen, verrottendem Obst, Pferdemist, schwitzenden Pferden und Maultieren, Menschen, Zwergen, Halblingen, Halborks... Gesichter glitten vorbei, bitter, angespannt, ärgerlich, ungeduldig und im Strudel von Gesichtern, Stoffen, Schultern, Rücken waren sie sofort wieder verschwunden. Lueith schluckte schwer. Es war grässlich unübersichtlich, was ihre Handflächen schwitzen, das Herz pochen und die Gedanken rasen ließ. Der Händler Witold hatte sein Interesse an ihr rasch verloren, nachdem sich Dreufang zu ihnen gesellt hatte. Doch zumindest blieb er höflich und gab bereitwillig Auskunft über nennenswerte Adressen der Stadt. Unterkünfte. Wo sie Herberge "Zum Singenden Greif" finden konnten...
05.04.2020 21:59:14
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#127799)
Lyraee
Sie hatten sich nicht im "Singenden Greif" einquartiert. Natürlich nicht. Denn wer auch immer Aidan dort gefunden hatte, sie wollten nicht am selben Ort überrascht werden.
Sie mieden außerdem die großen und bekannteren Unterkünfte, gleich ob eher für den schmalen oder für den prall gefüllten Goldbeutel, die ihnen Witold Szymon genannt hatte. Sie folgten stattdessen einer Empfehlung eines Straßenmusikers, dem Lueith ein paar Münzen für sein Spiel mit einer Schalmei überlassen hatte. Eine eher beiläufige Empfehlung von diesem führte sie schließlich zu Witwe Alzbeta Bokus im Hafenviertel. Frau Alzbeta Bokus war etwa dreißig Jahre, kinderlos und ein mit allen Reizen versehenes Frauenzimmer mit lieben blauen Augen. Diese Augen hatten von Anfang an mehrfach derart beredt auf Dreufang geruht, dass sich längst der Verdacht aufgedrängt hatte, dass Frau Alzbeta Lust auf allerlei zu haben schien und dass das womöglich der Grund gewesen sei, warum sie dem Musikanten überhaupt wieder in den Sinn gekommen war. Möglicherweise vermietete sie auch mehr, als die Kammer unter dem Dach. Denn warf man einen Blick dort hinein, dann bot das Zimmer direkt unter dem Dach am Ende der knarzenden Treppen wirklich nicht sehr viele Qualitäten. Die Mansarde hatte nur zwei kleine bleigefasste Fensterchen, eine Kommode, ein niedriges Bett und Öllämpchen, die notdürftig Licht spendeten. Dreufang hatte ursprünglich vor, noch am selben Tage eine andere Bleibe zu finden, doch Lueith protestierte lebhaft. Sie hatten ja nun endlich eine unauffällige Unterkunft gefunden, niemand würde sie hier vermuten, erklärte sie. Wenigstens eine Nacht, damit man sich ausruhen, waschen und für das weitere Vorhaben sortieren könne. Ein oder zwei Tage – das spielte doch keine Rolle. Dreufang sperrte sich nicht weiter.

Am folgenden Tag suchten sie die Herberge "Zum Singenden Greif" auf. Der Herr an der Rezeption war alt, schmächtig, trug einen Zwicker auf der Nase und erklärte ihnen kurzerhand, dass die Zimmer von Herr Aidan Winterfurth samt der Männer seiner Abteilung schon seit einer geraumen Weile verlassen worden waren. Aber es wurde eine Nachricht hinterlegt und diese Lueith und Dreufang bereitwillig ausgehändigt. Der alte Mann schien erleichtert, dass er den Zettel endlich jemanden übergeben, seine Aufgabe erfüllen konnte. Man merkte wohl, dass er eine Last damit losgeworden war. Lueith hielt dies für einen Ausdruck der Pedanterie dieses Menschenmannes, die dieser mit jeder Geste, jedem Blick durch seinen Zwicker, jeder Bewegung ausdünstete und die Elfe reichlich reizte. Im Nachhinein betrachtet, war diese Erleichterung allerdings wohl von jener Sorte, einen Auftrag für jemanden erledigt zu haben, der einen beim Gedanken den Ansprüchen vielleicht nicht gerecht werden zu können, ins Schwitzen brachte...

Die Nachricht besagte nicht mehr als: "Mikael – versengter Bolzen".
Der "versengte Bolzen", so stellte es sich heraus, war eine Taverne unweit vom "singenden Greif". Mikael war sofort zugegen und nahm sich Lueith und Dreufang an. Er wusste außerdem sofort, worum es ging.
Ja, Aidan und Nujaima waren hier. Ja, [i]man[/i] wusste, wo man sie finden konnte. Und ja, sie steckten in Schwierigkeiten, ließ er sie halblaut wissen. [i]Man[/i] würde helfen. [i]Man[/i] wüsste wo sie wären und man wüsste außerdem, wer die Übeltäter waren, die ihren Freunde das Leben hier derart sauer gemacht hatten. Sie sollten alles erfahren. Dazu mussten sie nur zu seinem Meister zum "Atlas" gehen um mit diesem zu sprechen. Mikael bot sich an. Er war ein schlaksiger Jüngling. Ein junger, getriebener, arroganter Mann, ein typisches Exemplar eines städtischen Pflaster- und Leisetreters, der im Rinnstein geboren war, in so manchem Rinnstein gebadet und in so manchem seinen Durst gelöscht hatte. Im Lärm, Gedränge, Schmutz und Gestank der Stadt fühlte sich dieser junge Mann wie eine Forelle in einem kristallklaren Gebirgsbach, und die Gelegenheit, jemanden durch das Gewirr von Straßen, Gassen und Alleen zu führen, freute ihn sichtlich. Ohne sich etwas aus der Tatsache zu machen, dass niemand ihn fragte, lieferte der Straßenjunge begeisterte Erklärungen. "Atlas" so nannte man das riesige, mehrstöckige Gebäude, das Badehaus, Bordell, Wettbüro und Glücksspielbude, Taverne und ewiges, rauschendes Volksfest in einem war. Am Rande des Händlerviertels zwischen dem Hafenviertel und der Stadt der Toten, tobte in diesem Heiligtum der Leichtlebigkeit das rauschende Leben. "Da gibt es wirklich alles, was irgendwie Vergnügen bereitet! Alles! Wenn man das Gold dafür in der Tasche hat. Atlas heißt es, wegen dem Seidenstoff", erklärte ihnen Mikael, denn das Gebäude war einst das prunkvolle Gildenhaus der reichen Tuchhändler gewesen. Die damals verbauten Bilder und Kunstwerke aus Mosaiksteinchen waren bis heute Teil des Bauwerks und zierten die Innenwände des Etablissements. Eine zeitlang diente das Gebäude dann als Badehaus, schließlich kaufte es ein wohlhabender Edelmann und von diesem ein anderer wohlhabender Nicht-Edelmann, den Lue und Dreufang alsbald persönlich kennen lernen sollten. "Eine Audienz bei Hochwürden... dazu dürft ihr in seinen privaten Bereich. Oh, da werden euch die Äuglein übergehen. Hehe. Aber haltet euch ans Protokoll. Hochwürden ist ein freundlicher Mann, aber er verlangt Respekt. Vor Hochwürden stehen Stühle" begann Mikael mit der Instruktion. "Dort hinsetzen. Sitzen und nicht aufstehen, bis Hochwürden es befiehlt. Nicht unterbrechen, wenn Hochwürden redet. Nicht reden, bis Hochwürden zu verstehen gibt, dass er es erlaubt. Achja und freundet euch mit dem Gedanken an, dass ihr natürlich nicht mitsamt eurer Waffen zu Hochwürden dürft. Die müsst ihr zuvor abgeben."
"Hochwürden?"
"Er hat die Priesterweihe empfangen. Also war er einmal ein Priester. Aber keine Angst, er hat sich da nichts angewöhnt. Seine Untergebenen müssen ihn aber irgendwie titulieren und die Anrede Boss oder Chef oder derlei kann er nicht leiden. Also Hochwürden."
"Was heißt er 'war' Priester?"
"Das heißt, dass er's mal war und nun nicht mehr ist."
"Und wem hatte er seinen Dienst geweiht?"
Da schwieg Mikael mit einem kurzen Grinsen.
"Fragt ihn doch selbst. Wir sind außerdem gleich da!"

Sie erkannten das "Atlas" sofort. Das Gebäude war imposant. Lueith ließ den Blick über die ansehnliche Fassade schweifen. Die hohen Rundbogenfenster waren von schweren, dunklen Vorhängen verhangen und ließen keine Schlüsse auf das Treiben im Inneren zu. Magische Lichter flackerten und ließen die hellen kunstvoll verzierten Wände in wechselnden Farben erstrahlen. Es gab einen Haupteingang, bewacht von Wächtern, die mit ihrer bunten, gestreiften Kleidung ähnlich aussahen wie die Hausfassade. Sie waren bewaffnet. Und eigentlich glotzten sie allesamt ziemlich grimmig drein. Der Andrang war enorm. Mikael führte sie am Haupteingang vorbei und über einen Umweg zum hinteren Teil des Gebäudes. Es drangen Stimmengewirr und Musik heran. Aus einem Seitenausgang wurde, von zwei gestreiften Wächtern, ein Mann auf die Straße geworfen, der, kaum noch bei Bewusstsein, mit den Armen fuchtelte und taumelte. Sein Gesicht war blutig und so angeschwollen, dass die Augen in den Schwellungen fast verschwanden. Er stieß bei jedem Ausatmen blutige Bläschen aus der zerschlagenen Nase aus. Die, die ihn hinausgeworfen hatten, drohten und fluchten. Mikael widmete der Szene nicht die mindeste Aufmerksamkeit, raunte ihnen aber zu: "Es empfiehlt sich nicht, die Nase in die Angelegenheiten des Atlas zu stecken. Im Atlas trennt sich eine hineingesteckte Nase für gewöhnlich von ihrem Besitzer und bleibt dort, wo sie reingesteckt wurde. Ihr versteht?" Lueith wurde zunehmend unwohler und sie spürte, dass es Dreufang ähnlich ging.
Er führte sie durch eine Küche, in der die Köche hektisch wie in einem Bienenstock herumwuselten. Es blubberten Kessel, in denen Krebse, Hummer und Langusten zubereitet wurden. In Bottichen zappelten Aale, in Becken dümpelten lebende Hummer, Muscheln und Miesmuscheln. In riesigen Pfannen brutzelte Fleisch. Bedienstete eilten mit beladenen Tabletts und Schüsseln weg, trugen sie hinein in die unübersichtlichen Korridore. Die nächsten Räume erfüllte der Duft von Parfüms und Puder. Vor einer Reihe von Lüstern saß, unablässig plappernd und ihre Schönheit aufbessernd, ein gutes Dutzend Frauen in unterschiedlichen Graden des Ausgezogenseins, völliges mit eingeschlossen. Und im nächsten Raum wurden sie dann einer eingehenden Visitation unterzogen. Die Individuen, die diese führten, waren von gewichtigem Aussehen, professionellem Verhalten und entschiedenem Vorgehen. Die Schwerter und Lueiths Rosendolch unterlagen der Beschlagnahme.

Als sie das Zimmer betraten, stellte sich ihnen sofort etwas in den Weg. Dieses Etwas war groß wie ein Riese und stank schrecklich. "Geh aus dem Weg, Dummkopf! Keine Sorge wegen Krack."
Der Krack genannte Riese war offensichtlich eine Leibwache des hochwürdigen Besitzer des Atlas. Krack war etwa 3 Meter groß und stank fürchterlich. Krack war ein Oger. Er zeigte mit dicken Fingern auf die Stühle. Sie nahmen Platz, gemäß dem Protokoll. Lue schaute sich um. In der entferntesten Ecke des Zimmers stand eine große Chaiselounge, auf der sich zwei halbnackte Fräulein miteinander befassten. Ihrer Betrachtung widmete sich, während er gleichzeitig einen Hund fütterte, ein kleiner fülliger Menschenmann. Tethyrer, vermutete Lueith instinktiv. Er trug einen reich verzierten Brokatrock und eine Mütze, die mit schillernden Ferdern verziert war. Der Elfe rann ein Schauer dem Rücken herab. Diese dickliche, weiche Gestalt... war ihr auf unangenehme Art vertraut. Nachdem er das letzte Stück Fleisch an den Hund verfüttert hatte, wischte er sich die weichen Hände an einem dargereichten Tuch sauber und wandte sich um. Dunkle, kleine Augen reglos wie bei einem Python blickten sie an. Lueith wurde heiß und kalt. Sie fühlte sich, als wäre ihr Brustkorb plötzlich ein einziger, harter Brocken aus Eis und ihr blieb die Luft weg. Sie kannte diesen Mann. Am Tag ihrer Flucht in Schädelhafen... er hatte sich mit Xulzyne und dieser anderen Frau zurückgezogen und das war ihre alles entscheidende und alles verändernde Chance gewesen.
"Welch eine Freude. Lange ist es her, graues Täubchen, nicht wahr?"
06.04.2020 13:03:43
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#127801)
Lyraee
Der hochwürdige Filister von Savigny. Da saß er, in seinem Rock auf seinem samtausgekleideten Thron, die beringten Finger vor dem mächtigen Bauch gefaltet, und sah vergnügt von Dreufang zu Lueith und zurück. Lange brach niemand das Schweigen. Von irgendwo jenseits der Wände drang Musik heran, war Stimmengewirr zu hören, Lachen, Schreien, Kichern, Stöhnen. Der Oger stank."Ich freue mich euch beide zu sehen und heiße euch willkommen" ließ sich Filister Savigny schließlich vernehmen. "Dreufang Schmiedebergen, richtig? Aus Iriaebor, nicht wahr? Ah, jaja. Interessante Dinge gibt es zu erfahren aus den Herzlanden, ja wirklich. Freut mich euch kennen zu lernen. Oh und besonders dich heiße ich gern willkommen, graues Täubchen. Obwohl... ich stelle fest, dass deine Haare eher weiß sind und nicht grau. Schön, schön! Sehr schön. Schön zu sehen, dass dir die Zeit ohne Halsband und Kette gut getan hat. Wirklich schön." Filister lächelte, hatte dabei aber einen unschönen und Unheil verkündenden Zug um den Mund.
"Mir ist es" er seufzte laut "nicht so gut ergangen. Geschwüre im Magen. Man hat mir einen kranken Darm diagnostiziert. Ach, der Rücken schmerzt auch. Und die Kosten für Arzneien..." zählte er mit einem leidenden Blick auf. "Das Alter, was? Zu uns Menschen ist es ja ungnädig. Ein einziges Jammertal! Freut euch nicht drauf, Herr Schmiedebergen. Doch zum Glück ist mir das Geschäft geblieben. Das hält mich bei wachem Verstand, zumindest der ist scharf wie eh und je! Aber wo wir schon beim Geschäft sind. Ihr beiden seid auf der Suche nach euren Freunden?"
Lueith war unfähig ein Wort zu sagen. Es war Dreufang, der mit verhärteter Miene die Stimme erhob. "Is' richtig." Filister nickte. "Grund zur Sorge, was? Jaja. Schmerzlich, die Ungewissheit, wenn man sie ertragen muss. Wisst ihr, Tiefwasser ist riesig. Hier gehen andauernd Leute verloren. Wisst ihr, wie viele Leute innerhalb der Stadtgrenzen leben? Über eine Millionen! Den oder Die [i]hat der Unterberg geholt[/i] ist ein gängiges Sprichwort, wisst ihr? Die siehst du nie wieder, heißt das. Nicht zu unrecht, nicht zu unrecht."
Hochwürden machte es sich bequemer, streckte die Füße aus, die in goldbestickten Pantoffeln steckten. "Die Suche nach Spuren, deucht mich, dauert an? Andernfalls wäret ihr wohl kaum so bereitwillig meinem Boten gefolgt, was? Sehr klug von euch. Ihr solltet der Wahrheit auch ins Auge sehen, es sind keine Wunder zu erwarten. Weit und breit keine Wunder in Sicht. Nichts für ungut, Herr Schmiedebergen, aber ihr seid kein Fahnder, kein Spion und kein Detektiv. Ich will euch ja nicht trübsinnig machen aber über eure verschwundenen Freunde wird man sehr wahrscheinlich auch sagen '[i]hat der Unterberg geholt[/i]'."
Dreufang enthielt sich eines Kommentars.
"Also... Aidan wurde eines Abends von zwei Männern aufgesucht. Alsterich Reck und Hecht. Ich kenne die beiden. Widerliche Kerle, wirklich. Grobiane, versteht ihr. Kein Stil. Und sie haben Aidan zu einem Lagerhaus im Hafen verschleppt. Das Lagerhaus ist leider abgebrannt, bedauerlicher Vorfall. Keine Spuren. Außer... siehe da... drei verkohlte Leichen. Unidentifiziert."
Dreufangs Gesicht war wie von Stein. Lueith schnaubte abfällig obwohl sie innerlich vor Wut und Hass kochte. Sie kämpfte gegen den übermächtigen Wunsch an, dem Mistkerl an den kaum vorhandenen Speckhals zu gehen, dieses verfluchte Haus in Flammen aufgehen zu lassen, dass man sich bis nach Luskan über den gleißenden Lichtschein und die Rauchschwaden im Süden wunderte.
Filisters kleine schwarze Augen schienen Lueiths Wut genüsslich zu registrieren. Er wackelte mit dem Kopf, dass das Kinn wabbelte. "Aber Aidan und Nujaima waren nicht darunter. Keine Angst. Sie sind nicht im Feuer gestorben. Meine Mittelsmänner haben sie ja noch nach dem Feuer beide lebend gesehen. Sie haben mir versichert, sie seien wohlauf. Von kleineren Blessuren einmal abgesehen. Du wirkst so abwesend, Lueith, hörst du mir zu, Elfe?"
"Ja, ich höre. Und warte gespannt auf die Schlussfolgerung."
"Gut, gut. Das folgende ist nämlich wichtig. Die Schlussfolgerung lautet also: Etwas für etwas. Die Einzelheiten kosten. An der Information hängt ein Preisschild."
"Erpressung, he?" knurrte Dreufang.
"Paperlapapp. Erpressung!" unterbrach ihn Filister. "Ich sage ein Geschäft ist ein Geschäft, wenn eine Leistung mit einem Preis verbunden ist. Diese Information also, gegen den Preis, den sie kostet. Wenn ihr Details über das Los eurer Freunde erfahren wollt – inklusive ihres Verbleibes, Herr Söldner und Fräulein Mondelfe, die du aus dem Unterreich gekrochen kamst, dann müsst ihr dafür bezahlen."
"Welchen Preis?"
"Ein Akt auf der Liste unserer fantastischen heutigen Abendunterhaltung mehr!"
"[i]Mani?[/i] Was?!"
"Ich habe meinen verehrten Gästen damals einen Kampf versprochen, ein Spektakel, wie sie es noch nie gesehen haben. Den schuldest du mir bis heute."
Lueith sprang von ihrem Stuhl auf, spuckte dem dicklichen Mann vor die Füße.
"Ich hatte mit diesem Geschäft nichts zu tun und schulde dir einen Scheiß, du dreckiger..!" explodierte sie.
"Ah-ah-ah! Jetzt nicht alles durch Respektlosigkeit ruinieren, Täubchen!" fuhr er dazwischen und führte aalglatt weiter fort: "Xulzyne hat seinen Vertrag nie erfüllt. Nachdem du ihm entwischt bist, wurde er unzuverlässig. Schleuderte sein ganzes Vermögen hinaus um irgendwelche Leute, Wahrsager, Priester, weiß-der-Geier anzuheuern... und er nahm keinen Auftrag mehr an. Ist sozusagen ausgestiegen aus dem Geschäft." Filister winkte missbilligend ab. "Hat seine Geschäftspartner vergrämt und er hat mich nie für das Versäumnis deinetwegen entschädigt."
"Fick dich, [i]Hochwürden[/i]! Das war's! Wir gehen."
Der Leibwächter, der Oger, brüllte warnend auf, trat auf sie zu, hob die Pfoten und verströmte dabei erbärmlichen Gestank.
"Wollt ihr eure Freunde etwa nicht finden? So einen weiten Weg gereist und sich dann so eine Gelegenheit durch die Lappen gehen lassen? Ein Spiel auf Zeit riskieren, das wollt ihr? Jedenfalls..." er klang immer noch widerlich gut gelaunt und nicht im Mindesten beeindruckt, von Lueiths impulsiven Ausfall. "Du warst damals vielleicht nur passiver aber ganz wesentlicher Teil dieses Geschäfts. Aber heute verhandelst du für dich selbst. Na? Du kannst stolz sein! Was für ein Fortschritt! Nur eine Wahl die hast du heute wie damals nicht, verzeih."
Filister von Savignys Augen funkelten, als er sich in seinem Thron nach vorne neigte.
"Denn ich fordere ihn so oder so ein, diesen unvergleichlichen Kampf, den sie noch nie gesehen haben. Heute Abend, hat sich hier ein erlesener Kreis der tiefwasserer Elite eingefunden. Politiker, Händler, Advokaten, sogar manch ein geliebter Inkognito-Fürst der Stadt kommt, heißt es! Könnt ihr euch das vorstellen? Aber ja, natürlich! Wenn nicht hier im [i]Atlas[/i], wo sollten sie sonst so exquisite Unterhaltung finden?"
Um den Worten von Filister Nachdruck zu verleihen, zeigte der Leibwächter ihnen die geballte Faust. Groß wie eine Melone. Lueith schwieg nun. Sie betrachtete den Oger und ging ihr Repertoire an vorbereiteten Zaubern durch, denn es sah danach aus, dass es ohne Zauberei nicht abgehen würde. Sie hatten keine Waffen.
"Pass auf, Elfe, ich gebe ein wenig nach, zeige guten Willen und Kompromissbereitschaft. Denn damals, wäre der Kampf auf Leben und Tod gegen ein anderes menschliches Wesen abgelaufen. Meine schöne Arena in Schädelhafen erlaubt dies – hier im strahlenden Zwilling jenseits der Schädel, wird solcherlei Vergnügen nicht geduldet. Wirklich schade. Aber!" er hob den beringten Zeigefinger an. "Kämpfe gegen Monster sind ein erlaubter Spaß und Zeitvertreib. Training. Grenzwertig, zugegeben. Unfälle passieren immer wieder, manchmal kann man die Biester nicht mehr rechtzeitig einfangen, bevor sie den mutigen Gladiatoren getötet haben, aber so ist das eben. Dinge passieren und niemand ist Schuld, nicht wahr? Das heißt aber, du wirst nicht zum Morden aufgefordert sondern lediglich zum Niederstrecken einer üblen Kreatur! Das zum Einen. Und zum anderen erfährst du dafür, was mit Aidan und Nujaima geschehen ist und obendrein... und jetzt spitz die Klingenöhrchen... liefere ich dir Xulzyne. Denn stell dir vor, er beehrt Tiefwasser ebenfalls mit seiner Anwesenheit. Das letzte Mal war er vor Jahren hier! Genau genommen, als du verschwunden bist. So ein Zufall, was? Man sieht sich immer zweimal im Leben!" Hochwürden breitete die Arme weit aus. "Ist das nicht... ein Angebot! Was sagt ihr dazu?"
"Wozu fragst du, [i]Hochwürden[/i]." Dreufang verengte die Augen. "Ihr habt doch schon zu verstehen gegeben, dass wir nicht ablehnen können."
"Das scheint euch ganz richtig, das habe ich gesagt. Aber ich halte es auch für uns alle nutzbringend. Das ist kein Trick. Ich halte mein Wort. Ich bin ein ehrbarer Geschäftsmann, durch und durch. Da könnt ihr jeden fragen."
"Ich bestreite den Kampf."
Filister musterte den Söldner einige Augenblicke und hob dann die Mundwinkel. Lueith trat auf Dreufang hinzu, griff nach seinen Arm.
"Du weißt doch gar nicht, was dich erwarten wird! Tu das nicht! Wir finden sie auch auf anderem Weg..."
"Und jetzt rede. Du gibst uns die Informationen sofort."
07.04.2020 11:32:58
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#127807)
Lyraee
Hochwürden machte sich auf seinem Thron breit. "Ich bin einverstanden. Also, wie ich schon erwähnte, starben weder euer Freund, der Adelsspross aus Niewinter, noch die kleine, dunkeläugige Gur in diesem besagten Lagerhaus. Sie hat ihn aus den Flammen gerettet. Gerade noch. Die anderen drei, die Kameraden von Herrn Winterfurth, für die war's zu spät. Und warum das alles? Habt ihr es schon erraten? Das schwarzen Netz ist ihnen natürlich zuvor gekommen. Das tun sie doch immer mit ihrem erfolgreichsten [i]Modus Operandi[/i]." Er rieb den Daumen über die gekrümmten Fingerspitzen als Hinweis.
"Na?"
"Maulwürfe und Bestechung."
Filister von Savigny lachte los, dass die Federn an der Mütze wackelten.
"Absolut! Simple aber wirkungsvolle Sache, nicht wahr, Herr Schmiedebergen? Bravo! Ins Schwarze. Und womit machen sie das? Dem einzig und ewig Wahren: Gold! Wir alle können uns darauf einigen. Das beste Schmiermittel! Das hat mal eine gemeinsame Bekannte von uns gesagt, Herr Schmiedebergen, kommt dir bestimmt bekannt vor? Ein gewisser Fürst. Aber das nur am Rande. Also eben dieses Schmiermittel sorgt doch dafür, dass das Geschäftsmodell der Zhentarim niemals heißlaufen und hochgehen wird. [i]Causa finita[/i]. Selbst im Grafenbündnis finden sich bezahlbare Männer und Frauen. Nicht besser als Huren. Obwohl... selbst Huren haben wenigstens ihre Art von Ehre und gewisse Prinzipien, dieser Vergleich hinkt und ist den Fräuleins des ältesten Gewerbes gegenüber ungerecht."
"Red weiter" knurrte Dreufang kalt, die Hände auf den Stuhllehnen wurden zu Fäusten.
"Wo waren wir eigentlich stehen geblieben?"
"Der Verrat, der Aidan zum Verhängnis wurde."
"Achja, richtig. Der Mittelsmann, der mir das Wissen herangetragen hat, was ich nun an euch verkaufe, ist eine mir gut bekannte und vertrauenswürdige Person. Er berichtete also, ein Spitzel der Zhents hat die Beteiligung der Mirhavener Stadtwache bei den Ermittlungsarbeiten gegen die Zhentarim an eben diese herangetragen. Wisst ihr, das schwarze Netz hätte sich bestimmt bedeckt gehalten, eure und die tiefwasserer Ermittler etwas durch die Stadt gescheucht, falsche Hinweise finden lassen vielleicht ein Bauernopfer erbracht... und fertig. Leidenschaftslos, pragmatisch, taktierend. Profis eben. Aber es hörte da jemand 'Mirhaven' und 'Amdir' und wurde sehr, sehr hellhörig, leidenschaftlich und interessiert." Filister deutete mit einem breiten Lächeln auf Lueith. "Er hat Leute zu Herrn Winterfurth und dann nach Amdir geschickt um mehr zu erfahren, als das, was er bereits weiß. Ironische Geschichte, denn du bist ja just hier gestrandet!"
"Warum" zischte Lueith "interessiert es dich so, was Xulzyne macht und vor hat? Und wer ist dein Mittelsmann?"
"Weil ich, was gebrochene Geschäftsverträge angeht ein äußerst nachtragender Mensch bin" gab Filister unumwunden zu und blockte ab. "Da gelten Rechte, Regeln und nicht minder wichtige Usancen. Die Identität des Mittelsmann werde ich nicht offenbaren – aus genau dem gleichen Grund. Ich würde das Gesicht verlieren."
"Und? Verkaufst du das Wissen über uns nun an Xulzyne oder das schwarze Netz?"
"Niemals. Man prellt mich nicht ungestraft. Der Herr ist unzuverlässig, bietet mir keine Geschäftsperspektiven für die Zukunft. [i]Persona non grata[/i]. Aidan und Nujaima haben sich außerhalb der Stadt einen Unterschlupf gesucht. Im Norden, so einem kleinen Nest westlich der Langen Straße. Anderthalb Tagesreisen."
"Und das ist alles?"
"Das ist gar nicht wenig. Ich habe euch einstweilen genug verraten, hinreichend viel für das, was ich verlange, nicht wahr? Den Rest, was deinen drowischen Freund betrifft, verrate ich euch beiden nach Herrn Schmiedebergens Ertüchtigung, ja? Führe ihn hinaus in die Arena, Krack. Und du, weißes Täubchen, komm mit mir, wir wollen uns das auch anschauen. Also worauf wartest du, Söldner?"
"Soll ich ohne meine Waffe gehen? Mit bloßen Händen?"
"Ich habe den Gästen" erklärte Hochwürden langsam, als spräche er mit einem Kind "etwas versprochen, was sie noch nicht gesehen haben. Gladiatoren mit Waffen aller Art waren schon unzählige Male zu sehen."
17.04.2020 13:27:39
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#127842)
Lyraee
[Quote][center][i]Savigny, Filister von (* xxxx, † xxxx)
Kam in Saradush, Tethyr, mit groß angelegtem Handel landwirtschaftlicher Güter zu Reichtum, ließ sich in Tiefwasser nieder wo sein Wirken zum Wohle der Stadt ihm rasch zu Ansehen und Wertschätzung als Berater verhalf. In dieser Position nahm S. an zahlreichen öffentlichen Angelegenheiten Anteil. Bereits in Saradush entfaltete S. eine breite karitative Tätigkeit, unterstützte Notleidende, Besitz- und Heimatlose, gründete Waisenhäuser, Hospitäler und Kinderhorte wofür er beträchtliche Summen spendete. Als großer Freund von Kunst, Kultur und Turniersport stiftete er in Tiefwasser ein Theater sowie ein Stadion. In Saradush wurde durch seine Initiative und beträchtlicher Spende ein Tempel Waukeens errichtet.
Er gilt als sprichwörtliches Vorbild kaufmännischer Rechtschaffenheit, Treue, Ehrbarkeit und Anstand.[/i][/center][/quote]
- [i]Die große Enzyklopädie von Tiefwasser, Band 27[/i]
09.07.2020 09:27:44
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#128010)
Lyraee
Die Gatter öffneten sich. Langsam und begleitet vom voll tönenden Klang der rasselnden Ketten. Man hatte ihn warten lassen – lang. Es brauchte Zeit, hatte Filister mit ungleich schmieriger Selbstgefälligkeit behauptet; die Ratten - die sich in den Eingeweiden dieser Stadt eingenistet hatten und sich an ihrem Leid die Bäuche fett fraßen - aus ihren Unterschlüpfen und Verstecken hierher zu locken. Niemand sollte bei diesem Ereignis im [i]Atlas[/i] fehlen und im Nachhinein darüber Gram empfinden, es verpasst zu haben. Auch die edleren Herrschaften der Bürgerschaft sollten dieses Spektakel nicht verpassen müssen.
Einige von ihnen soll kürzlicher Segen zu Vermögen und Ansehen verholfen und aus der Armut und Hoffnungslosigkeit befreit haben. Dreufang konnte sich denken, wie es zu diesen glücklichen Wendungen kam, die vor dem Ruin stehende Handelshäuser aus den Schulden befreiten, heruntergekommene Hospitäler und Kinderhäuser mildtätige Spenden erhalten ließen und verarmten Schausteller einen begeisterten Mäzen und Förderer ihrer Kunst verschafften. Sie alle hatten sich – bereitwillig oder mit etwas eindringlichem Zureden – an der schwabbeligen Brust Filisters genährt, gierig wie junge Ferkel daran gesaugt und jedweden bitter schmeckenden Preis für diese Großzügigkeit geschluckt. Sie konnten nicht anders.
Dreufang bezweifelte, dass Filister sie zu ihrem Vergnügen oder für ein so gerühmtes einzigartiges Schauspiel hierher beordert hatte. Als Vorwand, das war sicher. Aber doch ging es darum, sie an der kurzen Leine zu halten und neue Bedingungen ihrer "Zusammenarbeit" zu diktieren. Der Preis änderte sich ständig. Besonders hier in Tiefwasser.
Und wer die Einladung ihres Gönners ausschlug und ablehnte, wie ein eifriger Diener an seinen Lippen zu hängen, der... nunja. Es verschwanden ständig Leute in einer solch großen und belebten Stadt wieder dieser. [i]Hat der Unterberg geholt...

"Du bist ein Gierhals und ein Schuft. Ein Verbrecher. Denkst du wirklich du wärst besser als jeder beliebige Gauner auf der Straße? Schlimmer bist du!"
Lueith fluchte, als der riesige stinkende Oger 'Krack' ihnen den Weg zu der völlig überfüllten Arena bahnte. Leute drängten sich, dicht an dicht, veranstalteten einen Höllenlärm. Rufe, Pfiffe, Schreie, Stampfen. Die Stimmung war aufgeheizt. "Ziehst den Leuten das Gold aus den Taschen für diesen widerwärtigen Spaß..."
"Nicht doch, Täubchen. Du verwechselst Verbrechertum mit individuellem Unternehmergeist" antwortete er gutgelaunt.
"Allzu oft passiert mir das" bestätigte die Elfe mit einem Knurren.
"Es besteht großes Interesse, wirklich großes. Die Leute in meinem Städtchen leiden grässlich unter Langeweile und Trübsinn. Siehst du nicht die vollen Sitzbänke? Der Kunde ist König, der bezahlt, der stellt Forderungen! Wir aber, die Kaufleute, müssen uns an diese Regeln halten: Was der Kunde verlangt, muss er bekommen. Alle diese Leute sind gekommen und haben bezahlt, um sich ein Spektakel anzusehen und Geschäft ist Geschäft. Natürlich tue ich hier Gutes, sichere den Frieden und die Ruhe in der Stadt, halte sie unter Kontrolle und viel wichtiger: kontrollierbar. Spiele und Spektakel ist ihnen wichtig wie das täglich Brot, was sag ich, mehr noch. Schau, wie ihnen die Augen glänzen. Sie können es nicht abwarten, dass es losgeht. Das Spektakel."
"Avavaen. Ich kenne diesen Glanz sehr gut."
"Könnten die Leute keinen Dampf ablassen, sich Vergnügen verschaffen, was denkst du wäre dann los? Und wenn ich dabei aus meinem Altruismus mit Geschäftssinn noch Gewinn schlage... dann ist mir die Meinung eines Täubchens wie dir, mit Verlaub, schnurzegal. Bitte versteh das und beruhige dich endlich, hör auf zu schimpfen wie ein Rohrspatz. Genieße die Vorstellung... heute einmal aus anderer Perspektive."[/i]

Kontrolle, darum ging es. Ob man die Bittsteller und Günstlinge ihren Stolz wie sich selbst in Staub werfen ließ oder sie mit dem Warten auf das Ungewisse marterte. Und das Warten nagte an Dreufang. Schürte die Ungeduld in ihm – und gab den Worten Hochwürdens Zeit sich auszubreiten, wie ein brennendes Gift. Selbst wenn sie Tiefwasser verließen, Xulzyne und vielleicht auch Filister ein Ende bereiteten, es würde sich nichts ändern. Weder würde die Vergangenheit mit ihnen sterben, noch gab es eine Möglichkeit ihr zu entfliehen – davon zu laufen und sich irgendwo zu verstecken. Aber sich deswegen der Hoffnungslosigkeit und dem Fatalismus hingeben? Nein, das war nicht seine Art. Schon gar nicht die ihre. Ihre Stärke war inspirierend; er würde jetzt nicht anfangen zu zaudern und keine Zweifel an seiner vorschnellen und unüberlegten Entscheidung erlauben. Der Kampf in der Arena wartete und würde ihnen an seinem Ende hoffentlich die benötigten Antworten geben.

[i]Filister nahm mit Lueith eine über der Arena emporragende Tribüne ein. Auf dieser warteten noch andere Herrschaften, Gäste dieses dicken Hochwürden. Lauter Originale. Kurz wunderte sich Lueith, selbst davon überrascht, dass sie sich überhaupt noch über irgendetwas wunderte.
Woher kommen auf der Welt so viele sonderbare Wundertiere?
Einer von den Männern war kleinwüchsig und dicklich. Nicht so stattlich wie Filister – er erinnerte eher an einen Halbling, als an einen Menschen. Er war sogar wie ein Halbling gekleidet. Bescheiden, hübsch, adrett und in Pastelltönen. Ein anderer Mann, obwohl in fortgeschrittenem Alter, hatte Kleidung und Statur eines Soldaten. An der Schulter seines schwarzen Jacketts blitzte eine silberne Spange, die einen grünen Drachen darstellte, er trug außerdem sein Schwert noch, was bedeutete, dass er Filisters Zustimmung und Vertrauen dafür hatte. Dann war da noch ein ungleiches Paar. Eine hellhaarige, große, dünne Frau in engem pfirsichfarbenen Kleid, Federboa und mit einem gelb funkelnden Collier am Halse sowie ihr deutlich jüngerer Begleiter, nicht weniger reich gekleidet und der außer einer zu ihrem Gewand farblich passenden Feder am Hut außerdem einen merkwürdig fiebrigen Glanz in den Augen trug. Lueith kannte diesen Ausdruck in den Augen. Die hohe Dame hielt sich distinguiert an seinem Unterarm fest.
"Die hochwohlgeborene Comtesse Agundar und der liebenswerte Vicomte Vittorio" stellte Hochwürden vor. "Saer Zigor Ilvastarr, bester Mann seines Handwerks. Bestienfänger und -züchter und langjähriger Mitstreiter. Auch die heutige Herausforderung geht auf das Konto von Sear Ilvastarrs geschickten Häschern. Ihr dürft euch also freuen."
"Ich bin immer noch der Meinung, du wärest mit dem Mantikor besser beraten gewesen, Filister. Sicher auch mit der Chimäre, mit den Bestien wird kaum einer fertig. Aber dass du dir ausgerechnet -"
"Genug, genug, Zigor" unterbrach Filister mit einem Lächeln freundlich aber schnell. "Du willst den anderen Gästen doch nicht die Überraschung nehmen. Und dann haben wir hier noch den guten Wellby Brokengulf."
Lueith spielte noch immer mit dem Gedanken, 'Hochwürdens' dreckige Arena in Brand zu stecken, die nicht weniger dreckig und ekelerregend war, wie die in Schädelhafen...
"Und das Fräulein Lueith, mein heutiger besonderer Gast. Eine lange Jahre verschollen geglaubte Bekanntschaft – solche ungewöhnlichen Wiedersehen muss man feiern."
Lueith nickte knapp und steif. "Es ist ein besonderes Vergnügen den besonderen Gast kennen zu lernen" lächelte die Comtesse und fixierte Lueith aus blassblauen Augen. Ihre Stimme klang lasziv und entsetzlich verkatert. "Nicht wahr, Vittorio?"[/i]

Dreufang zurrte an den Riemen, überprüfte zum letzten Mal Festigkeit und Sitz von dem, was man ihm anstatt seines engmaschigen Kettenhemdes angelegt hatte. Ein Kostüm. Anders konnte man dieses Gebilde aus Lendenschurz, ledernen Beinschienen und einer metallenen Schulterplatte nicht bezeichnen. Irgendwie wurde es durch genietete Gurte und Riemen zusammengehalten, die zumindest etwas Schutz vor scharfen Krallen und Zähnen versprachen, und den Kombattanten nicht durch einen unglücklichen Bauchtreffer zu einem schmerzvollen langsamen Ableben verdammten. Ansonsten war es nichts weiter als die verklärte Vorstellung eines Liebhabers der altehrwürdigen Tage, als man das Publikum sich noch an den muskulösen Körpern der Kempen teilhaben und brutalen Hieben - die sich durch Haut, Fleisch, Knochen und Sehnen fraßen - erfreuen lassen wollte. Doch die Wahrheit war, dass Faszination für dieserart inszenierten Todeskampf, diese Droge für die Zuschauer solch Spektakels, niemals aufgehört hatte in den Reichen zu existieren...

Er folgte dem verebbenden Klang der ratternden Zahnräder, der rasselnden Ketten, die das eiserne Gatter unter gemeinsamer ächzender Anstrengung emporzogen und dem Söldner so Zugang zur Arena erlaubten. Er hatte den Sand zu seinen Füßen aufgeklaubt, ihn in seinen Händen verrieben, um seinen Griff sich nicht im entscheidenden Moment lockern zu lassen – wie viel Blut bereits darüber geflossen sein mochte, wagte er nicht zu erahnen. Es war nicht länger von Bedeutung, als eine mitreißende, die Gedanken erstickende Woge über ihn einbrach. Tosender nach Blut gierender Jubel erscholl von überall her und ließ ihn nicht los. Das Licht der Fackeln und Feuerschalen brannte in den so lang in der Dunkelheit der Kammer gefangen gehaltenen Augen.
Und urplötzlich mischte sich unter all die gerufenen Forderungen nach Blut und Kampf, dieser entsetzlichen Kakofonie, ein Krächzen und Schnattern; und Worte, die wie ein Knurren und dann wieder wie ein Würgen klangen. Worte, die einer tierisch anmutenden Sprache entsprangen. Einer Sprache, der man sich nur bedienen konnte, wenn man sie ausspie wie das Gift, das sie war: „Yahg-vok Keerekash! Vaws! Vaws! Vaws! Hak Hak Hak!“ Sein klarer werdender Blick enthüllte, was seine Ohren längst wussten. Gebeugte, hagere Wesen, die ihm nicht einmal bis zur Hüfte reichten; deren dürre Glieder in mit schwarzen spitzen Krallen bewehrten Finger und Zehen endeten. Große, aufgedunsene Köpfe, die reichlich grotesk auf den winzigen schmächtigen Körpern wirkten – und Augen, in deren schwarzer Leere das Schimmern glühender Kohlen lag. Sie glühten vor Heimtücke und krankhafter Freude grellorange.

"Vaws-Hak! Vaws-Hak! Kherek-Nor!" brüllten und spuckten die beiden Goblinoiden als sie mit dünnen Fingern ihre schartigen Messer griffen, diese über ihre voluminösen Köpfe erhoben, die scharfen gelben Zähne bleckten und in augenscheinlicher Todessehnsucht auf ihn zustürmten. Was dachte sich Filister dabei, wollte er sie zum Narren halten – Sie und alle, die er hierhin eingeladen hatte? Schoss es Dreufang durch den Kopf; ließ ihn in seiner Siegesgewissheit nachlässig werden, unvorsichtig. Nicht ahnend, mit welcher Gefahr, er sich konfrontiert sah – bis es zu spät war.
Brennender Schmerz jagte urplötzlich durch seinen Oberschenkel; löste einen Laut aus Schmerz und Überraschung aus seiner Kehle, während eine widerwärtige Wärme sich um die Stelle ausbreitete, in die die krude Goblinklinge in sein Bein eingedrungen war – und dort noch immer steckte. Es kam so plötzlich und so unerwartet, dass er den den Verursacher, gackernden Goblin nur schemenhaft wahrnahm, ihn nicht begreifen konnte, während dieser ihm unverhohlen Häme entgegen warf. In seiner Wut und Verwirrung wollte er den Spott des Goblins in dessen Kehle zum Ersticken bringen, ihn für seine Heimtücke bezahlen lassen. Doch noch bevor er dazu kam, legte ein schwarzer Schatten sich über ihn, riss ihn fort und fegte ihn scheinbar mühelos von den Füßen. Als er schmerzvoll an den Boden unter sich erinnert, ihm entgegen geschmettert wurde und sein warmes Blut in den Sand der Arena sickerte, erblickte er das scheußliche Gesicht des Schattens. Messerscharfe Wolfszähne die seine Kehle packen und zerfetzen wollten, und nur im letzten Moment von seinen Händen aufgehalten werden konnten, als sie nach dem Kopf der Kreatur griffen. Ein Kopf, der mit seinem kurzen Kiefer, der wulstigen Schweinsnase und ausgeprägten Stirn eher einem dieser geheimnisvollen Affen aus Chult glich, als einem Wolf. Obschon der sehnige auf vier Läufen stehende Leib und das struppige Fell solches vermuten ließen. Doch dieses Wesen war anders – und vage glaubte er sich zu erinnern; obschon Ursprung dieser Erinnerung nicht sein eigener Kopf war...

[i]...sondern Lueiths. "Barghesten" flüsterte sie tonlos, bleich geworden vor Wut, Übelkeit,
… und Panik. Diese Kreaturen waren Xulzynes zweite, große Demütigung und Demonstration für sie gewesen. Das konnte doch kein Zufall sein.
Das Publikum lärmte, die Zuschauer tobten, sprangen auf, beugten sich weit vor um besser sehen zu können. Filister von Sauvigny beugte sich langsam zu ihr. Ihre Hände krallten sich in die Lehnen.
Er weiß es, dachte Lueith, der alte Mistkerl weiß es...
"Schade, dass du nicht selbst wieder in den Ring gestiegen bist – ich habe diese Wesen eigens für dich ausgewählt, Täubchen. Verspürst du zumindest ein wenig Nostalgie?"
Sie spannte sich an. Ihre Knöchel wurden weiß.[/i]

Die Krallen der Vorderläufe, die seltsamerweise aus Fingern und nicht aus Pfoten entsprangen, schnitten über die nackte ungeschützte Haut auf Brust und Armen. Schlugen Wunden die überdauern würden. Wunden, die wieder diesen unheimliche Sadismus in grellorange glühenden Augen erkennen ließen; nachdem die Frustration darüber umwunden war, den Söldner nicht mit den Fängen gepackt bekommen zu haben. Die Kreatur ließ ihn nicht entkommen. Krallenhände die ihn malträtierten. Ein geiferndes Maul, das jede Schwäche in den Armen mit erneuten Attacken auf seinen Hals beantwortete. Es gab kein Entkommen. Es gab...das Goblinmesser. Dreufang verschwendete keinen Gedanken an die Konsequenzen; keinen Gedanken an den Schmerz, als er die Klinge aus seinem Bein riss und in blinder Wut und Todesangst in den Hals des Mischwesens trieb.
Er vernahm ein Rauschen in seinen Ohren, deutlicher noch als zuvor; bevor er den Schlag gesetzt hatte. Bevor die Kraft des Wesens zu schwinden begann, die reißenden Klauen in ihrem Werk fahriger wurden, ihr Maul nicht mehr nach ihm zu schnappen versuchte – und schließlich der ganze massige Leib der Wolfskreatur in einem erstickenden Winseln zur Seite fiel. Das Fluchen und Jauchzen von den Rängen wirkte dumpf und weit entfernt, während sein Herzschlag in seinen Ohren pochte. Die Arme zu zittern begannen. Das Blut nur so aus der aufgerissenen Wunde an seinem Bein quoll. Die Bilder vor seinen Augen verschwammen; gerade noch konnte er eine weitere dieser wolfsähnlichen Kreaturen erblicken, die wütend die Zähne fletschte, das struppige Rückenfell aufstellte und knurrte: "Vaws! Vaws!" Dann wurde es dunkel.

[i]Sie stand heftig auf, wurde aber von einer stinkenden Pranke sofort zurück in den Stuhl gedrückt. Das Publikum raste.[/i]

Er fand sich inmitten von kreisrunden Wänden aus gehauenem Stein wieder. Es war wie in der Arena, der er entkommen war. Doch hinter den Wänden und darüber waren nicht die Wut und Begeisterung tobende Zuschauerschaft, keine schwarze Decke die vom Schein der Fackeln und Feuerschalen erhellt wurde. Sondern ein wolkenloser, weit offener Himmel; von solcher reiner bläulicher Färbung, dass es beinahe idyllisch wirkte. Und da sah er sie: finstere Mienen, die finsteren Gesellen gehörten. Finstere Gesellen, denen man die Niedertracht ansah, die sie mit Narben und bitter gärenden Gedanken errungen hatten. Der Ritter zwischen ihnen, wirkte wie ein Fremdkörper. Als wolle er mit seiner strahlenden Präsenz, mit dem auf seinem silbernen Brustpanzer brechenden Sonnenlicht konkurrieren. Seine Stimme wirkte wie ein fernes Echo - kaum vernehmbar und schon lang vergessen - als schwarze Bolzen in schwarzen Armbrüsten auf sie gerichtet wurden. Eine Hand berührte ihn an der rechten Schulter, eine große kräftige Hand, die einem feisten hochgewachsenen Bauernsohn gehörte. Er wusste, die Bolzen waren nicht auf ihn gerichtet. Er wusste es, bevor eine krächzende Stimme von links an sein Ohr drang. „Jetzt, Dreufang!“ Er sah vor sich blaue Streifen und weiße Pferde. Symbol der Wehrhaftigkeit gegen das Chaos, gegen das was im Dunkeln lauerte. Er wusste, was man von ihm erwartete. Wohin dieser Weg geführt hatte. Es war zu spät – und etwas zerbrach in ihm.
Er versank in einer Kakofonie aus brechenden Knochen, gellenden Schreien und erstickenden Lauten. Er fiel in die Tiefe und war nicht in der Lage den Sturz auch nur für einen Moment zu bremsen. Er spürte den metallischen Geschmack von Blut auf seiner Zunge, den beißenden Gestank von Schweiß – und Tod. Ekel ergriff ihn und peinigte ihn mit Krämpfen, die es ihm unmöglich machten sich zu bewegen. Er konnte nur noch ertragen und gefangen in einer Ecke seines Geistes abwarten – bis es vorüber war.

[i]"Was für ein schönes, einträgliches Schauspiel" Filister kniff vor Vergnügen die Augen zusammen. "Wirklich gut!"
Die Comtesse lachte in verkatertem, nervösem Tonfall, presste sich an den jungen Vittorio, der nicht reagierte, das Blutbad aber mit weit offenen, glänzenden Augen euphorisiert verfolgt hatte. Der Bestienfänger Saer Zigor Ilvastarr war bleich wie Pergament. Eine Frau im Publikum versuchte, einem Kind die Augen zuzuhalten, das sich loszureißen versuchte. Ein grauhaariger Alter in der ersten Reihe übergab sich heftig und geräuschvoll, den Kopf zwischen die Knie gesenkt.
Es wurde unruhig auf den unteren Tribünen, Rufe.
"Nicht die Leiter nach unten!"
"Niemand geht da rein. Er läuft ja Amok!"
Das Publikum brüllte und pfiff, skandierte Rufe, trampelte im Takt dazu, wollte den Sieger feiern.
Ein kurzes Nicken Hochwürdens und Krack setzte sich in Bewegung.[/i]

Das erste was er sah, war der Fackelschein und das Licht der Feuerschalen, das in den Augen brannte. Dann die eng aneinandergedrängten Zuschauer auf hölzernen Bänken über ihm. Filister auf seiner mit goldbestickten Kissen ausstaffierten Tribüne mit dem schillernd roten Baldachin und neben ihm – Lueith. Er wagte nicht ihren Blick zu lesen. Und mit diesem Gedanken begann das Bild und auch er zu kippen. Den Halt seiner Beine zu verlieren und in den Sand der Arena zu stürzen, umgeben von den beiden toten Barghesten.

Es war vorbei.

[spoiler]Danke Byra, für die Mitwirkung an diesem Text und der Geschichte! :)[/spoiler]
18.01.2021 18:00:27
Aw: [Lueith] Tinu Stacia (#128680)
Lyraee
Es begann zu stinken. Und durch die Menge kam, wie ein Schiff durch sumpfiges Wasser gepflügt, der Oger Krack. Er packte Dreufang, hievte ihn grob auf seine Beine, stützte ihn, schirmte ihn mit seinem Körper ab und führte, vielmehr schleifte ihn stolpernd hinaus. Von begeisterten Zuschauern von allen Seiten umringt, verließ er so die Arena. Jemand klopfte ihm auf die zerkratzte Schulter. Eine junge Frau küsste ihn auf die Wange, eine andere fiel ihm um den Hals. Eine dritte wischte ihm mit einem Stofftüchlein Blut vom Rücken, worauf sie das Tuch sogleich auseinanderfaltete und triumphierend ihren Freundinnen zeigte. Dann beendete Krack die Späßchen mit einem durchdringenden Grollen und augenblicklich wagte es keiner mehr, den siegreichen Gladiatoren anzufassen.

Der herbeigerufene Heiler untersuchte Dreufang, der auf einer Pritsche saß, nähte die Wunden, sprach kleine Gebete.
"Die Gäste waren begeistert. Wellby Brokengulf hat gegröhlt und gestrahlt und der Hurensohn ist schwer zufrieden zu stellen... über alles verzieht er bloß das Gesicht. So trübsinnig wie ein Bordell am Morgen. Aber den Vorsitz der Gilde habe ich nach heute so gut wie in der Tasche... und das ist noch lange nicht das Ende auf dem Weg nach oben, nicht wahr?"
Lueith war sehr bleich - und Filister ausgesprochen gutgelaunt und zufrieden. Als wäre überhaupt nichts geschehen. Die Elfe trat zu Dreufang an die Pritsche, berührte ihn vorsichtig an der Schulter.
"Seid ihr sicher, dass ihr nicht in einem Zehntag noch einmal eine Vorstellung abliefern wollt? Über den Preis lässt sich gewiss verhandeln."
"Nur" schnaubte Dreufang "wenn statt dieser Kreaturen du das nächste Mal in der Arena auf mich warten wirst."
"Guter Scherz, mein verehrter Herr Schmiedebergen. Ihr versteht zu spaßen!"
Lueith funkelte Hochwürden zornig an, zischte. "Das war kein Witz, Filister. Ganz und gar nicht. Und jetzt begleiche deine Schulden. Wir hatten ein Geschäft, richtig? Nach allen Regeln und Sitten. Und jetzt gleichst du es aus. Sonst verlierst du dein Gesicht als ehrbarer Geschäftsmann, auf das du so viel Wert legst."
"Ihr habt Glück, wenn ich euch erlaube das 'Atlas' ungestraft zu verlassen. Denn für gewöhnlich lasse ich Respektlosigkeiten nicht ungestraft, Täubchen. Aber du hast Recht. Ich schulde euch noch etwas... du willst also Xulzyne finden? Das habe ich für dich bereits erledigt..."

[center]* * *[/center]

Dreufang beugte sich über die Abdrücke und Spuren auf der Straße – die aus nicht viel mehr als etwas Sand und Mulch bestand – er betrachtete sie und fluchte vor sich hin. Lueith führte das Pferd ins Gras neben dem Weg und schaute zur Sonne. Verdeckt war sie, doch stand sie schon bald im Zenit. "Osten ist dort. Also müssten wir wohl hier entlangreiten. Uns westlich halten."
"Stimme ich zu."
Lueith seufzte. Sie zog das Pferd am Zügel, schwang sich in den Sattel zurück und ließ es antraben. Nach kurzer Zeit erreichten sie eine Weggabelung. Vier völlig gleich aussehende Wege führten in alle vier ebenfalls gleich aussehende Himmelsrichtungen. Zu allem Übel war nun auch noch Nebel aufgezogen und hüllte alles in milchigen Dunst. Dreufang brummte verdrießlich, stieg ab und beugte sich erneut über die Spuren auf der Straße. Die riesengroße Stadt Tiefwasser lag doch noch nicht weit hinter ihnen. Wie konnten sie in ein derartiges Niemandsland geraten sein?
Es raschelte in den Büschen, die Pferde schnaubten und Lueith zog die Zügel straff, sah sich um.
Aus dem Gebüsch schälte sich, die Hosen hochziehend, ein alter hutzeliger Mann, ein klassischer Vertreter des tiefwasserschen Stadtbildes. Einer jener umherziehenden, bettelnden Alten, die einem ständig über den Weg liefen, vor Toren und Pforten bettelnd, die Almosen in den Klostern erheischten und Essen in den Gasthäusern und bei den Bauern erbaten.
"Gelobt sei'n die Götter!"
"Sicher. Gelobt sei'n sie."
Der Alte sah auch wie ein typischer Bettler aus. Zahlreiche bunte Flicken zierten seinen Bauernkittel, die Strohschuhe und die krumme Gestalt zeugten von vielen gegangenen Wegen . Unter der abgerissenen Kappe schauten eine rote Nase und ein abstoßend ungepflegter Bart hervor. Der hatten wohl noch nie etwas von Genevas Bartöl gehört. Oder Seife. Lueith war sich sicher Flöhe darauf springen zu sehen. Über die Schulter trug der Alte einen verbeulten Beutel und um den Hals, wie eine obskure Kette, ein Töpfchen aus Zinn und ein Kupferkesselchen. "Mögen die Glücksmaid und Shaudankul euch stets begleiten! Lathander und Selûne euch leuchten! Und Akadi euch stets im Rücken wehen! Möge Beshaba ihr böses Auge geschlossen halten und..."
"Euch mögen die Götter ebenso gewogen sein, Alterchen" schnitt Dreufang dem Landstreicher das Wort ab und unterbrach die Litanei mit einer Frage: "Wohin führen diese Wege?"
"Häää?" der Alte legte die Hand ans Ohr. "Was?!"
"WO-HIN führen diese WE-GE?!"
"Aaach die Wege... ach. Wohin! Jaja. Ich weiß das. Da lang geht es nach Amphail. Und da lang nach Rassalantar. Jaja. Der Weg hier führt in das Stumpfmoor. Da geht nicht hin, nein?! Und hier..."
"Spielt keine Rolle. Ich weiß schon, was ich wissen wollte. Mach es gut. Bleib gesund, Alter!"
"Möge euch Lliiras Lächeln..."
"Vermutlich werden sie im Weiler untergekommen sein. Bis nach Amphail ist's ja noch ein guter Tagesritt... das ist zu weit." Der Söldner hatte sich längst wieder an die Mondelfe gewandt, unter der der braune Hengst ungeduldig tänzelte und wohl auf ihre eigene Gemütslage reflektierte. Sie zuckte die Schultern, fluchte und schaute die Wege entlang. Ratlos. "Sie könnten überall sein. Verflucht. Wir hätten uns eine bessere Beschreibung geben lassen sollen."
Das Gehör des Alten hatte sich offenbar wundersam eingestimmt auf die Sprecher und keineswegs hatte er sich angeschickt davon zu schlurfen. Ohne noch einmal nachfragen zu müssen erkundigte er sich mit einem Lächeln, bei dem nurmehr drei Zähne an der Zahl hervorblitzten: "Wen sucht'er denn? Wenn's in Rassalantar sind, dann weiß ich das. Da komm ich nämlich her, Hahja!"
Dreufang wandte sich um, Maß den Bettler mit argwöhnischen Blicken.
"Du bist ja immer noch da. Hrmn. Eine Gur. Eine Gur ohne Sippe. Sowas hast selbst du bestimmt noch nicht gesehen, auf all deinen Reisen, hrn? Sie schlägt mit der Bratpfanne zu, wenn man sich's verdient hat."
"Eine Gur? Rashemi? Kind von Selûne? Vagabundenvolk, das nie ohne Sippe reist!"
Dreufang ließ dem Gedächtnis des Alten mit seinem Schweigen Raum, Lueith verengte die Augen und musterte den Bettler, wie er sie ebenfalls aus kleinen dunklen und glitzernden Augen musterte.
Der Alte wandte sich schließlich mit Schwung Dreufang zu, dass sein Behänge klirrte und rumpelte. Dann streckte er ihm eine schmutzige, hagere Pfote offen entgegen. Der Söldner wühlte in seiner Tasche und überreichte dem Landstreicher ein Goldstück. "Sollte dich jemand nach uns fragen..."
Das zahnlose Lächeln wurde breiter.
"Hab ich euch nicht gesehen, gar nicht. Natürlich. Schon kapiert. Also... die sippenlose Gur mit den glutvollen Augen... jaja, die hab ich getroffen. Hab ich. Tymora sei gedankt! Hat mir geholfen mit nem entzündeten Zeh. Lag ich da am Straßenrand und kam nicht mehr weiter. Hat meine Wunden versorgt und mir zu Essen gegeben. Hab ihr dafür versprochen, nach Tiefwasser zu gehen... und zu schauen... ob ich nicht vielleicht auf zwei Vögel wie euch treffe. Das muss ihr Savras geflüstert haben, dass wir uns begegnen, kein Zweifel. Sagt mir euren Namen, dann sag ich euch ob und wo ihr sie finden könnt."
"Lue. Und Dreufang."
Der alte kicherte in merkwürdigem Tonfall und nickte mehrmals. "Savras hat's ihr geflüstert! Also da am Sumpf von dem ich euch gradewegs weggeschickt habe... pfeilgerade diese Richtung, da am Rande des Sumpfs steht eine verlassene Einsiedlerhütte – mit nem halb eingefallenen Schilfdach. Daaa..." zog er es in die Länge. "...da könnt ihr sie finden."
Erneut reichte ihm Dreufang eine Münze. "Und mit dieser Münze hast du's alles vergessen, klar? Wen du gesehen hast, wo du uns getroffen hast. Und in den Sümpfen bist du nie gewesen."
"Das hab ich kapiert. Danke. Danke sag ich! Mögen euch..."
"Und euch auch!"