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15.11.2015 14:58:03
Der verlassene Hof (#101049)
Trianion
Die Äste des Waldes, in welchem er sich befand, schlugen Grastan immer wieder gegen sein Gesicht. Knurrend und fluchend bahnte er sich seinen Weg durch das Dickicht. Immer wieder blieb er mit seinem Umhang oder seiner Rüstung an irgendwelchen Ästen oder Dornen hängen. Einzelne Schweißperlen bahnten sich ihren Weg, von Grastans Stirn und Nacken, abwärts. Ihm war heiß, und er war wütend. Seine Kehle war so trocken, dass es unangenehm kratzte, wenn er schluckte, und seine Zunge fühlte sich pelzig an. Wo war er? Und wo war sein Herr. Verdammt, er hätte besser auf Herrn Bairre achten sollen. Schließlich wurde er ja auch dafür bezahlt. Es war töricht selbst voranzugehen, nur so konnte er Bairre aus den Augen verlieren. Dieser Wald, er musste verflucht sein.

Er blickte zum Himmel hinauf, konnte aber durch das dichte Blätterdach des Waldes nichts von diesem ausmachen. Bald würde die Nacht hereinbrechen, und Grastan wollte auf keinen Fall eine Nacht in diesem Gefängnis aus Ästen, Wurzeln und Ranken verbringen. Just in dem Moment, als Grastan sich selbst stumm fragte, warum sie überhaupt in diesen Wald aufgebrochen waren, stolperte er auf eine Lichtung. Eine Lichtung mit einem Hof.

Erleichterung machte sich schlagartig in ihm breit, und er nahm einen tiefen Atemzug der frischen Abendluft. Er könnte nicht sagen, wie lange er so verweilte, als er ein paar Schritte hinter sich ein Rascheln der Zweige und das trockene Knacken brechender Äste aus dem Wald vernahm. Als er sich umdrehte, sah er schon wie sich Bairre von Eschenau seinen Weg aus dem Dickicht kämpfte. Eine weitere Welle der Erleichterung breitete sich in Grastan aus. Bairre war wohlauf, und auch wenn sich kleine Äste in Bairres Rüstung verfangen hatten, so wahrte dieser noch immer seinen erhabenen Eindruck, fast so als ob er den Wald befehlen wolle, sich ihm zu unterwerfen.

Die beiden begrüßten sich, sichtlich erleichtert einen Weg aus dieser grünen Hölle gefunden zu haben, und machten sich schließlich auf, in Richtung des Hofes. Dieser schien bewohnt zu sein, nur etwas stimmte nicht. Es war niemand zu sehen und nichts zu hören. Danach machten sie eine makabre Entdeckung. Totes Vieh lag überall herum, mit weit aufgerissenen Augen, welche fast aus ihren Augenhöhlen traten. Jedoch wiesen die Kadaver keine Wunden oder Verletzungen auf. Langsam bekam Grastan ein flaues Gefühl in seiner Magengegend, jedoch darauf bedacht, sich nichts anmerken zu lassen. Das war kein guter Ort zum rasten hier. Hier war wohl etwas passiert. Grastans Nackenhaare stellten sich auf, und zeitgleich hatte er das Gefühl beobachtet zu werden.

Misstrauisch drehten die beiden eine Runde am Rand des Hofes entlang, als Grastan etwas zu hören meinte. Ihm war als ob er Stimmen hörte. Sehr viele Stimmen, welche alle durcheinander etwas zu sagen schienen, doch die Stimmen waren so leise, als würden sie aus großer Entfernung kommen. Auch die Richtung, aus der sie kamen, konnte Grastan nicht deuten. Es war fast so, als ob sie aus jeder Richtung kommen würden. Er verstand kein Wort von dem was sie sagten.

Grastan schluckte, und wünschte sich im selben Moment, etwas Wein dabei zu haben. Fast im selben Moment machte Bairre ihm leise auf etwas aufmerksam. Ein zerbrochener Behälter lag direkt neben einem Schuppen am Hof. Bairre las leise vor: "Experiment Nr. 5". Ratlos blickten sich die beiden kurz an, als wie aus dem Nichts eine junge und zierlich wirkende Frau, ein paar Schritte hinter ihnen stand, und ebenfalls gerade aus dem Wald zu kommen schien.

Er zog reflexartig seine Klinge und musterte die anmutig wirkende Frau. Erst da fielen ihm die spitzen Ohren auf. Eine Elfe also. Diese wirkte verwirrt, wenn nicht sogar verstört. Sie sprach ein paar Worte in einer fremden Sprache und deutete immer wieder mit gestrecktem Arm in verschiedene Richtungen. Bairre und Grastan verstanden kein Wort.

"HEDA! Wer bist du, und was treibst du hier!" grollte Grastan sie an. Doch wieder kamen nur einige unverständlich gehauchte Silben als Antwort zurück. "Sprich in Handelssprache Weib, oder schweig" herrschte Bairre die Elfe gebieterisch an, doch diese schien unbeeindruckt zu sein, wahrscheinlich verstand sie die beiden ebenso wenig. Sie deutete wieder auf den Himmel, und als Bairre und Grastan ebenfalls nach oben blickten, sahen sie die dunklen Wolken. Ein Sturm würde wohl bald aufziehen. Es wäre wohl das Beste sich einen Unterschlupf zu suchen. So einigten sie sich kurzerhand darauf, sich im Haupthaus des Hofes umzusehen um dort gegebenenfalls dem Sturm und Regen zu trotzen.

Bairre befahl der Elfe ihnen zu folgen, und diese schien nach ein paar vorsichtigen Blicken zwischen den beiden Menschen, dem Himmel und dem Wald dieser Anweisung zögerlich nachzukommen. Fast so, als ob sie das geringere Übel wählen würde.
Aus nächster Nähe war der Hof ein trostloser Anblick. Die Fensterläden klapperten im aufkommenden Wind, aber ansonsten herrschte eine nahezu unnatürliche Stille.

Auf dem Weg zur Eingangstür des Hauptgebäudes hielten die drei überrascht inne. Dort, nur einige Meter weiter, stand ein Kind, ein kleiner Junge. Die Haut des Kindes war unnatürlich fahl und mit leeren, ausdruckslosen Blick starrte das Kind das Trio an. Es schweifte mit seinem toten Blicken von der Elfe, über Grastan nur um mit seinen Blick auf Bairre zu verweilen. Dieser trat nun ein paar Schritte vor in Richtung des Kindes, als dieses plötzlich seinen Mund öffnete, und ein Strang aus verwesendem, madigem Fleisch mit vielen Mündern und spitzen Zähnen wie eine Schlange daraus hervorschoss. Blitzartig und mit viel Geschick wich Bairre gerade noch aus. Grastan, der die Gefahr ebenso schnell erkannte, machte einen Satz vorwärts um seinem Herren zur Seite zu stehen. Doch Bairre griff an das Symbol seines Gottes, welches er um seinen Hals trug, und murmelte etwas Unverständliches. Im selben Moment zerfiel das schlangenartige Gebilde und löste sich zu einer Quecksilberartigen Substanz auf, welche kurz darauf im Boden verschwand. Der kleine Junge war ebenso plötzlich verschwunden wie er aufgetaucht war.

Nach dieser Begegnung wollte Grastan unbedingt in das Haus. Vier Wände und ein Dach über den Kopf, eine Tür die man vielleicht verriegeln konnte, das schien nun kein schlechter Gedanke zu sein.

Vorsichtig öffnete er die Tür einen Spalt, welche einen knarrenden Laut von sich gab. Grastan spähte kurz von aus hinein und stieß die Tür anschließend mit dem Fuß vollends auf. Drinnen sah es ruhig und sicher aus, also machten sich die drei auf, in das Innere des Hauses.

Es war eine gewöhnliche Stube, in der es sauber und gemütlich zu sein schien. Nichts deutete darauf hin, dass hier etwas Ungewöhnliches passiert wäre. Noch als die drei sich im Inneren des Gebäudes umblickten, sahen sie durch die Fenster nach draußen, und glaubten ihren Augen kaum. Außerhalb hatten sich plötzlich verschiedenste Gestalten versammelt, welche alle ausdruckslos und mit leeren Augen auf das Haus starrten. Es waren Menschen, Vieh, der Junge und sie alle waren mehrfach zu sehen. Der kleine Junge war gleich einige Male zu sehen. Immer die gleiche Gestalt.

Ruckartig hechtete Grastan zur Tür um diese vollständig zu schließen, und schob schnell den Türriegel vor. Eine wahrscheinlich sinnlose Geste, aber besser als nichts. Bairre hingegen konzentrierte sich, schloss seine Augen, griff wieder an das Symbol seines Gottes, und schien eine Art Schutz oder Segen seines Gottes zu erbitten.
Die Gestalten im Hof verhielten sich still und verharrten dort. Die Elfe blickte noch immer, unverständliche elfische Silben von sich gebend, auf den Hof hinaus, als Bairre Grastan anwies die Tür nicht aus den Augen zu lassen, nur um kurz darauf in einem der Nebenräume zu verschwinden.

Grastan tat wie ihm geheißen, und ein paar Momente später verschwand auch die Elfe im Nebenzimmer, und presste sich an Bairre vorbei der gerade mit ein paar Pergamenten in der Hand zurückkam. Er zeigte sie Grastan, welcher darauf nur Kinderkritzeleien erkannte. Mit dem Geschick eines Kindes gemalt, war darauf eine Familie zu sehen. Mutter, Vater und der kleine Junge. Alle drei schienen auf dem Bild glücklich zu sein. Doch da war noch etwas. Im Hintergrund war eine silberne Gestalt hinter einem Baum auszumachen, welche traurig, oder sogar grimmig die Familie zu beobachten schien.

Noch während die beiden das Bild betrachteten, rief die Elfe etwas Unverständliches, aber dafür sehr eindringlich. Sie hatte eine Blutlache entdeckt, direkt neben einem Waschzuber. Und das Blut schien frisch zu sein.

Bairre sah sich nun im oberen Stockwerk des Gebäudes um, während Grastan und die Elfe weiter den Raum mit der Blutlache untersuchten, als es plötzlich am Fenster zu pochen oder Klopfen schien. Draußen, vor einem der Fenster, stand der kleine, fahle Junge mit den ausdruckslosen und leeren Augen und klopfte immer wieder mit seinem Kopf gegen das Fenster, und blickte dabei von außen herein. „Tock, Tock, Tock“ immer wieder hörte man den Kopf des Kindes langsam gegen das Fenster schlagen. Die Elfe sprach auf das Kind ein, als Bairre mit einem abgegriffenen Büchlein aus dem oberen Stockwerk zurückkam. Die Schrift darin war eher grob gehalten, der Schreiber war wohl kein Geübter. So wie die Einträge aufgebaut waren, handelte es sich wohl um ein Tagebuch.

Blätterte man darin, um zu den Tagen der jüngsten Vergangenheit zu kommen, fand man folgende Einträge:

[b]Erster Eintrag:[/b]
[i]Das Vieh auf den Feldern ist verschwunden, nicht gestohlen, nicht fort gelaufen. Es ist einfach weg, die Zäune waren alle unversehrt, die Gatter geschlossen ich verstehe es nicht.[/i]

[b]Zweiter Eintrag:[/b]
[i]Als ich heute über die Felder ging war es eigenartig still, ich dachte mir erst nichts dabei jedoch bemerkte ich nach eine Weile das es wirklich sehr still war. Ich habe seit Tagen keine Grille oder Fliege mehr gesehen, geschweige denn einen Vogel… was ist hier los ?[/i]

[b]Dritter Eintrag:[/b]
[i]Ich habe in der Nacht schon wieder eigenartige Geräusche gehört, ich bin aufgestanden und habe im Haus gesucht. Mein Junge hat sein Bettchen verlassen und ist in die Küche. Als ich dir Türe öffnete saß er alleine vor einer Kerze und redete mit der Luft. Er sagte er hätte mit seinem neuen Freund geredet, Er konnte mir nicht mehr sagen.[/i]

[b]Vierter Eintrag:[/b]
[i]Scheinbar haben die Vorfälle meine Arbeiter verschreckt, keiner außer meiner Familie war heute Morgen mehr da, Kein Brief, keine Erklärung nicht einmal ihre Habe haben sie mitgenommen, Hals über Kopf verschwunden, ohne Spuren… genau wie das Vieh auf der Weide.[/i]

[b]Fünfter Eintrag:[/b]
[i]Ich habe etwas gesehen. Heute Nacht auf dem Feld, oder ich habe geträumt.
Es kann eigentlich nicht sein: ein Wesen halb Pferd, halb Ziege halb Mensch. Auf allen vier Hufen stand es da und schrie in die Nacht… ich dachte ich hätte geträumt doch mein Bett war am Fußende voller Lehm aus dem Feld… ich war heute Nacht auf dem Feld, Es kann kein Traum gewesen sein.[/i]

[b]Sechster Eintrag:[/b]
[i]Die Stille macht mich wahnsinnig, neuerdings singe ich bei der Arbeit um nicht wahnsinnig zu werden, Kein Leben regt sich hier mehr außer meiner Frau und meinem Jungen, Ich muss um Hilfe in Mirhaven bitten, Beim Tempel oder der Wache…. Etwas ist hier.[/i]

[b]Siebter Eintrag:[/b]
[i]Meine Frau und mein Junge sind weg. Ich habe gehört wie mein Junge meine Frau hinaus in die Wälder rief und meine Frau folgte ihm. Dann schrie sie hell auf… ich gehe sie suchen…[/i]

Gerade als die drei die letzten Absätze des Tagebuches lasen, bemerkten sie hinter sich auf der Treppe plötzlich eine Gestalt. Es war der Junge! Das seltsame war jedoch, dass das rhythmische Klopfen am Fenster nicht verstummte. Gehetzt blickte Grastan aus dem Fenster, wo er das gleiche unheimliche Kind noch immer stehen sah, wie es mit seinem Kopf gegen das Fenster schlug.

In diesem Moment begann der Junge auf der Treppe zu sprechen. Mit ausdruckslosen Augen, und einem Mund der sich nicht zu bewegen schien:„Ich bin alles und jeder, ich werde euch zu mir nehmen, ihr werdet in mir aufgehen. Ich werde alles wissen, was ihr wisst. Ich bin ein Gott“

Bairre murmelte etwas von Frevel, und wie es dieses Untier es wagen konnte, ihm zu drohen. Die zierliche Elfe entgegen begann auf das ‚Kind‘ auf der Treppe auf elfisch einzureden. Doch das Ding schien bei ihren melodiösen Silben wütend zu werden. Es kreischte etwas davon, dass es nichts verstand von dem was die Elfe da von sich gab, und dass es sie töten würde, um zu verstehen.

Fast noch im selben Moment wurde das Trio von überraschend auftauchenden, ghoulartigen Wesen attackiert, welche jedoch mit einigen zielgerichteten Hieben abgewehrt werden konnten. Sie zerfielen ebenso zu diesem silberfarbenen Schleim, wie vorher schon diese ‚Schlange‘. Nur diesmal versickerte die gallertartige Flüssigkeit nicht im Boden, sondern schob sich Richtung Tür nach draußen davon.

Aus dem inneren des Hauses konnte man nun beobachten, wie sich vor dem Gebäude die silberartige Substanz zu vereinigen schien und stetig wuchs und größer wurde.
Als die drei sich ratlos anblickten, ergriff Bairre erneut das Symbol seiner Gottheit und rief um Beistand. Dieses schien immer heißer zu werden, bis es schlussendlich aufglühte. War das etwa ein Zeichen? Bairre wusste dieses zu deuten: „Wir brennen das Haus hier nieder, mit allem was sich darin befindet!“. Bei diesen Worten kramte die Elfe eine Fackel aus einer ihrer Taschen, und zündete diese geschickt an.

Nun ging noch ein lautes Knarren und Ächzen durch das Gebälk des Hauses. Es schien zu zittern, wie bei einem Erdbeben. Holzsplitter der brechenden Balken, welche geschossartig auf die drei niedergingen, ließen sie schnell ins Freie flüchten. Noch beim Verlassen des einstürzenden Hauses entfachte die Elfe mit ein paar gezielten Bewegungen Feuer in diesem. Vorhänge, Tischdecke, Bett, alles fing sofort Feuer und brannte lichterloh.

Nun standen sie wieder im Hof. Ein paar Schritte hinter ihnen, der brennende Schutthaufen wo kurz davor noch das Haus stand, und vor ihnen türmte sich die Gallertartige Substanz zu einer Riesenartigen Gestalt auf.

Lange hatte das Trio nicht Zeit um zu überlegen, was wohl jetzt die beste Option wäre, als das riesige Monstrum schon auf sie losstapfte und sie grollend angriff. Da ihre Waffen dem riesigen Gegner nichts anzuhaben schienen, versuchten sie den stetigen Angriffen des Monsters zu entgehen und weichten zurück.
Bairre schickte ein Stoßgebet zu seinem Gott und kurz darauf entflammte seine Waffe. Angetrieben von diesem Zeichen, stürmte er auf das Vieh zu. Und diesmal schienen seine Hiebe sichtbare Spuren an dem riesigen Gegner zu hinterlassen. Es begann teilweise zu brennen, wie als wäre es mit Öl überzogen.

Grastan blickte sich noch ratlos um, als er sah wie die Elfe stumm auf das brennende Haus, und dann wieder auf ihren Gegner zeigte. Grastan begriff. Schnell zog er einen brennenden Scheit aus dem Trümmerhaufen und warf ihn mit aller Kraft gegen das Monster, welcher in dessen Torso steckenblieb. Kurz darauf stand das Untier voll in Flammen. Es rekelte sich, seine Bewegungen schienen nur noch hektisch und unkoordiniert zu sein, es gab seltsam kreischende und ächzende Geräusche von sich.
Ein paar Augenblicke später war der Spuk vorüber, und von dem gallertartigen Monster war nichts mehr übrig.

Nachdem Bairre, die Elfe und Grastan sich etwas erholt hatten, machten sie sich auf, um einen Weg zu finden und diesem verfluchten Ort zu entkommen. Nach einigen Stunden anstrengenden Fußmarsches kamen zu einer abgelegen Siedlung an der Küste. Glücklicherweise konnten sie sich eine Überfahrt auf der silbernen Perle ergattern. Grastan stand an der Reling, befeuchtete seine trockenen und spröden Lippen mit seiner Zunge, und freute sich auf einen großen Krug Wein…