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14.04.2016 19:47:49
[Tirian Bo] Die Geschichte von Haus Bo (#106930)
Lazara
Das Leben in Haus Bo

Tirian Bo ist ein sehr junger Waldelf. Er wuchs nicht unter Waldelfen auf, sondern in einem Waisenhaus, eines versteckten Pantheons (Vielgötter-Tempels) tief im Samarlogh oder besser bekannt unter dem Namen Dschungel von Chult, etwa auf halbem Weg zwischen Samargol im Süden und den unwirtlichen Sanrach Bergen im Norden. Bei den Einheimischen ist das Waisenhaus nur unter dem Namen Haus Bo bekannt, weil alle Kinder die dort aufwachsen den Nachnamen Bo erhalten.
Das Waisenhaus war ein lebendiger Ort. Es tummelten sich dort Kinder unterschiedlichster Herkunft: Die meisten waren Menschen, aber es lebten dort auch Elfen so wie Tirian, Zwerge und Gnome. Sogar Orks und Berührte waren hin und wieder anzutreffen und darüber hinaus auch noch Kinder weitaus außergewöhnlicherer Herkunft.

Hin und wieder erhielt das Waisenhaus Zuwachs. Woher die Neuzugänge genau kamen wusste Tirian nicht. Mehrfach beobachtete er wie Fremde an das Tor klopften. Jedesmal übergaben sie ein Paket an den Meister des Tempels und erhielten ein kleines Säckchen gefüllt mit Münzen, oder auch einen Sack Mehl oder andere Nahrungsmittel im Gegenzug. Einmal konnte Tirian einen Blick erhaschen und sah das Köpfchen eines Elfen-Babys ein wenig aus dem Paket ragen. Er fragte sich, ob er wohl auch einst in einem Paket an der Pforte des Tempels abgegeben wurde.

Tirian diskutierte das Thema häufig mit den älteren Schülern, aber keiner von Ihnen, egal ob Mensch, Elf, Zwerg oder Gnom, konnte sich an seine richtige Familie erinnern. Alle mussten als Baby ins Haus Bo gekommen sein, weil sich keiner an ein Leben außerhalb von Haus Bo erinnern konnte. Die Fragen beschäftigten ihn Tag ein Tag aus:

Wo kam er her?

Warum wuchs er nicht bei seiner Familie auf?

Wer waren seine leiblichen Eltern?

Aber er wagte nicht den Meister danach zu fragen. Niemand wagte es den Meister danach zu fragen.

Denn der alte Meister, ein Mensch von ungefähr 70 Jahren mit weißem Haar und langem weißem Bart, den alle wegen seines unaussprechlichen Namens einfach nur Meister Bo nannten, behandelte die Kinder gut und liebevoll, solange sie seine Anweisungen befolgten. Disziplinlosigkeiten während des täglichen Kampf-Trainings wurden dagegen schon bei den Jüngsten hart bestraft, was dazu führte, dass das physische Training, das den größten Teil des Tages in Anspruch nahm, bis auf wenige Ausnahmen sehr fokussiert ablief. Nach dem Training konnten sie die wenige Zeit, die bis zum Abendessen verblieb nutzen, um im Garten zu spielen und ausgelassen zu toben, was bei den Jüngeren oft sehr beliebt war, während die Älteren es vorzogen sich auszuruhen.

Nach dem Abendessen wurden die Jüngeren ins Bett geschickt, während die Älteren vom weisen aber auch strengen Meister Bo bis spät in die Nacht unterrichtet wurden. Sie widmeten sich jetzt den Studien in der Bibliothek, wobei der Meister sehr viel Wert darauf legte, dass jeder nach seiner Herkunft und nach seinen individuellen Stärken gefördert wurde. So lernten sie neben der Handelssprache auch die Sprache Ihrer Vorfahren. Zwerge lernten zwergisch, Gnome gnomisch und Tirian wurde in den Sprachen Elfisch und Sylvanisch unterwiesen.

Den Kindern fehlte es an nichts. Sie hatten immer genug zu essen und sie wurden schon in ihrer frühesten Kindheit im Umgang mit den unterschiedlichsten Kampftechniken vertraut gemacht und an den unterschiedlichsten Waffen ausgebildet.
Wie sich zeigte war Tirian recht stark, überaus geschickt, was für einen Elfen aber nicht weiter verwunderlich ist, und im Vergleich zu seinen Altersgenossen etwas weiser. Was auch immer Weise heißt bei einem jungen Waldelf…

So entschied Meister Bo, Tirian im Umgang mit dem Kama zu unterweisen, einer typischen Mönchswaffe, die üblicherweise als Zwei-Waffen-Kampf-Waffe geführt wird und die Meister Bo selbst auch immer bei sich trug, wobei der Meister auch den Umgang mit vielen weiteren Waffen beherrschte.

Weil man sich aber nur auf den Nahkampf nicht verlassen kann, wie Meister Bo immer zu sagen pflegte, musste jedes Kind im Waisenhaus auch den Umgang mit einer Fernkampfwaffe erlernen. Tirian besaß als Waldelf ein natürliches Talent für den Langbogen, und so wurde er auch mit den Grundzügen des Umgangs mit dem Langbogen vertraut gemacht. Den weitaus größten Teil seines Trainings verbrachte Tirian jedoch in der Perfektionierung des zweihändigen Kampfes mit dem Kama.
Die Jahre vergingen, wobei die Kinder anderer Herkunft deutlich schneller alterten als Tirian. So wurden aus Menschenkindern, die Tirian von frühester Jugend an kannte, junge Erwachsene während Tirian nach elfischen Maßstäben weiterhin ein Kind war.
Einmal im Jahr sobald der Winter verflogen war, war die Zeit des Abschieds gekommen. Aus den Babys von einst waren im Laufe der Jahre gut ausgebildete junge Erwachsene geworden, die im Kampf sowohl Nahkampfwaffen, wie auch Fernkampfwaffen, als auch ihren Verstand einzusetzen wussten.

Noch bevor die Schüler volljährig wurden, wurden sie mit einem großen Fest verabschiedet und Meister Bo begab sich mit Ihnen auf eine lange Reise, von der er jedes Jahr nach ungefähr zwei Monaten alleine wieder zurückkehrte. Kein Schüler, der das Waisenhaus verlassen hatte sobald er an der Schwelle zum Erwachsensein stand, kehrte jemals zurück.

Tirian fragte sich häufig, was wohl aus seinen Freunden von einst geworden sein mag, die das Waisenhaus mit Meister Bo verlassen hatten, aber nie zurückkehrten. Er fragte sich auch, warum Meister Bo immer noch so aussah, wie er ihn seit frühester Jugend in Erinnerung hatte. Meister Bo schien nicht zu altern. Und Tirian hatte noch viele weitere Fragen, auf die er keine Antworten hatte, die er dem Meister aber auch nicht stellen wollte.

Die Reise

Eines Abends, mitten im Winter bat Meister Bo Tirian zu sich. Es muss beinahe 100 Sommer her gewesen sein, dass Tirian in das Waisenhaus kam. So genau konnte er das aber nicht sagen. Meister Bo schien immer noch um kein Jahr gealtert zu sein und sagte: „Tirian, Du bist bereit für den nächsten Schritt deiner Ausbildung. Du bist bereit, die große Reise anzutreten. Sobald der Frühling kommt, werden wir gemeinsam das Waisenhaus verlassen.“

„Der nächste Schritt meiner Ausbildung?“, fragte Tirian erstaunt. Er hatte sein Kampftraining und die Studien in der Bibliothek des Tempels nicht als Ausbildung wahrgenommen, sondern als allgemeine Vorbereitung auf das Leben, sobald er das Waisenhaus verlassen würde. „Ja“, antwortete Meiser Bo „Du bist bereit den nächsten Schritt in deiner Ausbildung zu gehen. Ich bringe Dich mit einigen weiteren Schülern, die fast das Erwachsenenalter erreicht haben an einen Ort, an dem Euer Kampftraining und Eure Studien eine neue Ebene erreichen werden, und an dem Ihr noch weitere Dinge lernt, die Eure Ausbildung abschließen werden.“ „Welche Dinge? Welcher Ort? Wohin werden wir reisen und wie?“, jetzt sprudelten die Fragen nur so aus Tirian heraus. Aber er bekam als einzige Antwort ein grummelndes, „Das wirst Du schon früh genug erfahren“, zu hören. „Es ist schon spät“, sagte der Meister und deutete Tirian den Raum zu verlassen und schlafen zu gehen. Tirian trat mit noch mehr unbeantworteten Fragen im Kopf aus der Tür, als er den Raum kurz zuvor betreten hatte und Meister Bo rief ihm nur noch nach: „Triff in den nächsten Wochen deine Reisevorbereitungen und verabschiede Dich von deinen Freunden.“

Schließlich war es soweit. Die Wochen bis zum großen Abschiedsfest vergingen wie im Flug, da noch allerhand Vorbereitungen getroffen werden mussten. Tirian tat, wie ihm von Meister Bo angeraten worden war und verabschiedete sich auch von seinen Freunden. Er wusste nicht, ob er sie je wieder sehen würde.

Noch in derselben Nacht, die Lichter des Festes waren kaum erloschen, versammelte sich eine Gruppe von zehn Schülern um Meister Bo. Tirian war einer von Ihnen und auch die anderen kannte er, auch wenn er nur mit einem von Ihnen tatsächlich befreundet war: Warido Bo, ein Mensch, der vor ungefähr 18 Sommern ebenfalls als Baby in das Waisenhaus gekommen war, und dem eine natürliche Begabung als Hexer in die Wiege gelegt wurde, die im Haus Bo stetig gefördert und ausgebaut wurde.

„Warido“, flüsterte Tirian „weißt Du mittlerweile mehr über die Reise und was uns erwartet?“. „Nein“, flüsterte Warido zurück. Sie hatten sich in den vergangenen Wochen häufig darüber ausgetauscht, nachdem sie von ihrer bevorstehenden Reise erfahren hatte, aber weder Warido, noch Tirian konnten sich einen Reim darauf machen, was sie erwartet. „Sstill“, zischte Meister Bo sie an. Tirian und Warido erschraken, denn so einen Laut hatten sie von Meister Bo in all den Jahren nicht vernommen, auch wenn er in Rage war. Dann setzte er jedoch wieder sein mildes Lächeln auf und sagte: „Habt ihr alle Eure Sachen für die Reise dabei? Es wird ein langer Weg. Gehen wir.“

Und so machte sich die elfköpfige Reisegruppe auf den Weg. Zunächst ging es vom Haus Bo aus in Richtung Süden. Nach einigen Tagen, in denen sie den unwirtlichen Dschungel von Chult durchquert hatten, erreichten sie offeneres Gelände, bis sie schließlich nach Überquerung des Flusses Samar in Samargol ankamen, der Stadt an der Samar Bucht.

Warido und Tirian hatten das Waisenhaus noch nie zuvor verlassen und waren beindruckt, aber auch gleichzeitig etwas verängstigt beim Anblick der vielen Menschen in Samargol. Nachdem die Gruppe im Gasthaus in Samargol übernachtet hatte, bestieg sie am nächsten Morgen ein Schiff. Meister Bo sprach kurz mit dem Kapitän und sie setzten Segel.

Nach etwa einem Tag hatten sie die Samar Bucht hinter sich gelassen und segelten auf das offene Meer hinaus. Warido und Tirian hatten außer der Sonne und den Sternen keine Anhaltspunkte mehr, an denen sie sich orientieren konnten. Der Kapitän wechselte ab und zu die Richtung und an bewölkten Tagen war es ihnen überhaupt nicht mehr möglich sich zu orientieren.

So vergingen die Tage und beide wussten nicht mehr wo sie eigentlich waren. Um sie herum nur die unendliche Weite des Meeres. Sie spekulierten zwar, wohin sie fahren würden, aber keiner der Schüler wusste etwas über das Ziel, oder über die Dauer der Reise.
14.04.2016 20:15:27
Aw: Die Geschichte von Haus Bo (#106932)
Lazara
Traum oder Wirklichkeit?

Sie mussten schon zwei Wochen unterwegs gewesen sein, Tirian wusste selbst das nicht mehr genau, weil sie schon seit einigen Tagen die Sonne nicht mehr gesehen hatten, sondern die Bewölkung von Tag zu Tag zunahm und die Wolken auch immer dunkler und bedrohlicher wurden. Eines Nachts, als Tirian wieder einmal wach lag und nicht einschlafen konnte, fasste er sich ein Herz und ging zu Kabine von Meister Bo, um ihn mit seinen Fragen zu konfrontieren. Er wollte endlich wissen, wohin sie fuhren und was der Meister damit meinte, dass er bereit sei für den nächsten Schritt.

Als er vor der Tür zu Meister Bo’s Kabine stand, hörte er fremdartige Geräusche aus dem Inneren. Normalerweise hätte er angeklopft, aber da die Geräusche so fremdartig und so bedrohlich klangen, entschied er sich die Tür ganz vorsichtig zu öffnen ohne anzuklopfen. Der Meister könnte ja in Gefahr sein und er wollte den Vorteil des Überraschungsmomentes den er hatte nicht verschenken, sollte es zu einem Kampf kommen.

Tirian zückte seine beiden Kamas und öffnete die Tür einen Spalt breit, so leise es ging. Gerade so weit, dass er einen kleinen Teil des Raumes überblicken konnte. Was er sah ließ das Blut in seinen Adern gefrieren. Auch wenn im Haus Bo Kinder aus den unterschiedlichsen Völkern aufwuchsen…so eine Kreatur hatte er zuvor noch nie gesehen. Sie aus wie eine Mischung aus Mensch und Schlange. Der untere Teil des Körpers sah aus wie der Körper einer aufgerichteten Cobra, während der Oberkörper menschliche Züge hatte. Tirian machte auf der Stelle kehrt, und rannte unter Deck zu den anderen Schülern, um Alarm zu schlagen und um sich Unterstützung zu holen. Er wusste, dass er alleine keine Chance gegen dieses...Ding...gehabt hätte.

So leise und schnell wie möglich weckte er die anderen und sagte ihnen, dass sie sich kampfbereit machen sollten. Er berichtete, was er gesehen hatte und da fiel es Tirian wie Schuppen von den Augen. „Das muss ein Yuan-Ti sein“, flüsterte er den Anderen zu. Er hatte während seiner Studien in der Bibliothek des Tempels viel über die Yuan-Ti gelesen, da auch sie früher in Samarach lebten. Aber leibhaftig gesehen hatte er noch keinen Yuan-Ti. Es hieß sie wurden von den Menschen gnadenlos verfolgt und fast ausgerottet.

Nachdem alle geweckt und kampfbereit waren, schlichen sie, so gut es eben ging, zur Kabine von Meister Bo. Die Kämpfer in schwerer Rüstung taten sich naturgemäß schwer damit und schepperten eher Richtung Kabine von Meister Bo, als dass sie schlichen. Dort angekommen rissen sie die Tür auf, um Meister Bo gegen dieses Wesen, das Tirian gesehen hatte zur Seite zu stehen. Aber Ihr Überraschungsangriff kam zu einem abrupten Ende. Als sie sich zu zehnt um die Tür und in die Kabine drängelten sahen sie Meister Bo in seinem Schaukelstuhl sitzen. Er schaute sie fragend an: „Kann ich Euch helfen? Warum seid Ihr bewaffnet und warum platzt ihr mitten in der Nacht einfach in meine Kabine?“
Sie schauten sich zunächst untereinander irritiert an und nach und nach wanderten ihre vorwurfsvollen Blicke gen Tirian. „Also…“ begann Tirian dem Meister zu erläutern, was er gesehen hatte. Als er an der Stelle über den Unterkörper einer Cobra und den Oberkörper eines Menschen angekommen war begann Meister Bo lauthals zu lachen: „Hahahahaha…ein Yuan-Ti? Dass ich nicht lache. Die sind doch schon seit Jahrzehnten verschwunden, wenn nicht sogar ausgestorben. Oder habt ihr schon mal einen gesehen Tirian?“ Er wandte sich in Richtung Tirian und machte eine auffordernde Geste, dass er die Frage doch bitte beantworten möge. Tirian stammelte: „N…Nein. Ich habe noch keinen gesehen. Bis vorhin in Eurer Kabine Meister.“ Er beharrte auf dem, was er gesehen hatte. Er war sich ganz sicher.

„Lass es gut sein Tirian“, flüsterte Warido seinem Freund zu. „Vielleicht hattest Du nur einen Alptraum.“ „Nein, ich hatte keinen Alptraum. Ich weiß genau, was ich gesehen habe.“ Tirian wandte sich auch wieder zu Meister Bo, um auch ihm gegenüber seine Aussage noch einmal zu bekräftigen. Während er auf die Antwort seines Meisters wartete musterte er den alten Mann ganz genau. Oberflächlich betrachtet sah er aus wie immer, aber irgendetwas war anders. Tirian beschlich ein dunkles, ungutes Gefühl und ihm lief ein Schauer über den Rücken. „Sollte der Meister womöglich das Wesen sein, das er gesehen hatte? Meister Bo ein Yuan-Ti Infiltrator? Nein. Das ist unmöglich ich kenne ihn nun schon so lange.“ Noch ehe er seinen Gedankengang beenden konnte zerriss ein unheimlich lautes Tosen die Stille gefolgt von einem lauten Knall und dem Geräusch berstender Schiffsplanken. „Was ist lo…“ schrie Tirian, als er schon unter Wasser gezogen wurde, wo er bald das Bewusstsein verlor.

Die unbekannte Insel

Tirian Bo erwachte an einem weiten Sandstrand. Die Sonne spiegelte sich im ruhigen Wasser der Bucht und außer ihm war weit und breit niemand zu sehen. Kein Schiff, keine Mitglieder der Reisegruppe, nicht einmal Warido oder Meister Bo. Tirian fragte sich wo er war, ob er das alles nur geträumt hatte. Den Abschied von Haus Bo, die Reise durch den Dschungel nach Samargol, die Schiffsreise. Aber als er an die Geschehnisse in Meister Bo’s Kabine zurückdachte lief ihm wieder ein kalter Schauer über den Rücken. Er hatte immer noch das Bild des Schlangenmenschen vor Augen und es erschien ihm absolut real.
„Es muss real gewesen sein“ dachte er bei sich, da er sich sehr schlecht fühlte und ein völlig durchnässtes Mönchsgewand trug, das er im Waisenhaus als Standardkleidung trug. An der rechten Seite auf Höhe seiner Hüfte waren immer noch seine beiden einfachen Kamas befestigt. Aber jetzt hatte Tirian keine Zeit darüber zu sinnieren, denn er hatte wichtigeres zu tun. Er hatte Durst und war hungrig.

Da Tirian nicht wusste wo er war, noch wie lange er bewusstlos gewesen war, machte er sich auf die Suche nach Wasser und nach etwas Essbarem. Zwei Feldhasen, die ihm über den Weg liefen kamen gerade recht zum Abendessen und ganz in der Nähe mündete ein Fluss in die Bucht, der ein Stück Flussaufwärts kein Salzwasser mehr führte und sich somit zum Durstlöschen eignete. „Köstlich“, dachte Tirian bei sich, als er das klare Wasser trank.

Plötzlich schreckte Tirian auf. Eine Gestalt kam den Wasserlauf entlang und Tirian versteckte sich in einem nahen Gebüsch. „Komm raus“, sagte die Gestalt, als sie auf Tirian’s Höhe war und mit ihrem Langbogen auf das Gebüsch zielte. „Ich habe dich aus hundert Metern Entfernung entdeckt. Verstecken ist zwecklos. Dafür sind meine Sinne zu sehr geschärft.“ Tirian trat aus dem Unterholz und erblickte eine Schönheit, wie er sie noch nie zuvor gesehen hatte. „Wer bist Du? Los antworte“, sagte die weibliche Gestalt energisch. „Ich…ich bin Tirian“, sagte er hastig. „Und was machst Du hier? Das ist Elfenland“. „Elfenland?“ fragte Tirian erstaunt. „Ja Elfenland“, die Gestalt musterte ihn von Kopf bis Fuß. „Du bist auch ein Elf! Aber Du siehst gar nicht aus wie ein Elf. Du siehst eher aus wie ein Mensch.“
15.04.2016 20:41:58
Aw: Die Geschichte von Haus Bo (#106944)
Lazara
Eine dunkle Bedrohung

„Wie ein Mensch?!“, rief Tirian erschrocken aus. „Ja wie ein Mensch. Du hast Helle haut wie ein Mensch, und vor allen Dingen kleidest Du dich wie ein Mensch. Warum hast Du dieses durchnässte Mönchsgewand an? So kleidet sich doch kein Elf. Wo kommst Du her? Und was machst Du hier? Los sag schon!“ Die Gestalt drängte Tirian umgehend zu Antworten. „Ich war auf einer Schiffsreise, als unser Schiff kenterte und unterging. Ich wurde unter Wasser gezogen und bin hier…“ Tirian blieben die Worte im Hals stecken, als er mitten im Satz jäh unterbrochen wurde.

Ein dunkles Brummen erklang. Zunächst aus einiger Entfernung, dann noch ein zweites Mal schon viel näher und bedrohlicher. Die Elfin packte Tirian am Arm, zog ihn in das Gebüsch, in dem er sich zunächst selbst versteckt hatte und hielt ihm den Mund zu. „Still! Sei leise“, zischte sie ihn an.

Tirian war wie in Schockstarre. Es wäre also noch nicht einmal nötig gewesen ihm den Mund zuzuhalten. Er hätte vor lauter Schreck sowieso nichts sagen können. „Das ist ein Kriegshorn“, flüsterte die Elfin ihm zu. „Ein Kriegshorn? Wieso? Warum? Wer führt hier Krieg? Es sah doch alles so friedlich aus.“ Tirian schossen tausend Fragen gleichzeitig durch den Kopf, aber er konnte keinen klaren Gedanken fassen und war vor Schreck immer noch unfähig zu sprechen.

Und wieder ertönte das dunkle Horn. Diesmal noch näher und bedrohlicher als beim letzten mal. Da die Beiden aber in einer kleinen Senke in der Nähe des Flussufers im Gebüsch hockten, konnten sie noch nichts erkennen. Die Elfin flüsterte Tirian zu: „Du bleibst hier. Ich gehe nachschauen, was da los ist.“ „Ich komme mit“ sagte Tirian, der seine Sprache langsam wieder fand. „Nein, du bleibst hier“, presste die Elfin entschlossen heraus. „Ich bin geübt mich leise und unerkannt im Unterholz zu bewegen. Und dass Du kein Meister des Versteckens bist haben wir eben erst gesehen.“ Sie setzte dabei ein etwas verächtliches Grinsen auf. „Nein ich komme mit“, flüsterte er energisch und die Elfin noch energischer zurück „Nein Du bleibst wo Du bist! Sollte es zu einem Kampf kommen wärst Du sowieso keine große Hilfe, so wie du ausgerüstet bist. Halb nackt und mit einem stumpfen Trainings-Kama.“

Dieser Argumentation konnte Tirian nichts entgegensetzen. Die Elfin trug eine leichte Waldläufer-Rüstung ein Elfen-Schwert in der Scheide an ihrer linken Hüfte und einen Bogen aus einem Holz, das Tirian nie zuvor gesehen hatte. Ihre Bewegungen waren geschmeidig und elegant wie die einer Raubkatze. Sie schien eine erfahrene Jägerin zu sein, während sich seine Kampferfahrung auf die Trainingskämpfe auf dem Übungsplatz im Waisenhaus beschränkte.

Noch bevor Tirian ihr widerwillig zustimmen konnte, hatte sich die Elfin im Unterholz davongeschlichen. Er war wieder allein und das Horn ertönte ein weiteres Mal.

Angriff auf die Elfenstadt

Tirian harrte im Gebüsch nahe des Wasser aus, wie die Elfin ihm befohlen hatte. Plötzlich hörte er laut trampelnde Schritte. Zunächst aus der Ferne, doch dann kamen sie immer näher. Es hörte sich fast an wie die Schritte der riesigen Raubsaurier, die im Dschungel von Chult nahe des Tempels ihr Unwesen trieben. Dem Trampeln folgte ein Geräusch wie das eines marschierenden Heeres, das abrupt zum Stoppen kam. Es war jetzt totenstill.
Tirian konnte von seiner Position aus immer noch nichts sehen, daher konnte er nur vermuten, was da vor sich ging. Plötzlich zerrissen Schreie die unheimliche Stille. Pfeile zischten durch die Luft und kurze Zeit später klirrten Schwerter. Tirian hielt es nicht mehr an Ort und Stelle. So schlich er sich so leise er konnte durch das Gebüsch, bis er an den Rand der Senke kam, wo er bisher verharrt hatte. Er wurde nicht entdeckt….Aber bei dem Schlachtenlärm hätte selbst ein Zwerg in Plattenrüstung durch das Unterholz scheppern können und wäre nicht entdeckt worden.

Der Waldelf aus Samarach hob seinen Kopf und was er sah ließ ihm das Mark in den Adern gefrieren. Ein Heer von Elfen mit dunkler, fast schwarzer Haut und überwiegend weißen Haaren rückte auf eine Stadt der Elfen vor. Die Stadt wurde wiederum von Schwertkämpfern und Bogenschützen verteidigt. Eine heftige Schlacht war im Gange und forderte ihre Opfer auf beiden Seiten.

Die dunklen Elfen gewannen die Oberhand, weil sie ein Monstrum bei sich hatten, das Tirian so noch nie zuvor gesehen hatte. Es sah aus wie ein überdimensionaler Hund. Er war bestimmt 15 Fuß hoch und sowohl die Pfeile, als auch der Stahl der Elfen-Schwerter schien ihm nichts anhaben zu können. Er pflügte durch die Reihen der Verteidiger und zerfetzte einen nach dem anderen in seinem Maul, das so groß wie ein Tor war.
Ein Verteidiger nach dem Anderen fiel, als plötzlich ein heller, fast lieblicher Klang ertönte. Es schien auch ein Kriegshorn zu sein, allerdings nicht das, das er zuvor gehört hatte. Dann sah Tirian im Rücken der dunklen Elfen ein weiteres Heer von Elfen auftauchen, die die Angreifer zunächst mit einem Pfeilhagel eindeckten und dann in den Nahkampf eintraten. Damit hatten die dunklen Elfen wohl nicht gerechnet, dass sie von hinten angegriffen werden könnten. Ein Rückzug kam in dieser Situation auch nicht in Frage und so kämpften sie bis aufs Blut.

Der Anführer des Elfenheeres schlug sich mit zwei Gefährten bis zu dem Ungetüm durch, das immer noch durch die Reihen der Stadtverteidiger pflügte. Einer seiner Gefährten warf ein Fläschchen mit einer Flüssigkeit nach dem monströsen Hund, der plötzlich laut aufheulte. Der Anführer des Elfenheeres setzte sofort zu einem gezielten Mehrfachschuß an. Drei Pfeile trafen den Hund gleichzeitig im Kopf, er brach lautlos zusammen und schlug mit einem krachenden Geräusch auf dem Boden auf.

Von einem Moment auf den anderen war kein Kampfgeräusch mehr zu hören. Es war totenstill. Die wenigen dunklen Elfen, die den Kampf überlebt hatten begannen um ihr Leben zu rennen. Das Monstrum war besiegt. Damit hatten sie nicht gerechnet.

Als sich die letzten Angreifer auf ein Schiff geflüchtet und außer Sichtweite waren kam Tirian langsam aus seinem Versteck. Soweit er blicken konnte lagen tote und verwundete auf dem Schlachtfeld. Und es herrschte eine Stimmung, die ihm die Luft zum Atmen nahm.

Nicht weit von seinem Versteck entfernt sah er die Elfin in einer großen Blutlache liegen, die ihn zuvor am Fluss entdeckt hatte. Mit der er eben noch gesprochen hatte und auf die er immer noch etwas sauer war, weil sie gesagt hatte, dass er aussähe wie ein Mensch.
Tirian beugte sich zu ihr hinunter, um nach ihr zu sehen. Blut strömte aus ihren klaffenden Wunden. „Warte, ich helfe Dir“ rief er verzweifelt. Aber als er versuchte sie umzudrehen sah er, dass ihr Kopf fast abgetrennt war.

Tränen schossen in seine Augen und er hatte einen Kloß im Hals.

Sie war tot.
17.04.2016 20:54:01
Aw: Die Geschichte von Haus Bo (#107005)
Lazara
Ein freundliches Gesicht

Tirian stand vollkommen verloren und verzweifelt neben dem toten Körper. Sein Kopf war leer und er konnte keinen klaren Gedanken fassen...Er konnte gar keinen Gedanken fassen.

Er fühlte nichts außer einer unendlich tiefen Leere. Nie zuvor hatte er den Tod so unmittelbar erfahren wie jetzt gerade in diesem Moment. Er kannte sie kaum, und trotzdem fühlte er mit Ihr, trotzdem trauerte er.

Als er so vor sich hin starrte, packte ihn plötzlich eine kräftige Hand am Arm. „He hörst Du mich nicht? Ich rede mit Dir!“ Tirian fuhr herum. Er blickte in das Gesicht eines männlichen Elfen, den er als den Anführer des Elfenheeres wieder erkannte, der den monströsen Hund besiegt und damit die Schlacht für die Verteidiger entschieden hatte. „Wer bist Du? Ich habe Dich hier noch nie gesehen?“ fragte der Anführer. Und er sagte es mit einer Ungeduld, als hätte er diese Frage mindestens schon dreimal gestellt und als hätte er dreimal keine Antwort von Tirian bekommen.

„Mein Name ist Tirian Bo“, sagte Tirian immer noch mit tränenerstickter Stimme. Er konnte seinen Blick immer noch nicht von der toten Elfin lösen. Der Anführer musterte Tirian von oben bis unten und stellte sich dann ebenfalls vor: „ Mein Name ist Caladuris und wir sind die Termar Tiris.“ Tirian war irritiert. „Termar Tiris?“, wiederholte er wie in Trance. „Ja die Termar Tiris. Wir sind Wächter.“ Caladuris erläuterte kurz, was die Termar Tiris waren. Tirian hörte zwar die Worte, aber schon nach Sekunden konnte er nicht mehr folgen. Der Anblick der Toten fesselte ihn noch zu sehr.

Nachdem Caladuris seine Ausführungen beendet hatte, packte er den immer noch abwesend wirkenden Waldelf wieder am Arm. „Was verschlägt Dich nach Elboria junger Elf? Du bist doch ein Elf oder? Auch wenn Du aussiehst wie ein Mensch.“

Tirian erlangte augenblicklich seine Fassung zurück. „Verdammt“, dachte er bei sich. „Schon der zweite Elf, der ihm sagte, dass er aussehen würde wie ein Mensch. Das ist ja ungeheuerlich.“ Tirian’s Blick verfinsterte sich und er begann die Fragen von Caladuris etwas trotzig zu beantworten: „Ja ich bin ein Elf. Ein Waldelf genaugenommen. Ich wuchs in einem Waisenhaus auf, war auf einer großen Reise mit neun weiteren Gefährten aus dem Waisenhaus und unserem Meister. Meister Bo. Das letzte woran ich mich erinnern kann bevor ich am Strand ganz hier in der Nähe erwachte war, dass plötzlich ein lauter Knall die nächtliche Stille zerriss und ich im nächsten Moment unter Wasser gezogen wurde. Weil ich durstig war trank ich am Fluss, als ich ein Geräusch hörte und mich im Gebüsch verste…“

„Langsam, langsam“, sagte Caladuris bedacht, der dem Redeschwall zunächst aufmerksam zugehört, bei all den Informationen innerhalb kürzester Zeit aber auch bald den Faden verloren hatte. „Komm mit uns nach Elboria. Dort werden die Priester und Druiden die Verwundeten versorgen und die anderen können sich von der Schlacht erholen.“ „Du musst auch erschöpft sein“, sagte Caladuris verständnisvoll. „Wir finden einen Platz für Dich im Gasthaus, wo Du dich stärken und übernachten kannst.“ Er deutete in Richtung der Elfenstadt und machte eine Handbewegung, dass Tirian ihm folgen möge. „Du hast sicher viele Fragen“, führte Caladuris aus, „und auch wir haben sehr viele Fragen. Aber dafür ist jetzt nicht die Zeit.“

Tirian folgte den Elfen nach Elboria und wurde dort ins Gasthaus geführt, wo er sich stärken konnte. Nachdem er sich satt gegessen hatte, erhielt er ein Zimmer, legte sich auf das Bett und versank in einen tiefen festen Schlaf.
22.04.2016 12:28:24
Aw: [Tirian Bo] Die Geschichte von Haus Bo (#107211)
Lazara
Die zweite Reise des Tirian Bo

Tirian wurde von einem lauten Krachen aus dem Schlaf gerissen, das klang wie das Bersten von Schiffsplanken. Noch ehe er etwas sagen konnte, wurde er auch schon unter Wasser gezogen und er verlor das Bewusstsein.

Als er die Augen aufschlug erwachte er an einem weiten Sandstrand. Die Sonne spiegelte sich im ruhigen Wasser der Bucht und außer ihm war weit und breit niemand zu sehen. Kein Schiff, keine Mitglieder der Reisegruppe, nicht einmal Warido oder Meister Bo. Tirian fragte sich wo er war, ob er das alles nur geträumt hatte. Den Abschied von Haus Bo, die Reise durch den Dschungel nach Samargol, die Schiffsreise.

Noch ehe er wieder vollkommen bei sich war spürte er eine Klinge an seinem Hals. Tirian erschreckte, wagte aber nicht sich zu bewegen. Eine dunkle Stimme erteilte einen Befehl in einer Sprache, die er nicht verstand. Die Stimme erteilte den Befehl ein zweites Mal. Diesmal energischer gefolgt von einem Fußtritt in Tirians Seite. Er stöhnte kurz auf und drehte sich um und stand langsam auf, da er hoffte, dass ihm die Stimme den Befehl erteilt hatte aufzustehen.

Als sich Tirian aufgerappelt hatte, erblickte er eine Gruppe von Elfen mit dunkler, fast schwarzer Haut und weißen Haaren, die ihre Waffen gezückt im Halbkreis um ihn herum standen. Einer von Ihnen hielt ihm immer noch seine Klinge an den Hals. Solche Wesen hatte Tirian zuvor noch nie gesehen.

Die dunklen Elfen fesselten seine Hände und zerrten ihn an einem Seil über den Strand. Er konnte kaum Schritt halten und stürzte einige Male, woraufhin er mit Tritten wieder zum Aufstehen bewegt wurde.

Nicht weit von der Stelle am Strand, wo sie ihn gefangen genommen hatten, lagerte eine kleine Flotte von Schiffen. Tirian beobachtete, wie ein Heer von dunklen Elfen die Schiffe verließ. Etwas weiter vom Strand entfernt sah er einige der dunklen Elfen in einem Kreis stehen und es sah aus, als ob sie ein Beschwörungsritual durchführen würden.

Blitze zuckten durch die Luft und plötzlich erhob sich ein riesiges Wesen, das wie aus dem Nichts gekommen war. Es musste um die 15 Fuß hoch gewesen sein und sah aus wie ein monströser Hund mit einem riesigen Maul, das so groß wie ein Tor war.

Als die Beschwörung abgeschlossen war, setzte sich der Hund in Bewegung in Richtung Landesinneres und das Heer von dunklen Elfen folgte ihm. Ein Kriegshorn ertönte mehrfach, bis sowohl der Hund, als auch das Heer außer Sichtweite waren.

Tirian wurde auf eines der Schiffe geführt und auf Deck angekettet, so dass er nicht fliehen konnte. In den folgenden Stunden passierte nichts. Tirian fragte sich, wo er war und wie er nur in diese Situation gekommen war. Aber er konnte keine Erklärung finden. Und fragen konnte er die Wesen, die ihn gefangen genommen hatten auch nicht, da er noch nicht einmal ihre Sprache verstand.

Die Gefangene

Nach einige Stunden kam ein kleiner Trupp der dunklen Elfen zurück. Sie hatten wohl einen weiteren Gefangenen bei sich.

Als sie näher kamen sah Tirian, dass der Gefangene eine weibliche Elfin war. Noch nie zuvor hatte er so ein schönes Wesen gesehen. Die Elfin war verletzt und Blut tropfte an einer Stelle aus ihrer aufgeschlitzten Waldläuferrüstung. Die Schwertscheide an ihrer linken Hüfte war leer und der Anführer des Trupps, der die Elfin gefangen genommen hatte, trug ein Elfenschwert und einen Bogen aus einem Holz, das Tirian nie zuvor gesehen hatte bei sich. „Das müssen die Waffen sein, die sie der Elfin abgenommen haben“, dachte er bei sich.

Der Trupp von dunklen Elfen führte die Elfin auf das gleiche Schiff, auf dem auch Tirian war und sie wurde ganz in seiner Nähe angekettet. Sie stöhnte vor Schmerzen, und das Blut tropfte unaufhörlich aus ihrer Rüstung. „Geht es Dir gut?“, flüsterte Tirian ihr zu. Sie schaute ihn grimmig und mit schmerzverzerrtem Gesicht an: „Wie sieht es denn aus?“, sagte sie schnippisch. „Sieht es so aus, als ob es mir gut gehen würde?“ Die Worte schienen sie sehr anzustrengen. „Es geht schon“, seufzte sie schließlich.“

„Es tut mir leid“, sagte Tirian. Er stellte sich zunächst vor und erläuterte dann kurz, was ihm wiederfahren war und dass er noch nicht einmal wusste, wo er sich befand und was da vor sich ging. Die Elfin musterte ihn von Kopf bis Fuß und flüsterte dann wieder mit schmerzverzerrtem Gesicht: „ Wir sind auf einem Schiff der Drow. Sie greifen Elboria die hohe Stadt der Elfen auf Amdir an und haben einen riesigen untoten Hund bei sich. Ich war alleine unterwegs und wurde von einem Trupp der Drow überrascht. Ich habe aber drei von Ihnen getötet, bevor es ihnen gelang mich niederzustrecken und zu entwaffnen.“

Tirian hörte der Elfin konzentriert zu, als plötzlich hektische Betriebsamkeit unter den Drow ausbrach. Einzelne Drow rannten aus dem Landesinneren in Richtung der Schiffe. Als einige die Schiffe erreicht hatten legten sie ab, ohne auf die übrigen Drow zu warten, die noch nicht bei den Schiffen waren.

Kaum auf See kam ein wütender Haufen Drow auf die Elfin und Tirian zu. Tirian blickte die Elfin an und sie erwiderte seinen Blick, während die Drow wild durcheinander schrien. Plötzlich wurde es still und einer der Drow trat auf die Elfin zu. Er zog sein dunkles Schwert aus der Scheide und mit einem mächtigen Hieb trennte er ihr den Kopf ab.

Das Blut spritzte nur so aus ihrem Hals. Tirian war wie in Schockstarre. Er wollte schreien, aber er brachte keinen Ton heraus. Er konnte nicht glauben, was er da gerade gesehen hatte.

Dann trat der Drow auf ihn zu und blickte ihn finster an. Tirian wusste, dass es keinen Ausweg gab. Er wusste, dass er gleich sterben würde. Er hätte vor Angst zittern müssen, aber er fühlte seltsamerweise nichts. „Nun mach schon“, dachte er bei sich, „bringen wir es hinter uns, dann ist es endlich vorbei“, und er blickte dem Drow tief in seine schwarzen Augen.

Der Drow hob sein Schwert und setzte zu einem mächtigen Hieb an. Die scharfe dunkle Klinge schnellte in Richtung Tirians Hals. Aber Tirian kam es vor, als würde die Zeit plötzlich langsamer vergehen. Wie in Zeitlupe sah er die Klinge auf sich zukommen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit spürte Tirian den kalten Stahl der dunklen Klinge an seinem Hals. Er fühlte, wie das Schwert seine Haut durchschlug und immer tiefer eindrang. Als seine Luftröhre durchtrennt wurde versuchte er weiter zu atmen, aber er konnte nicht. Und schließlich spürte er noch das knacken, als das Schwert seine Wirbelsäule durchtrennte.
Plötzlich hörte er ein lautes Schreien. Tirian schreckte hoch und merkte, dass er von seinen eigenen Schreien aufgewacht war. Er war schweißgebadet, sein Herz raste und er wusste im ersten Moment nicht wo er war. Es war stockfinster.
Tirian versuchte sich zu orientieren und ertastete die Umgebung, wo er eine weiche Matratze und ein weiches Kissen spürte. „Es war nur ein böser Traum“, dachte er bei sich. Er schluckte einige Male, atmete dann tief durch und spürte, wie sich sein Herzschlag zusehends beruhigte.

Er stieg aus seinem Bett, nachdem er noch einige Male tief durchgeatmet hatte und trat immer noch schweißgebadet ans Fenster, öffnete den Fensterladen und blickte hinaus.

Der Mond stand hoch über Elboria und in einzelnen Häusern war noch ein schwacher Kerzenschein zu erkennen. Alles war friedlich und ruhig. Fast unwirklich.

Tirian stand noch eine ganze Weile am Fenster, bevor er sich zurück in sein Bett begab und einschlief.